Glanzvolle Premiere für «Giulias Verschwinden»
02.05.2015 Aktuell, Utzenstorf, Vereine, Kultur«Giulias Verschwinden» von Martin Suter – da hat sich das dorftheater utzenstorf wieder ein schönes Projekt vorgenommen: ein Stück, das bisher nur als Film mit hochkarätiger Besetzung existiert hat, auf die Bühne zu bringen. Ein Stück, das eigentlich auf der relativ kleinen Bühne des Kirchgemeindehauses Utzenstorf gar nicht Platz hat. Ein Stück, das wesentlich mehr Spieler/innen benötigt, als man sich bisher vom dorftheater gewohnt ist.
Klug gekürzte Fassung
Und doch: Wenn Werner Suter, eine der treibenden Kräfte des dorftheaters, im Programm schreibt, dass ihm bei der Lektüre des Original-Drehbuchs bewusst geworden sei, welch grossartiges Theaterfutter vor ihm liege, hat er absolut recht. Martin Suters Geschichte übers Älterwerden eignet sich tatsächlich hervorragend für die Bühne – bei entsprechender Bearbeitung.
Und da liegt bereits die erste grosse Leistung des dorftheaters utzenstorf beziehungsweise von Werner Suter, der die Dialektfassung erarbeitet hat. Gekonnt hat er die schnellen Szenen- und Optikwechsel für die Bühne adaptiert und die im Film manchmal etwas langatmigen Dialoge klug gekürzt.
Überzeugende Figuren
Regisseur Charles Benoit hat die Herausforderung angenommen, mit einem wesentlich grösseren Ensemble als bisher zu arbeiten – was heisst, dass etliche neue Spieler zur bestehenden dorftheater-Crew gestossen sind. Es ist aber beeindruckend, wie die Gruppe, die von Theater-Neulingen bis zu alten Theaterhasen alles umfasst, zu einer verschworenen Einheit zusammengewachsen ist. Und Charles Benoit hat es geschafft, dass jede Figur in ihrem Älterwerden und der Angst vor dem Noch-älter-Werden überzeugend daherkommt. Seien dies nun die beiden Teenies, die beim Diebstahl eines Geburtstagsgeschenks für ihren 18-jährigen Freund erwischt werden, seien es Giulias Freunde, die deren 50. Geburtstag feiern wollen, sei es Giulia selbst oder die 80 Jahre alt werdende Léonie samt ihrem Besuch.
Das Resultat dieser ausgezeichneten berndeutschen Theaterfassung, einer einfühlsamen Regie, die gerade auch in ihren leisen Tönen und scheinbaren Nebensächlichkeiten beeindruckt, und Schauspielern, die ihre Rollen wirklich leben, ist ein rundum gelungener Theaterabend. Einer, der den Besucher von Anfang bis zum Schluss in Bann zieht, ihn zum Lachen bringt – und gleichzeitig immer wieder den Spiegel vorhält. Absolut empfehlenswert für jeden, der älter wird...
Andrea Flückiger
Weitere Infos unter www.dorf-theater.ch. Reservationen: Gast-Reisen, Telefon 032 666 40 85, oder www.dorf-theater.ch «Tickets». Die Plätze sind nicht nummeriert.