Schützen, Hornusser und Sänger
04.10.2014 Aktuell, Region, Gesellschaft444 ist eine Schnapszahl. So viele Hektaren umfasst das Gebiet von Limpach, das mit Büren zum Hof, Etzelkofen, Grafenried, Mülchi, Schalunen und Zauggenried per 1. Januar 2014 zur Gemeinde Fraubrunnen fusionierte. Dass die Limpacher sportlich und zugleich musikalisch sind, beweisen die vier Vereine – die Schützen, Hornusser, der Männerchor und der Gemischte Chor. Alle tragen zum regen Dorfleben bei. Wer von Büren zum Hof nach Limpach fährt – logischerweise auf der Bürenstrasse – wird nach der Ortstafel linkerhand von neugierigen, friedlich weidenden Kühen begrüsst. Unweit davon «erklimmen» zwei Ziegen einen kleinen Aussichtsfelsen. Von hier aus erforschen sie, wer sich ihnen nähert. «Verkauf ab Hof: Cheminée-Brennholz» steht auf der einen Seite einer Tafel, während die andere Seite mit einer dreiköpfigen «Bäremani»-Familie und zwei Geranienstöcken dekoriert ist.
Die Schule und andere schöne
Häuser
Rechterhand fordert eine rot-weisse Tafel mit der Aufschrift «Schule» zur Vorsicht auf. Im Schulhaus Limpach werden zwei Klassen unterrichtet – die Dritt- und Viertklässler sowie die Fünft- und Sechstklässler. Hinter dem Schulhaus steht ein Holzgerüst, das auf allen vier Seiten zum Erklettern einlädt. Schaukel und Rutschbahn sind ebenso vorhanden wie zwei Eishockeytore und – auf dem Rasenplatz – zwei Fussballtore. «Schule Limpach» steht auf dem Briefkasten, unweit davon bei einem Bauernhof «100 Jahre Schweizerischer Fleckviehzuchtverband 1890 – 1990» und auf einer Tafel daneben «Simmental Reinzucht».
Ein Rundgang durch Limpach zeigt, dass das «Wirtshaus zum Kreuz» eine Baustelle ist. Diese Beiz ist seit dem 24. Mai 2014 geschlossen. Immerhin gibt es noch das Restaurant Rössli. Prächtige Bauernhäuser im bernischen Landstil erfreuen das Herz. «Erbaut 1876, renoviert 1990» steht an der Fassade des Gebäudes Britternstrasse 4. Anderswo heisst es «erbaut 1837, renoviert 1993» oder «1778» – links davon das Limpacher, rechts das Berner Wappen. Auffallend sind die vielen schönen Speicher in Limpach. Dass man hier optimistisch in die Zukunft blickt, dokumentieren ein Baukran und eine Heirat. «Nici & Michu 16.08.2014», steht nämlich auf einem grossen, weissen Tuch – dazu fünf rote Herzchen und ein grünes, vierblättriges Kleeblatt. Hoch lebe das Brautpaar, das wohl jetzt Süssholz raspelt – oder sich in der Bäckerei-Konditorei Moser etwas Süsses zum Naschen kauft. In der Nähe flattert eine YB-Fahne.
Aus allen Himmelsrichtungen
Der Bus der Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) fährt von der Station «Limpach Post» zum Bahnhof Bätterkinden. Der Name «Limpach Post» ist trügerisch, denn die Post an der Mülchistrasse 6 ist mangels Frequentierung ebenso aus dem Dorfbild verschwunden wie die Käserei. Einer Wanderwegtafel ist zu entnehmen, dass Limpach 473 Meter über Meer liegt. Die Nachbardörfer sind Bätterkinden, Schalunen, Büren zum Hof und Mülchi im Kanton Bern, Unterramsern und Aetingen im Kanton Solothurn. Limpach ist aus vier Richtungen erreichbar – von Osten (Bätterkinden), Süden (Büren zum Hof), Westen (Mülchi) und Norden (Unterramsern/Brittern, Kanton Solothurn). Die für Ortsschilder zuständigen Leute bewiesen Intelligenz. Sie haben sich etwas überlegt und liessen die drei Ortsschilder an den Berner Zufahrtsstrassen schlicht mit «Limpach» bepinseln, die Zufahrt an der Britternstrasse aber – von den Solothurnern benutzt – mit einem Zusatz versehen: «Limpach BE».
