Hunyadi-Areal aus dem Dornröschenschlaf wecken

  08.07.2015 Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft

Die alte Weisheit «Konkurrenz belebt» gilt offensichtlich auch fürs Bahnhofquartier. Nachdem millionenteure Umbaupläne für das Geschäftshaus mit dem Migros-Markt und zahlreichen dort ansässigen Geschäften publiziert worden sind, rückt die Coop-Geschäftsleitung von ihrer jahrelang praktizierten Absenz zu jeglichen Planungsmöglichkeiten ab. Kürzlich hat Benjamin Schweingruber, stellvertretender Coop-Mediensprecher, diese Zeitung informiert, dass «Coop gegenüber der Stadt Burgdorf die Bereitschaft mitgeteilt hat, die Planung (des Hunyadi-Areals) aufzunehmen. Zurzeit werden die konkreten Bedürfnisse ermittelt. Ein Planungsauftrag wurde nicht erteilt. Die Parzelle ‹Parking› wird in die zukünftige Planung einbezogen.»

Wachsende Ausnutzungsziffer
Laut Peter Hänsenberger, Leiter Baudirektion Burgdorf, kommen bei dieser Planung zwei Aspekte zum Tragen: einmal der städtebauliche und daneben der nutzungsmässige. «Zum städtebaulichen Aspekt ist festzuhalten, dass dieses Areal an der besten Geschäftslage von Burgdorf situiert ist und heute lediglich einen grossen Parkplatz aufweist. Aufgrund sei-
ner besonderen Lage bedarf es hier einer städtebaulich und gestalterisch überdurchschnittlichen Lösung. Nutzungsmässig handelt es sich hier im wahrsten Sinne des Wortes um ein ‹verschenktes› Baugrundstück an bester Lage, völlig unternutzt, das im Interesse des Detailhandels massiv aufgerüstet werden muss. Wenn hier zusätzliche Verkaufsflächen geschaffen würden, könnte man von einer Stärkung des Detailstandortes Burgdorf ausgehen.»

Auf die Frage nach der momentan gültigen Geschosszahl im Bahnhofquartier kommt Hänsenberger auf die heute praktizierte Flexibilität in dieser Kernzone zu sprechen: «Aktuell beträgt die Geschosszahl vier plus Attika (das fünfte Geschoss darf zur Hälfte gebaut werden) plus ein weiteres Geschoss (mit Attika), als Bonus für ein gut geplantes Projekt. Die Ausnützung darf mit Recht als hoch bezeichnet werden.» Er weist darauf hin, dass «nach den neuesten Vorschriften, die noch nicht rechtskräftig sind, in Zukunft sogar noch ein weiteres Geschoss gebaut werden könnte.» Wichtig ist gemäss den Erklärungen von Hänsenberger, dass ein städtebaulich und gestalterisch qualitativ hochstehendes Projekt zur Ausführung gelangt.

Rahmenbedingung festgelegt
Artikel 52 der Burgdorfer Bauordnung regelt alles Wesentliche für die Erstellung von Arealüberbauungen in Zonen mit Planungspflicht. Neben den Rahmenbedingungen für die Gestaltung sind auch solche, welche eine nachhaltige Überbauung sicherstellen sollen, geregelt. Gestützt darauf kann der Gemeinderat entscheiden, ob das zusätzliche Geschoss bewilligt werden kann. «Die Erfahrung hat gezeigt, dass Konkurrenzverfahren in einer Situation wie beim Hunyadi-Areal sicherstellen, dass schliesslich das bestmögliche Projekt umgesetzt werden kann», erläutert Hänsenberger. Hier kommen Varianten wie Architektenwettbewerbe, Studienaufträge usw. zum Zug.

«So kann sichergestellt werden, dass schliesslich ein qualitativ hochwertiges Projekt, das sowohl den Anforderungen der Investoren als auch der Stadt entspricht, realisiert wird.»

Unterirdische Zufahrt
Der Leiter der Baudirektion erinnert sich, dass es «für dieses Hunyadi-Areal vor ca. 12 bis 15 Jahren bereits einen Architekturwettbewerb gegeben hat, den die Stadt zusammen mit Coop durchgeführt hat. Das Projekt wurde bis zum durch Coop finanzierten Vorprojekt weiterbearbeitet. Auch damals war die Erschliessung der neuen Überbauung die zentrale Frage. Neben der Gestaltung stellt meist die Erschliessung die grösste Herausforderung für die Projektverfasser dar. Eine funktionierende Zufahrt zu einem Parking für rund 200 bis 300 Plätze ist unerlässlich. Die Anlieferung für grosse Fahrzeuge zu den Ladeninhabern mit den gewünschten grossen Verkaufsflächen muss garantiert sein.»

