Der international führende Technologiekonzern 3M EMEA kommt nach Burgdorf
03.12.2012 Aktuell, Wirtschaft, BurgdorfAls vor rund zwei Jahren bekannt geworden ist, dass das Basler Chemie-Unternehmen Roche seine Zelte in Burgdorf abbricht und teilweise nach Mannheim (Deutschland) auslagert, hat man sich wegen der rund 310 verloren gehenden Arbeitsplätze grosse Sorgen gemacht. Jetzt kündet der Technologiekonzern 3M sein Kommen an. Im neuen Center of Excellence werden 250 Arbeitsplätze entstehen.
Kanton Bern ist attraktiv
Wie der Berner Volkswirtschaftsdirektor und Regierungspräsident Andreas Rickenbacher erklärt, «ist der Kanton Bern ein sehr attraktiver Wirtschafts- und Lebensstandort.» Daher werde 3M EMEA ein Center of Excellence für Manufacturing and Supply Chain Management in Burgdorf eröffnen, wo 250 Personen Arbeit finden. Laut Rickenbacher «hat die Mehrsprachigkeit des Kantons Bern sowie ein gutes Angebot an Schulen den Ausschlag für den Standortwechsel dieses weltweit führenden Technologiekonzerns gegeben.» Er zeigt sich sehr erfreut über die Standortwahl, da diese auf Grund der internationalen Medieninformationen von 3M ein klares Zeichen für einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Kanton Bern bedeutet.
Rickenbacher kann Anfang November 2012 eine Delegation der obersten Unternehmensleitung von 3M in Bern begrüssen; knapp einen Monat später wird der neue Center-Standort kommuniziert. «Vertraglich ist vereinbart, dass das neue 3M-Center auch nach einem möglichen Wegzug aus Burgdorf in einigen Jahren den Kanton Bern nicht verlassen wird», sagt Rickenbacher. Entscheidend für die oberste Führungsetage von 3M sei neben der Mehrsprachigkeit das grosse Angebot an öffentlichen und privaten Schulen, in denen in verschiedenen Sprachen unterrichtet wird, gewesen. Weitere wichtige Faktoren sind die politische und wirtschaftliche Stabilität und der hohe Lebensstandard.
Know-how bündeln
Andrea Camenzind, Mitglied der 3M-Geschäftsleitung Schweiz, betont, dass der Standortentscheid Schweiz bzw. Burgdorf in der obersten Führungsetage in Amerika gefällt worden ist. In dem neu zu schaffenden globalen Center of Excellence in Burgdorf beabsichtigt der Technologiekonzern, das «Know-how» des bisher in den jeweiligen Ländern angesiedelten Spezialwissens resp. die dortigen Vertreter in Burgdorf zu bündeln und innovative Geschäftsprozesse für die EMEA Region aufzustellen. Diese umfasst Europa, den Mittleren Osten und Afrika, wobei in Afrika keine Standorte für Planungen existieren.
«Wir erwarten, dass ein Grossteil unserer gut ausgebildeten Spezialisten in den europäischen und anderen Ländern das wirklich attraktive Angebot, in die Schweiz umzusiedeln, annehmen wird. Der Vorschlag ist von unseren 3M-Mitarbeitern sehr gut aufgenommen worden.» Camenzind betont, dass das neue Planungs-Center vor allem dank dem grossen Know-how der bisherigen Mitarbeiter funktioniert. Die 3M-Spezialisten befassen sich mit Logistik, Produktion und Einkauf, was heute dezentralisiert in den jeweiligen Ländern stattfindet. «Die Idee ist, nach einem Zusammenzug aller Ländervertreter in Burgdorf eine enorme Menge Synergien zu nutzen, da alle Entscheidungsträger am gleichen Firmensitz tätig sind.» 3M beschäftigt in 65 Ländern 84 000 Mitarbeiter und realisiert einen globalen Umsatz von 30 Milliarden US-Dollar. Hierzulande sind die Produkte Scotch und Post-it bestens bekannt.
