Verkauf der Musikschule und «Ja» zur Kulturhalle

  26.09.2014 Aktuell, Burgdorf, Politik

In der Kürze liegt die Würze: Vielleicht ist der Abend zu schön zum Diskutieren oder die Ratsmitglieder verzichten aus Überzeugung auf verbale Pirouetten. In 90 Minuten sind elf Traktanden abgearbeitet, nicht wenige mit einem einheitlichen «Ja».

 


«Fünfi» und «Weggli»
Einstimmig «Ja» sagen die 35 anwesenden Stadtratsmitglieder zur Kredit­abrechnung über den Verkauf der Liegenschaft Bernstrasse 2 – Liegenschaft Musikschule – als Abgabe im Baurecht an den Trägerverein Musikschule
Region Burgdorf. Die Ratsmitglieder genehmigen die Einnahmen von 1 232 350 Franken.
Verschiedene Überlegungen führen zur oben angeführten Lösung: Mit der Abgabe der Liegenschaft im Baurecht partizipiert die Stadt langfristig an der Wertsteigerung des Bodens, wie es die Burgergemeinde Burgdorf laut dem Votum von Thomas Grimm (FDP) seit Langem erfolgreich vormacht. «Die Stadt denkt für einmal längerfristig und praktiziert nun, wie man mit Land nachhaltig umgeht. Sie sollte ihr verbliebenes Liegenschafts-Tafelsilber nur noch im Baurecht abgeben.» Der Verkauf wurde per 1. Januar 2012 voll­zogen und der Buchgewinn dem Rechnungsjahr 2011 gutgeschrieben.

 


Nicht für alle eine Pioniertat
Am meisten zu reden geben die vorgeschlagenen Änderungen im Gemeindepolizeireglement (GPR), wobei sich je nach Parteizugehörigkeit unterschiedliche Bedürfnisse beim Reglungsbedarf zeigen. Gemeinderätin Annette Wisler (Ressort Einwohner-/Sicherheitsdirektion) erinnert an die Pionierfunktion der Stadt in verschiedenen Bereichen: «Jetzt können wir mit dem geänderten und vorausschauenden Reglement eine Pioniertat vollbringen.» Gemäss dem vorsorglich von Sandro Righetti (FDP) gestellten Antrag wird über jede beabsichtigte Reglementsänderung separat abgestimmt.
Die Änderungen im Taxiwesen sowie deren Übergangsbestimmungen geben keinen Diskussionsstoff her und werden einstimmig genehmigt. Anders der Lärmschutz, bei dessen Erläuterungen Annette Wisler zwar alltagsübliche Beispiele für unterschiedlich aufzufassenden Lärm anführt (mehrtägiger «Örgeli-Maraton» fürs Guinessbuch oder ruhige Altstadtlage für einen Inves­tor, der den Falken in Eigentumswohnungen umbauen möchte), die aber von der Bevölkerung als erbaulich bis störend empfunden werden können. Immer seien Rücksicht und klare Spielregeln von allen gefordert. Entsprechend sei nötig, die heutigen Regelungen vorausschauend anzupassen und für Kompromisse offen zu sein. Aus dem Rat kommt die Forderung, der Gemeinderat möge bei Bewilligungen den gesunden Menschenverstand walten lassen und nicht alles bis zum letzten Komma reglementieren. Nicht wenige lehnen die vorgeschlagenen Änderungen des Lärmschutzes ab. Entsprechend fallen die neuen Vorschriften betreffend Nacht- und Mittagsruhe sowie Feiertage und die die geänderten Richtlinien betreffend Verstärkeranlagen und ähnliche Geräte mit 22 beziehungsweise 20 Nein zu 8 Ja und 13 Ja bei jeweils einigen Enthaltungen durch.

 


Kosten überwälzen
Zwei Vorfälle in der ersten Jahreshälfte 2014 haben einiges dazu beigetragen, dass in der Verordnung zum Thema «Gebühren und Kostenüberwälzung» einschneidende Änderungen eingeflossen sind. Einerseits geht es um Demonstrationen vor dem Gefängnis Burgdorf, in dem ein Ausschaffungshäftling eingesessen hat und wo die öffentliche Ruhe und Ordnung durch lokale Polizei mit entsprechendem finanziellen Aufwand sicher gestellt werden muss. Andererseits findet in der zweiten Hälfte März eine gross angelegte Suchaktion nach einem Senior statt, der angeblich aus einer geschlossenen Abteilung eines Pflegeheimes entwichen ist. Gross angelegte Suchaktionen durch Polizeipatrouillen, Private, später solche mit Suchhunden, Helikopeter, beim Eindunkeln ein Militär-Helikopter Puma mit Nachtsuchgeräten, kommen zwischen Hasle und Kirchberg und vor allem im Gebiet der Emme zum Einsatz. Viele Dutzend Facebook-Einträge zeugen von der Anteilnahme der Bevölkerung. Der Vermisste wird nach 16 Stunden in einem nicht kontrollierten Büro im geschlossenen Teil des Heims am Boden liegend gefunden. Im Lauf der folgenden Wochen wird von einigen Politvertretern angeregt, aufgrund beider Vorkommnisse jetzt dringend über eine Kosten-Überwälzung nach dem Verursacher-Prinzip nachzudenken.
Verschiedene Ratsmitglieder plädieren auch hier dafür, den gesunden Menschenverstand walten zu lassen, beim Verursacher-Prinzip auf eine starre Regelung zu verzichten und die Formulierung zu wählen: «Die Stadt kann die Kosten auf die Veranstaltenden oder verursachenden Personen oder Institutionen für die Aufwendungen der Stadt zur Gewährleistung und Wiederherstellung der Sicherheit und Ordnung im Zusammenhang mit Veranstaltungen, privaten Anlässen oder Interventionen in Institutionen überwälzen.» Dem Vernehmen nach wird der Begriff Institutionen aufgrund des vorgenannten Vorfalls in den Text aufgenommen, der in der Abstimmung einstimmig gutgeheissen wird. Auch die letzte Änderung – die höheren Bussen bei Verstössen gegen die Verordnung – wird mit 33 Ja breit geneh­migt. Einstimmigkeit herrscht darüber, dass der Gemeinderat den Inkrafttretungszeitpunkt besagter Änderungen bestimmt.

 


Erleichterung rundum
Ganz zum Schluss der Diskussion zum Thema Turnhalle Sägegasse «Umnutzung in ein permanentes Kulturlokal» überrascht Gemeinderat Andrea Probst (Grüne) die Stadtratsmitglieder und Zuhörer mit der freudigen Nachricht: «Die Zukunft der Turnhalle als Kulturhalle für die Jungen ist praktisch gesichert. Das neben der Finanzierung grösste Problem ist gelöst: Die Lärmschutzabklärungen sind abgeschlossen und haben ergeben, dass die Werte eingehalten werden.» Und als Tüpfelchen auf dem «i»: «Wir können mit einer Betriebsbewilligung ohne Einschränkungen rechnen.» Somit ist auch der von Probst zu Beginn der Diskussion gewählt Ausdruck vom «historischen Moment» nachvollziehbar. Bereits am 24. März 2014 hat der Stadtrat einen Projektierungskredit «Kulturhalle Sägegasse» in der Höhe von 187 000 Franken bewilligt, der mit Auflagen verbunden gewesen ist (Betriebs- und Nutzungskonzept; Klärung, was mit den heutigen Nutzern passiert und Lärmschutzabklärungen). Den gleichentags eingereichten Jugend­antrag betreffend die Umnutzung wünscht der Gemeinderat in ein Postulat umzuwandeln und dieses an der Montagssitzung als erfüllt abzuschreiben. Zahlreiche Votanten melden sich zu Wort, votieren mehrheitlich für das dringend benötigte Kulturlokal
und machen mit unterschiedlichen Begründungen klar, wie sie das weitere Vorgehen sehen. Schliesslich überweist der Stadtrat das Postulat mit 19 Ja zu 16 Nein und verweigert mit dem gleichen Ergebnis die sofortige Abschreibung desselben.

 

Gerti Binz


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote