Legaler und illegaler Widerstand

  25.01.2015 Aktuell, Gesellschaft, Schafhausen

Mit der Begründung, der Hasle-Gemeindeteil Schafhausen zähle rund 300 Einwohner und könne eine solche Anzahl Asylbewerber nicht aufnehmen bzw. integrieren, wird mit ganz unterschiedlichen Argumenten und mehreren Anzeigen gegen den Betrieb der Asylunterkunft gekämpft.

 

 

Genügend Unterschriften
Laut Manfred Arzner, seit knapp zweieinhalb Jahren Gemeindeschreiber von Hasle bei Burgdorf, zählt die Gemeinde rund 2500 Stimmberechtigte. Für eine gültige Gemeinde-Initiative sind 124 Unterschriften nötig. Bereits am 23. Dezember 2014 haben die Initianten die Unterschriftenbögen mit 191 Unterschriften eingereicht. Diese werden derzeit bei der Gemeindeverwaltung Hasle noch auf ihre Gültigkeit geprüft. «Wir nehmen an, dass auf diesen Bögen die benötigten 124 gültigen Namen vorhanden sind», sagt Arzner.
Wenn die nötige Anzahl Unterschriften festgestellt worden ist, gehen die Unterlagen der Gemeinde-Initiative vorschriftsgemäss ans Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR), da nach der entsprechenden Urnen-Abstimmung und einer allfälligen Annahme des Antrages eine Änderung des Organisationsreglementes nötig wird. Wenn das AGR die Rechtskonformität der Initiative bestätigt, wird sich der Gemeinderat von Hasle überlegen, ob er den Stimmberechtigten beispielsweise einen Gegenvorschlag unterbreitet oder die Vor­lage zur Ablehnung empfiehlt. «Alles der Reihe nach; der Gemeinderat entscheidet, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen. Nach gültigem Reglement hat der Gemeinderat ein Jahr Zeit, die Initiative vors Volk zu bringen. Dann muss bei Reglementsänderungen an der Urne und nicht bei Gemeindeversammlungen entschieden werden. Das könnte an der Urnen-Abstimmung im November 2015 der Fall sein. Vielleicht reicht es bereits für eine Abstimmung im Sommer.»

 

 

Nichts Neues, nichts Schlechtes
Auf die Frage, wie der Tagesbetrieb in der Asylunterkunft Schulhaus laufe, sagt Arzner: «Gut. Wir hören eigentlich wenig, was ein gutes Zeichen ist. Der seinerzeit eingerichtete runde Tisch, an dem bei den regelmässigen Treffen Vertreter von Politik, Kanton, Anwohnern und Heimleitung teilnehmen, hat sich bewährt.»
Sollten wirklich Probleme auftreten, kann das frühzeitig thematisiert und behoben werden. Als Beispiel nennt der Gemeindeschreiber Klagen über Fussgänger aus dem Asylzentrum, die nebeneinander vom Zentrum Richtung Hasle marschieren und den Verkehr und vor allem sich selber gefährden.

 

 

Vielfach hetzen Auswärtige
Im Gemeinderat Hasle hat man die Facebook-Seiten mit zustimmenden und ablehnenden Voten zum Asylzentrum Schafhausen genau verfolgt. «Diese Einträge widerspiegeln genau das, was unser Gemeindepräsident Walter Scheidegger von Anfang an gesagt hat: Nicht die Schafhauser sind Rassisten, hier haben einige eine gewisse Angst, was nachvollziehbar ist. Dass die jetzt Verurteilten mit Ausnahme einer Person nicht aus unserer Gemeinde stammen, überrascht uns nicht. Die meisten sind auf den Anti-Asyl-Zug aufgesprungen und hetzen und polemisieren als Auswärtige gegen die lokale Institution. Der Gemeinderat nimmt die vergangene Woche wegen rassistischer und weiterer strafbarer Äusserungen ausgesprochenen Urteile zur Kenntnis und wird diese nicht kommentieren.»

 

 

Vor den Richter
Kaum ist im Sommer bekannt geworden, dass rund 150 Personen im entsprechend neu als Wohnstätte eingerichteten ehemaligen Schulhaus Schafhausen eine Unterkunft finden werden, gehen auf der Facebook-Seite «Gegen das Asylzentrum Schafhausen i. E.» die Wogen hoch. Teils sehr beleidigende und inakzeptable Statements werden publiziert, es folgt eine Welle von Beschimpfungen und übelsten Unterstellungen. Teilweise werden diese Voten nach gewisser Zeit wieder aus dem Netz genommen, doch einige Urheber erhalten Post von der Staatsanwaltschaft Emmental-Oberaargau. Arzner findet es nur richtig, dass «sich fünf Männer – einer davon ein Gemeindemitglied von Hasle – nun vor dem Richter verantworten mussten.» Vier davon sind wegen Rassendiskriminierung und eine Person wegen öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen oder Gewalttätigkeit verurteilt worden, wie der Bund schreibt. Alle haben eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen aufgebrummt bekommen, dazu die Gebühren von je 500 Franken. In vier Fällen setzt das Gericht die Strafe (nicht die Gebühren) zur Bewährung auf zwei Jahre aus. Einem Mann mit nicht ganz blankem Vorstrafenregister kommen seine Facebook-Ergüsse teuer zu stehen: Da er sich wegen früherer Delikte noch in einer Bewährungszeit befindet, zahlt er neben den Gebühren auch noch die Busse von 2200 Franken. Und das für die Aufforderung, «die Hütte (das Asylzentrum) niederzubrennen». Eine Löschung dieses Eintrages kann frühestens in zehn Jahren erfolgen, wie die Berner Zeitung zu den Urteilen schreibt.
Arzner bestätigt, dass bereits zwei Tage nach den ersten nicht gesetzeskonformen Facebook-Eintragungen beim Gemeinderat Hasle die Mitteilung eingegangen sei, gegen die Urheber würde ermittelt. «Nicht der Gemeinderat hat Anzeige erstattet, das kam von dritter Seite. Aber manche Eintragungen waren wirklich haarsträubend.» Der Gemeinderat äussert sich nicht zur Verteidigungsstrategie der Verurteilten, sie «hätten diese Facebook-Beschimpfungen als private Äusserungen betrachtet». Jedes Schulkind weiss heute, dass jeder bei Facebook Angemeldete weltweit Zugriff auf alle öffentlichen Links hat.

Gerti Binz


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