Roche-Leute nicht in Diskussion
Laut Andrea Camenzind «stehen derzeit Mitarbeiter von Roche nicht zur Diskussion. Wir benötigen keine Mitarbeiter aus einer Fertigungsabteilung oder Montage.» Da im neuen Center nichts produziert wird, sind Fachkräfte im administrativen Bereich gefragt oder im Management für Logistik, Einkauf und Planung von Warenflüssen usw. sowie mit verschiedenen Sprachen.
3M verfügt über 35 Produktionsstandorte weltweit, aber in Burgdorf wird nur Planung und Management angesiedelt.
Weiter kann sie «nicht bestätigen, dass das Roche-Gebäude an der Kirchbergstrasse als Firmensitz vorgesehen ist. Sobald ein entsprechender Entscheid gefällt ist, werde 3M das kommunizieren. Nur der Standort Burgdorf sei für die nächsten Jahre definitiv.»
Camenzind hält fest, dass sich «3M über die positive Medienpräsenz der letzten Tage freut, da der Technologiekonzern 3M bisher in Schweiz nicht gross wahrgenommen worden ist. Wir sind extrem überrumpelt worden von den Medienanfragen.» Auf Anfrage bestätigt sie den Eintrag im Handelsregister per 29. Oktober 2012 mit Rechtssitz der Firma in Langenthal per Adresse eines dortigen Fürsprechers / Notars. Ob der definitive 3M-Standort später einmal Langenthal sein wird, kann sie zur Zeit nicht beantworten.
Mietvertrag unterschrieben
Burgdorfs Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch «ist sehr erfreut, dass eine so gute, international renommierte Firma wie 3M EMEA ab April 2013 ins leer stehende Roche-Gebäude an der Kirchbergstrasse einziehen und 250 neue Arbeitsstellen schaffen wird.» Während Andrea Camenzind noch keine offizielle Mitteilung von der amerikanischen Firmenleitung über den definitiven Standort erhalten hat, weiss Zäch Näheres über den bereits unterschriebenen Mietvertrag für die Roche-Liegenschaft. Diese und das ca. 9200 m2 grosse zweite Roche-Areal in der Buchmatt wurden vom Basler Chemie-Konzern laut Auskunft eines Mitarbeiters am 1. Juli 2012 an den Immobilien-Fonds Procimmo SA in Mont-sur-Lausanne verkauft, der die Immobilien als Kapitalanlage zu behalten gedenkt. Die Procimmo SA hat laut Zäch «nach längeren Kontakten mit der Stadt, die an einem ins Burgdorfer Wirtschaftsbild passenden Roche-Nachmieter Interesse hat, dem Technologieunternehmen 3M die Liegenschaft an der Kirchbergstrasse vermietet.» Ein Kauf stand nicht zur Debatte.
«Auch wenn 3M nur einige Jahre ihren Sitz in Burgdorf behält, bedeutet das eine Aufwertung als Wirtschaftsstandort. 3M wird hier sehr gut ausgebildete Mitarbeiter beschäftigen, die wahrscheinlich zu einem grösseren Anteil hier Wohnsitz nehmen und Steuern bezahlen werden», erläutert Elisabeth Zäch und weist auf die rege Bautätigkeit der letzten Zeit in Burgdorf und das entsprechend grosse Angebot an komfortablen Wohnungen hin. Auch sie ist überzeugt, dass neben den umzugswilligen 3M-Mitarbeitern eine ganze Anzahl hiesige, entsprechend ausgebildete Fachkräfte Arbeitsstellen finden werden.
Langenthals Stadtpräsident Thomas Rufener bestätigt, dass seit Monaten Gespräche zwischen der Stadtverwaltung und der 3M-Chefetage stattfinden. Genaueres kann er derzeit nicht bekanntgeben, doch deuten alle Recherchen dieser Zeitung auf einen späteren Umzug nach Langenthal hin.
Gerti Binz