Schützen, Ziegen und die Kirche
Via Mülchistrasse erreichbar ist ein zweckmässiges Gebäude mit der Hausnummer 27. Über dem Eingang ist das Wappen von Limpach mit den drei Fischen gemalt. Damit – aufgrund dieser Fische wäre dies gar nicht so abwegig – uneingeweihte Wanderer nicht auf die Idee kommen, es handle sich hier um das Eigenheim eines Fischereivereins, steht in grossen Lettern «Schützengesellschaft Limpach» – versehen mit 1957, dem Baujahr des Häuschens. Von hier aus bietet sich ein Blick auf die Limpacher Kirche. Deren Besuch ist ein Muss. Der Eingang am Chilchrain scheint gut bewacht – von zwei Ziegen mit respektablem Bart. Die eine Ziege beäugt bereits den Kirchengänger, die andere kommt wie von der Tarantel gestochen aus dem Stall «geflogen» und sorgt beim Sprung ins Freie ungewollt für eine aufsehenerregende, lärmige und wohl schmerzhafte Bauchlandung. Weshalb nicht ganz «süüferli» das Holztreppchen benutzen?
Die reformierte Kirche von Limpach wurde 1808 – diese Jahrzahl ist über dem Eingang eingraviert – im Stil des Klassizismus an der Stelle eines mittelalterlichen Vorgängerbaus errichtet. Eine aufliegende Informationsbroschüre ist mit «Friedhof Limpach der Dörfer Büren zum Hof, Limpach, Schalunen» angeschrieben. An der Wand ist zu lesen, dass die Kirche unter dem Schutz des Bundes steht und die Westfassade sowie der Turm 1969/70 und der Innenraum 1987/88 restauriert wurden. Kein einziges Kirchenfenster ist mit einer Glasmalerei versehen. In der Nähe des Einganges befindet sich ein Körbchen voller Bilderbücher – so zum Beispiel «Schnatterentchen» sowie «Mungo und die Heckenbewohner». Die Bücher hier werden wohl als eine Art Therapie zum Stillsitzen eingesetzt, falls Kinder die Predigt langweilig finden und Action gefragt ist – zu finden in einem spannenden Bilderbuch.
Zuhinterst in der Kirche gibt es neben Kinderbüchern noch etwas Interessantes: «Namen und Wapen der Zeugen Herren Predicanten so auf Verordnung unserer gnädigen Herren von Bern der Gemeind Limpach vorgestanden seint der seligen Reformation». Die Wappen und Namen dieser Pfarrherren reichen vom 16. Jahrhundert bis heute. Gut lesbar sind unter anderem: Ernst Schweizer (1907–1911), Walter Gasser (1912–1938), Hans Schädelin (1938–1948), Hans Joachim Haller – nicht Kulenkampff – (1948), Konrad Bühler (1994–2001), Frank Naumann (2001–2013) und S.R. Stalder 2013. Bei Letzterem handelt es sich um den aktuellen Pfarrer, dessen Vorname aber eigentlich Sebastian ist. Was wohl die Abkürzung «S.R.» bedeuten könnte? Neben der Kirche stehen das Pfarrhaus und die Pfrundschüür. Die schön umgebaute Scheune ist zu einem Ort der Begegnung geworden. Sie sorgt für Leben und Betrieb.
«Nur für Kirch- und Friedhofbesucher. Für Lastwagen verboten», steht auf einer Tafel beim Kirchenparkplatz. Am Chilchrain bietet sich ein faszinierender Ausblick: Im Hintergrund – unterhalb des Oberholz-Waldes – Unterramsern und Brittern (Kanton Solothurn), mittendrin Limpach mit der Kirche. Im Vordergrund dann ein Feld mit verwelkten Sonnenblumen, welche die Köpfe hängen lassen. Besser die Sonnenblumen als die Limpacher. «Ein schönes Stück Erde ist das hier.» So lautet das Fazit des Inkognito-Besuches an diesem milden, lieblichen und sonnigen Herbstnachmittag.
Hans Mathys