Osteoporose – wenn Knochen brüchig werden

  04.12.2013 Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft

 

Am Donnerstag, 5. Dezember, 19 bis 20 Uhr, findet im Spital Emmental in Burgdorf der letzte Publikumsvortrag dieses Jahres statt. Die Dres. med. Bernard Chappuis und Jakob Seglias werden gemeinsam einen Abend zum Thema «Wenn der Knochen brüchig wird – Diagnose und Therapie der Osteoporose» gestalten.

 

«D’REGION»: Was werden Sie dem Publikum beim Vortrag bieten?

Dr. Chappuis: In der ersten Hälfte des Referats werde ich aufzeigen, was Osteoporose ist, was deren Risiken und Folgen sind – und welche Abklärungen durchgeführt werden. Im zweiten Teil berichtet mein Kollege Dr. Seglias über die Prävention und Therapie von Osteoporose.

 

«D’REGION»: Es gibt eine primäre und eine sekundäre Osteoporose. Wo liegen die Unterschiede?

Dr. Chappuis: Osteoporose ist eine Erkrankung des gesamten Skeletts – charakterisiert durch eine verminderte Knochenmasse und eine gestörte Mikroarchitektur des Knochens. Der Knochen ist «porös» und somit brüchig. In der grossen Mehrzahl der Fälle liegt eine primäre, das heisst altersbedingte respektive postmenopausale Osteoporose vor. Von einem sekundären Knochenschwund spricht man, wenn dieser beispielsweise auf andere Krankheiten oder Medikamente zurückgeführt werden kann.

 

«D’REGION»: Osteoporose verur-sacht keine Schmerzen. Welche Anzeichen lassen auf diese Krankheit schliessen?

Dr. Seglias: Osteoporose verursacht erst Schmerzen, wenn eine Komplikation, eine Fraktur – also ein Knochenbruch – auftritt. Wenn man Frakturen durch eine geeignete Therapie verhindern will, muss man diese im Anfangsstadium der Erkrankung einleiten. Deshalb ist eine frühe Diagnose anzustreben. Zu diesem Zeitpunkt fühlt sich die betroffene Person oft noch vollkommen gesund. Der Arzt kann anhand verschiedener Anzeichen beurteilen, ob jemand gefährdet ist und wie gross das Risiko für einen Knochenbruch ist.

«D’REGION»: Welche Hilfsmittel stehen Ihnen zur Verfügung, um die Diagnose zu stellen?

Dr. Chappuis: Zentral ist die Knochendichtemessung – auch Osteodensitometrie genannt –, mit welcher die Diagnose frühzeitig und noch vor dem Knochenbruch gestellt werden kann. Hier handelt es sich um ein spezielles Röntgenverfahren mit sehr geringer Strahlenbelastung, bei dem die Dichte respektive der Mineralgehalt des Knochens bestimmt wird. In der Regel werden Lendenwirbelsäule und Hüfte untersucht.

 

«D’REGION»: Von Osteoporose sind meist ältere Leute betroffen – in der Schweiz geschätzte 600 000. Weshalb liegt der Anteil der Frauen deutlich höher?

Dr. Seglias: Die Wahrscheinlichkeit für eine 50-jährige Frau, in ihrem restlichen Leben eine osteoporotische Fraktur zu erleiden, liegt bei 50, beim Mann bei 20 Prozent. Die Unterschiede können hauptsächlich durch die kleinere Knochenmasse der Frau und den Östrogenmangel nach der Menopause erklärt werden.

 

«D’REGION»: Welches sind die grössten Risikofaktoren, an Osteoporose zu erkranken?

Dr. Chappuis: Zu den grössten Risiken zählt ein Alter über siebzig, ein bereits erfolgter osteoporotischer Knochenbruch in der Vorgeschichte und Hinweise für Osteoporose bei den Eltern. Auch die Einnahme von Cortisontabletten über eine längere Zeit, Rauchen, übermässiger Alkoholkonsum, ein tiefes Körpergewicht und die Erkrankung an rheumatoider Arthritis erhöhen das Risiko erheblich.

 

«D’REGION»: Osteoporose betrifft das ganze Skelett. Wo treten die meis-ten Knochenbrüche auf?

Dr. Chappuis: Am häufigsten sind Frakturen der Wirbelkörper. Schwerwiegender sind meist Hüft- respektive Schenkelhalsfrakturen. Hier ist eine Spitaleinweisung und Operation meist unerlässlich. Die Folgen sind ernst. Die Mehrzahl der betroffenen – meist älteren – Menschen bleibt behindert und ist auf Hilfe angewiesen. Ge-mäss einer Studie aus den 90er-Jahren versterben im ersten Jahr nach einer Schenkelhalsfraktur bis zu 20 Prozent der Patienten.

 

«D’REGION»: Ist es generell empfehlenswert, die Knochendichte messen zu lassen?

Dr. Seglias: Wichtig ist, an eine Osteo-porose zu denken, wenn bereits eine Fraktur aufgetreten ist oder die bereits erwähnten Risikofaktoren für eine Osteoporose vorliegen. Dann ist es sinnvoll, zusammen mit dem Hausarzt eine Risikobeurteilung vorzunehmen. Der Hausarzt kann aufgrund der Vorgeschichte abschätzen, ob eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Osteoporose besteht und ob es sinnvoll ist, eine Knochendichtemessung durchzuführen.

 

«D’REGION»: Sind Leute, die sich körperlich betätigen und Sport treiben, weniger gefährdet, an Osteoporose zu erkranken?

Dr. Seglias: Der Knochen ist ein lebendes Gewebe, das lebenslang auf- und umgebaut wird und sich so den Belas-tungen des Alltags anpasst. Wo der Knochen belastet ist, wird er verstärkt, bei Nichtgebrauch wird er abgebaut. Es ist deshalb sinnvoll, Sport zu betreiben und so den Knochen zu belasten – am besten durch regelmässige körperliche Aktivitäten gegen die Schwerkraft wie etwa beim Walking/Wandern, durch Gymnastik und beim Tanzen. Ideal ist, wenn neben der Muskulatur auch Koordination und Gleichgewicht trainiert werden.

 

«D’REGION»: Empfehlen Sie als Osteoporose-Prophylaxe auf übermässigen Tabak- und Alkoholkonsum zu verzichten, dafür Broccoli und andere grüne Gemüsearten zu essen – oder gar Kalzium-Tabletten zu schlucken?

Dr. Seglias: Das Rauchen hat negative Auswirkungen auf den Knochen und soll aus medizinischer Sicht eingestellt werden. Übermässig Alkohol schadet, ein Glas Wein bei Gelegenheit nicht. Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle. Im Kindes- und Jugendalter erfolgt das Knochenwachstum. Entscheidend ist, dass in dieser Zeit optimale Bedingungen für die Knochenbildung bestehen. Der Knochen braucht neben Kalzium auch Vitamin D, Eiweiss sowie körperliche Belastung. Auch im Erwachsenenalter und bei Osteoporose ist dies wichtig. Ideal ist die Zufuhr von Kalzium durch die Ernährung. Kalzium findet man besonders in Milchprodukten, in gewissen Gemüsen wie Broccoli und Grünkohl sowie in kalziumreichem Mineralwasser. Die medikamentöse Gabe von Kalzium wird nur nötig, wenn eine ausreichende Zufuhr über die Nahrung nicht möglich ist. Weil in der Schweiz ein Mangel an Vitamin D speziell in der Winterzeit sehr häufig ist, wird bei Osteoporose ausserdem oft Vitamin D in Tropfen- oder Tablettenform verabreicht.

 

«D’REGION»: Welche Angebotspalette hält das Spital Emmental für Osteoporose-Patienten bereit?

Dr. Chappuis: Das Spital Emmental bietet am Standort Burgdorf seit einigen Jahren die für die Diagnose der Osteoporose wichtige Knochendichtemessung – genannt Osteodensitometrie – an. Auf Zuweisung führen wir detaillierte Abklärungen durch und beraten Patientinnen und Patienten sowie deren betreuende Haus-ärztinnen und Hausärzte bezüglich Prävention.

 

Zu den Personen

Dr. med. Bernard Chappuis ist seit 2006 als Leitender Arzt am Spital Emmental tätig – wo er bereits in den Jahren 1998 und 1999 als Assis-tenzarzt wirkte. Er ist Facharzt FMH Innere Medizin und FMH Diabetologie/Endokrinologie. Die weiteren beruflichen Stationen: St. Gallen, Münchenbuchsee, Bern (Inselspital) und England (Cambridge). Er ist in Bern aufgewachsen, wo er auch heute mit seiner Lebenspartnerin und dem dreijährigen gemeinsamen Sohn lebt. Dr. Chappuis ist 42-jährig. Ursprünglich wollte er Schreiner werden. Als aktiver Waldhornbläser liebt er die Musik.

Dr. med. Jakob Seglias ist Facharzt FMH Innere Medizin und FMH Rheumatologie. Er wohnt in Burgdorf, ist verheiratet und hat zwei Söhne im Alter von 19 und 22 Jahren. Seine Hobbys sind Biken, die Opernmusik und Lesen. Das Medizinstudium, das er 1979 mit dem Staatsexamen abschloss, absolvierte er in Basel. Er bildete sich dann zum Facharzt für Innere Medizin und zum Facharzt Rheumatologie weiter. 1992 eröffnete er als Internist und Rheumatologe in Burgdorf eine eigene Praxis. Weiter spezialisierte er sich in osteopathischer Medizin. Am Spital Emmental ist Dr. Seglias Belegarzt und zusammen mit Dr. Chappuis für Osteodensitometrie und Osteoporose zuständig.

Hans Mathys


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote