Riesenspektakel «150 Jahre Stadtbrand»
18.08.2015 Aktuell, Burgdorf, Kultur, GesellschaftDie grösste Brandkatastrophe erlebte Burgdorf vor 300 Jahren, am 14. August 1715. «Ein Bewohner hatte zur Beleuchtung mit einer blossen Kerze hantiert, statt eine schützende Laterne zu benützen. Ausser einer Häuserzeile an der Metzgergasse brannte am 14. August 1715 praktisch der ganze Stadtteil nieder», ist in der Chronik zu lesen. 52 private Wohnhäuser, zum Teil mit Handwerksbetrieben, die städtische Mühle samt Wohnung, drei Türme der Stadtbefestigung vom Mühle- bis zum Wynigentor, die hölzernen Wehrgänge an dieser Ringmauer sowie rund zwanzig freistehende Scheunen und Ställe wurden ein Raub der Flammen. Aber auch 74 Haushaltungen verloren ihr Mobiliar und in den Scheunen die eingebrachte Sommerernte an Futter und Getreide.
In Anekdoten, Episoden aus Chroniken und zeitgenössischen Briefen erinnerte Trudi Aeschlimann an der Vernissage insbesondere an den Brand von 1865 in der Oberstadt und die Schicksale der Betroffenen. Sie reflektierte damit ihr grosses Wissen aus dreissig Jahren im Stadtarchiv, unterhaltend und fesselnd zugleich.
«Heute gibt es zwar kaum mehr Stadtbrände, aber vor Naturkatastrophen sind auch wir nicht sicher», meinte Daniel Moeri, Präsident des Rittersaalvereins. In einer Bilderdokumentation zum Hochwasser im Berner Mattequartier 2003 bezog er sich auf die Hilfsbereitschaft der Mitbürger in Katastrophen, die bereits vor 150 Jahren beispielhaft war. Als Liebeswerk bezeichnete er die Solidarität der Burgdorfer, mit der damals den geschädigten Bürgern geholfen wurde. «In Sammelaktionen kamen so von der Stadt Burgdorf 55 000 Franken, aus der Schweiz 200 000 Franken, und sogar aus dem Ausland 10 000 Franken den Geschädigten zugute. Der Solidarität der Bevölkerung galt seine Laudatio.
Feuer – Freund und Feind des Menschen
Ein Plädoyer für die Entwicklung der Feuerwehrdienste waren die Worte zur Ausstellung von Regierungsstatthalter Markus Grossenbacher. Aus dem «Extra Bulletin» zur Neuen Zürcher Zeitung 202 zitierte er die Nachrichten der Presse über den Grossbrand, der ein schauriges Stück Stadtgeschichte geschrieben hat. Grossenbacher berichtete aus seiner Rekrutenzeit, in der er mit «Filzchutteli, Stahlhelm und Alarmhorn» seinen Einsatz als Alarmierer begann. «Bei grossen Bränden läuteten die Kirchenglocken. Grässlich, ein Lärm der durch Mark und Bein ging», erinnerte er sich. Als dann am 28. Mai 1865 die Brandversicherungsanstalt gegründet wurde, habe sich die freiwillige Hilfe in eine Organisation gewandelt.
Der Heilige St. Florian erhielt professionelle Hilfe. Die Zeiten, wo jeder Volljährige Schaufel, Pickel und Eimer erwerben und sich beim Gemeindepräsidenten zeigen musste, waren damit vorbei. «Unsere Feuerwehren haben heute ein hohes Ausbildungsniveau, und die Unsicherheit vor Naturereignissen erfordert die ständige Professionalisierung in der Feuerwehr», erklärte Grossenbacher.
Ausstellung
«Eine Ausstellung zum Thema Stadtbrände ist nicht ganz einfach zu gestalten, da es nur wenige Objekte dazu gibt, denn das meiste ist verbrannt», meinte Werner Lüthi vom Rittersaalverein. Die meisten von den insgesamt fünf Stadtbränden noch vorhandenen Objekte stammen aus dem Stadtbrand vor 300 Jahren. Es sind vor allem Scherben von Töpfen und Tellern. Vom letzten grossen Stadtbrand vor 150 Jahren sind es vor allem Fotografien der Brandstätte und Aquarelle von Theodor Schnell. In drei Räumen im Schloss werden Dokumente, Pläne, Fotos, Löschmaterial und Ausrüstung der Feuerwehrmänner von damals gezeigt. Es wird auf die damalige Brandgefahr in Haushalt und Werkstatt hingewiesen, denn bis vor 175 Jahren war Feuer die einzige erzeugbare Licht- und Wärmequelle. Interessantes zum Wiederaufbau und der Veränderung des Stadtbildes durch die Brände ist ebenfalls zu sehen. Die Crew um Trudi Aeschlimann und Werner Lüthi durfte zur Ausrichtung dieser Sonderausstellung Anerkennung und Bewunderung vom grossen Vernissage-Publikum entgegennehmen.
Ein weiteres Gedenken an die Stadtbrände gibt es am nächsten Wochenende: mit Ausstellung und Demonstration von einstigem und zeitgenössischem Einsatzmaterial, Vorstellung aller heutigen Blaulichtorganisationen und, und, und...
«Die Besucher erwartet an zwei Tagen ein vollbepacktes und höchst eindrückliches Programm», versprach Urs Lüthi (Leiter Einwohner- und Sicherheitsdirektion).
Sylvia Mosimann
Der Stadtbrand von 1865 – hautnah
Die Stadt Burgdorf gedenkt am kommenden Wochenende dem schrecklichen Ereignis in einem Anlass für die ganze Familie
Der Stadtbrand von 1865 – in Erinnerung an dieses Ereignis wird am 22. und 23. August mit Ausstellungen, Visualisierung des Brandes in der Nacht, Demonstration von einstigem und zeitgenössischem Einsatzmaterial, Vorstellung aller heutigen Blaulichtorganisationen sowie Führungen und Vorführungen aufgezeigt, was damals und heute geleistet wurde und wird. Die Besucherinnen und Besucher erwartet an beiden Tagen ein vollgepacktes und höchst eindrückliches Programm.
Es war im Sommer 1865, ein glühend heisser Tag. Seit drei Wochen hatte es nicht mehr geregnet. Burgdorfer-innen und Burgdorfer litten unter der Hitze und waren dankbar für den kühlenden, verhältnismässig starken «Ämmeluft» am Abend des 20. Juli. Nachts um 1.00 Uhr geschah dann das Entsetzliche: Die Oberstadt brannte lichterloh! Sturmgeläute und Trommelwirbel rissen die Menschen aus ihren Betten, trieben sie vor die Haustüren auf die Gassen. Das Feuer griff rasch um sich. Schuppen und Scheunen aus Holz brannten wie Zunder und standen sofort in Flammen. Der vorher willkommene Wind beschleunigte den Funkenflug. Die Flammen frassen sich über die Schindeldächer hinweg, über die zu tief angelegten Feuermauern in die dicht zusammenstehenden Häuser, unaufhaltsam quer durch die Gassen. Der Brand entstand in der Nähe der heutigen UBS-Oberstadt-Filiale, bahnte sich seinen Weg in die Schmiedengasse, in die Neuengasse und durch das damalige Beguinengässli bis ins Kirchbühl.
Die Oberstadt von Burgdorf lag nach dem Brand zu grossen Teilen in Schutt und Asche. Die Tragödie war in der ganzen Schweiz ein Thema und löste eine grosse Welle der Solidarität im In- und Ausland aus. Von überall her trafen Hilfsangebote und Spenden ein.
Einsatzmittel damals und heute
Die Feuerwehrmänner von anno 1865 kämpften mit bescheidenen Mitteln gegen die Flammen an. Am 22. und 23. August kann man hautnah erleben, welche Geräte und Hilfsmittel damals zum Einsatz kamen und mit welchen Einsatzmitteln heutige Feuerwehren arbeiten.
Wer schwindelfrei ist, kann einen ungewöhnlichen Ausblick über die Stadt Burgdorf mit einer der drei imposanten Autodrehleitern im Kirchbühl, auf dem Kronenplatz und bei der Musikschule erleben.
Audiovisuelle Inszenierung der Brandstätten
Die Nacht vom 20. Juli 1865 findet erneut statt: Rauch steigt auf, der Nachthimmel färbt sich orange. Man hört, wie Gebäude einstürzen und die Flammen immer wilder lodern und Signalhörner und Trommeln durch die Gassen schallen. Mit Licht, Ton und künstlichem Rauch wird die Oberstadt noch einmal brennen. Eine Inszenierung, die man nicht verpassen sollte. Die Inszenierung findet am Samstag, 22. August ab ca. 21.30 bis 00.30 Uhr statt.
Brand-Führungen und selbstständiger Rundgang
Interessierte können an einer rund 45-minütigen Führung durch die Altstadt teilnehmen und auf unterhaltsame und eindrückliche Weise interessante und skurrile Fakten aus der verheerenden Nacht und dem anschliessenden Wiederaufbau erfahren. Spezielle Infotafeln ermöglichen ausserdem einen selbstständigen Rundgang durch die Altstadt. Startpunkt: Vorplatz UBS, Oberstadt, jede halbe Stunde.
Präsentation und Prävention Blaulichtorganisationen
Die Feuerwehr Burgdorf, die Zivilschutzorganisation Region Burgdorf, die Kantonspolizei Bern, die Sanität des Regionalspitals Emmental, der Samariterverein Burgdorf und die Gebäudeversicherung des Kantons Bern präsentieren sich entlang der Grabenstrasse-Hofstattplatz und zeigen ihre Aufgabengebiete. Man kann auch selber Hand anlegen, zum Beispiel mit Feuerlöschern gegen die Flammen.
Einsatzdemonstrationen mit Live-Übertragung
Hautnahe und actiongeladene Vorführungen und Präsentationen aller Blaulichtorganisationen gibt es in der Stadtbibliothek. Die Demonstrationen werden live auf einer LED-Leinwand übertragen und kommentiert. Samstag, 16.30, 18.30, 20.30, 21.30 Uhr. Sonntag, 10.30, 12.30, 14.30, 15.30, 16.30 Uhr.
Sonderausstellung im Schlossmuseum
«Fürio! Üsi Stadt brönnt!», so heisst die aktuelle Sonderausstellung im Schlossmuseum, die sich ganz den Brandgefahren in früheren Zeiten, den Stadtbränden und dem Wiederaufbau aus historischer Sicht widmet. Während des zweitägigen Anlasses ist die Sonderausstellung im Schloss Burgdorf offen und kann kostenlos besichtigt werden.
Verpflegungsangebot
Verschiedene Wirte in der Oberstadt, der Zivilschutz mit einer mobilen Küche, das Feuerwehrchörli und die Feuerwehr warten mit speziellen Kreationen und Gaumenfreuden zum Thema auf. Das Gastroangebot ist zu finden auf der Gebrüder-Schnell-Terrasse, in der Schmiedengasse, auf dem Hofstattplatz, in den Marktlauben und am Kirchbühl.
Musikalische Unterhaltung
Das Füürwehrchörli Langnau i. E., das Kommandanten-Chörli Oberaargau, das Füürwehrchörli Burgdorf, die Kadettenmusik Burgdorf, die Tambouren-Showgruppe «Cliffhangers» (bestehend aus ehemaligen Kadetten von Thun und Burgdorf) und die New-Orleans-Jazz-Formation «Stone Street Stompers» sorgen für ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm.
Anreise und öffentlicher Verkehr
Vom Samstag, 22. August 2015, 12.00 Uhr bis Sonntag, 23. August 2015, 21.00 Uhr, ist die Oberstadt für den Verkehr gesperrt. Der Busbetrieb wird über die Sägegasse / Emmentalstrasse geführt. Für den Festbesuch empfehlen wir die Haltestelle «Parkhaus Oberstadt» – anschliessend per Treppe oder Lift direkt ins Gelände des Anlasses.
Für die Anreise mit dem Auto stehen in beschränkter Anzahl nur die öffentlichen Parkplätze und das Parkhaus zur Verfügung. Das OK bittet deshalb so weit wie möglich um Anreise mit dem öffentlichen Verkehr, zu Fuss oder per Fahrrad.
zvg
Samstag, 22. August, 16.00 bis 00.30 Uhr, Sonntag, 23. August, 9.00 bis 17.00 Uhr. Weitere Infos unter www.burgdorf.ch.