Standortbestimmung und Ausblick
03.04.2013 Aktuell, Rüdtligen-Alchenflüh, Wirtschaft
Rund 140 Mitglieder des Handels- und Industrievereins Burgdorf-Emmental und des Wirtschaftsverbands Oberaargau treffen sich auf dem Firmengelände der Terralog AG in Rüdtligen-Alchenflüh, wo WVO-Präsident Bernhard Meyer nach den turbulenten Ereignissen der letzten Wochen die Gelegenheit für eine Standortbestimmung nutzt.
Unglücklich kommuniziert
Meyer kommt sofort auf den Punkt: «Alle Anwesenden sind economiesuisse-Mitglieder; unser Verband hat zur Zeit medial ziemlich Gegenwind, hat er doch für einmal unglücklich kommuniziert» und werde sogar als Abzocker-Unterstützer bezeichnet. Die Nein-Kampagne gegen die Initiative sei falsch verstanden worden, aber «für den Inhalt einer Botschaft ist der Absender verantwortlich». Folglich müsse man sich selber an der Nase nehmen. Meyer rät, künftig enger zusammenzurücken und vorwärts zu blicken.
Er bedauert den Austritt von Nik Hayek und der Swatch-Group bei economiesuisse und hofft, der Vorgenannte komme auf seinen Entscheid zurück.
Wutbürger
«Abzocker haben Wutbürger geschaffen», fährt Meyer fort, und diese würden «von der politischen Linken mit dem Ziel instrumentalisiert, den Schweizer Arbeitsmarkt nach sozialistischem Vorbild zu regulieren». Er kommt auf die Mindestlohn-Initiative (1:12, höchstens einen zwölffach höheren Lohn für den Chef als der tiefste Lohn im Betrieb) und deren Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft zu sprechen. Bei praktisch allen KMU-Chefs seien Lohnexzesse kein Thema, hier handle es sich um Firmeninhaber von grosser politischer Glaubwürdigkeit. Trotzdem ist ein Grossteil dieser KMUs in irgendeiner Form von den international tätigen Branchenriesen in Chemie, Industrie usw. abhängig, die ihrerseits die Besten der Guten in die Firmenleitungen berufen wollen. «Es könnte für die Schweiz verheerende Auswirkungen haben, wenn wir solche Saläre plafonieren. Dazu kommt: Es geht den Ärmeren nirgends so gut wie in einem reichen Land».
Abschliessend empfiehlt er den Anwesenden, auch nach Rückschlägen für eine bessere Verkehrserschliessung von Emmental und Langetental zu kämpfen.
Knolle mit Potenzial
Nach dem Kurzfilm «Die Terralog AG» bricht die Versammlung in Gruppen zu einer Betriebsbesichtigung auf. Das 2011 in Betrieb genommene, für rund 32 Millionen Franken erbaute topmoderne Leistungszentrum ist aus einem Joint Venture der Gründerfirmen Kartoffelzentrale Amt Burgdorf in Kirchberg und der Geiser Agro.com AG in Langenthal entstanden und beschäftigt rund 40 Personen. Jährlich werden zirka 60 000 Tonnen Kartoffeln verarbeitet, was einen geschätzten Umsatz von 40 Millionen Franken bedeutet. Die Besucher erfahren, dass der regionale Anbau gezielt gefördert wird: «Von der Region für die Region». Für die Firma ist von Vorteil, wenn die Landwirte, ihre Anbaumethoden und ihre Felder bekannt sind, «die gute Zusammenarbeit auf allen Gebieten ist uns ein Anliegen». Zwecks Risikoabsicherung unterhält Terralog auch Geschäftsbeziehungen zu zahlreichen anderen Anbaugebieten in der Schweiz und importiert – um saisonale Engpässe zu vermeiden – in Randzeiten Kartoffeln aus dem Ausland.
Gebürstet, gewaschen, getrocknet
In der Schweiz gelangen rund 30 Kartoffelsorten mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften und Qualitätsmerkmalen in den Verkauf. Gegen 20 davon lagern bei der Terralog und werden dort weiterverarbeitet. Die Firmenleitung hat mit 250 Lieferanten rund 880 Anbauverträge für ganz unterschiedliche Lieferungen abgeschlossen. Derzeit befinden sich zehn Versuchssorten in der Pipeline. Zu den grossen Abnehmern gehören Migros Aare, Schönbühl, Neuenburg und Freiburg, Coop, Denner, Manor-Food und viele mehr.
Beim Rundgang können die Besucher aus nächster Nähe mitverfolgen, was mit den Kartoffeln von der Anlieferung bis zur Abpackung in Migros-Säcke geschieht. Jede Anlieferung wird von einer neutralen Qualitätskontrolle geprüft, dann wird je nach Bedarf eingelagert, weiterbearbeitet, nur gebürstet, andererseits gewaschen und getrocknet, sortiert, aussortiert, abgepackt und für die Auslieferung vorbereitet.
Beim anschliessenden Steh-Apéro ist neben der vielfältigen Verwendungsmöglichkeit der tollen Knolle vor allem die Wirtschaftslage ein Thema.
Gerti Binz