Es gilt gleichzeitig, die Gebäudefassade entlang der Lyssachstrasse gestalterisch interessant, d. h. mit Schaufenstern zu realisieren. Das alte Projekt hat entlang der Hunyadigasse fast nur Erschliessungselemente vorgesehen, was für den besten Standort im Bahnhofquartier zwischen Migros und Coop als «absolut nicht attraktiv» bezeichnet werden muss. «Eine zeitgemäss und planerisch überzeugende Erschliessung stellt eines der wichtigsten Elemente der neuen Hunyadi-Planung dar.»

Erste Sitzung mit den Grundeigentümern
Eine erste Sitzung mit fast allen Grundeigentümern im Perimeter Hunyadigasse hat bereits stattgefunden. «Üblicherweise steht am Anfang eines solchen Projektes eine Vereinbarung unter den Grundeigentümern, damit alle ihre Interessen einbringen und gemeinsam das weitere Vorgehen festlegen können. Neben Fragen des Verfahrens sind auch solche der Finanzierung frühzeitig zu klären. Hier stehen wir ganz am Anfang», betont Hänsenberger. Auf die Frage nach einem Zeitplan kommt die Antwort: «Wir sind ja schon ziemlich lange mit Coop in Gesprächen. Wenn nun Verhandlungsbereitschaft signalisiert wird, wollen wir möglichst schnell vorankommen.»
Für Burgdorf sei es wichtig, dass auf dem Hunyadi-Areal mehr Verkaufsfläche an bester Lage realisiert werden könne. «Wir sind überzeugt, dass durchaus Nachfrage besteht. Die Lage ist heute genauso gut wie vor 12 bis 15 Jahren, vielleicht sogar noch besser. Die Stadt kann es sich einfach nicht leisten, dieses Areal fast brachliegen zu lassen. Wir müssen es aus seinem Dornröschenschlaf wecken.»

Nur positive Aspekte
Auch Burgdorfs Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch zeigt sich hoch erfreut über die jüngsten Ereignisse rund um das Hunyadi-Areal: «Für die Stadt Burgdorf bedeutet es eine ganz wichtige Entscheidung, dass Coop jetzt für eine Planung rund ums Hunyadi-Areal bereit ist. Seit ich Stadtpräsidentin bin, habe ich mich immer wieder mit diesem Areal auseinandergesetzt und Gespräche mit den Coop-Verantwortlichen geführt, ob sie dieses Gebiet nicht freigeben wollen. Es ist wirklich ein Filetstück im Detailhandel von Burgdorf, dessen heutige Nutzung lediglich im Abstellen von Fahrzeugen besteht. Das darf doch einfach nicht sein. Entsprechend glücklich sind wir über den Coop-Entscheid, die Planung wieder aufzunehmen. Eine passende Überbauung wird den Detailhandelsstandort Burgdorf wirklich aufwerten», ist sie überzeugt.

Wenn in dieser «Zahnlücke» mit entsprechend grosszügigen Ladenflächen grossflächig geplant werden kann, rechnet sie mit einem echten Zentrum, für das sich auch «Grosse» interessieren werden. Hier sieht die Stadtpräsidentin die Chance, den (Gordischen bzw. Detailhandels-) Knoten endlich zu durchschneiden. «Ich bin völlig davon überzeugt, dass der Detailhandelsstandort Burgdorf von so einer Zentrumsüberbauung enorm profitieren würde.»

Bestehendes Coop miteinbeziehen
Auf die Frage, ob bei der nun anlaufenden Planung auch die bereits exis-tierende, mehrgeschossige Coop-Überbauung mit einbezogen werden würde, hält Elisabeth Zäch fest: «Das ist jetzt Gegenstand von Verhandlungen. Grundsätzlich kann ich mir alles vorstellen. Es wäre möglich, dass Coop sowohl sein jetziges Gebäude plus den anstossenden Parkplatz als auch das gegenüberliegende Parkfeld in die Projektierung einbringt und sich mit einem Abriss dieses Eckhauses einverstanden erklärt. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass das Areal in Teiletappen überbaut wird und wir auf einen Wechsel bei den heute noch ablehnenden Grundeigentümern warten, die sich dann eventuell im Gegensatz zu den Vorbesitzern für eine Zusammenarbeit entschliessen könnten.» Wie immer sich die Anstösser der Hunyadigasse in diesem Perimeter entschliessen, wichtig ist laut Zäch, dass mit dem Hauptstück begonnen werden kann.

Sie kommt auf die zu lösenden Probleme bei der unterirdischen Zufahrt zu den 200 bis 300 Parkplätzen sowie den Stationen für die Anlieferungen zu den Geschäften zu sprechen: «Es wird tricky», lacht sie. «Die Logistik muss stimmen, aber dafür haben wir ja Fachleute. Auch die Vertreter von Pro Burgdorf sind hoch erfreut, dass es jetzt vorwärts geht.»

Bezüglich der rund 20 Millionen Franken teuren Ausbaupläne von Migros ist Zäch überzeugt, dass sich die ebenfalls positiv auf den Einkaufsstandort auswirken werden. Hier ist vorgesehen, die strassenseitige Fassade entsprechend einladend zu gestalten.

Gerti Binz


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