Freude herrscht – das Tech bleibt Burgdorf erhalten

  08.06.2016 Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft, Bildung / Schule

Zwar hat Burgdorf nicht die Maximal-forderung durchsetzen können, aber damit hat eigentlich auch niemand gerechnet. Getreu der Maxime «Das Maximum fordern und schliesslich einen akzeptablen Teilerfolg erzielen» ist das Burgdorfer Pokerspiel aufgegangen. Hinter vorgehaltener Hand hat niemand wirklich damit gerechnet, dass die Berner Fachhochschule (BFH) sich kampflos das Departement Wirtschaft, Gesundheit und soziale Arbeit (WGS) aus Bern herausbrechen lassen würde. Die engen Kontakte zum Universitätsspital Insel und anderen medizinischen Institutionen waren unter anderem ein wichtiger Trumpf für den Verbleib dieses Departementes in der Bundeshauptstadt. Zusammen mit der Hochschule der Künste ist vorgesehen, diese beiden Abteilungen in einen neu zu bauenden Campus im Weyermannshaus zu verlegen. Mit Ausnahme der «Lädere» und des «TecLab» werden alle übrigen Departemente in Bern und Biel konzentriert.

Grossratsmitglieder halten Wort
Fast einstimmig nimmt der Berner Grosse Rat vom Bericht des Regierungsrates über die Standortkonzentration der Berner Fachhochschule Kenntnis. Mit 136 Ja zu einer Neinstimme bei elf Enthaltungen hält sich das Kantonsparlament an die seinerzeitige Absprache, bei einer Verlegung des Departements Architektur von Burgdorf nach Biel dafür zu sorgen, dass der Techstandort Burgdorf trotzdem erhalten bleibe. Das ist nun geschehen und stellt nach Ansicht praktisch aller Involvierten die bestmögliche Lösung in einem jahrelangen Streit dar.

Nicht nur im Emmental und Oberaargau, auch in anderen Regionen des Kantons Bern – von deren Grossratsmitgliedern ebenfalls sehr viel Unterstützung für eine Beibehaltung des Burgdorfer Tech- beziehungsweise BFH-Standortes zu spüren gewesen ist – herrscht grosse Freude über den nun gefundenen Kompromiss, denn alle haben sich engagiert für den Bildungsstandort Burgdorf eingesetzt. Leider haben sich bis vergangenes Jahr die Fronten über die Departementsstandorte derart verhärtet, dass eine Lösung fast unmöglich erschien.

Als Erziehungsdirektor und Regierungsrat Bernhard Pulver vergangene Woche in Burgdorf zum Thema Lehrplan 21 referiert, kann sich ein grosses Publikum ein Bild von seiner sprachlichen Überzeugungskraft machen. Die hat er auch für eine Lösung beim BFH-Standort Burgdorf angewendet; dank seinem 2015 vorgelegten Kompromissvorschlag kann die Begleitgruppe, in der alle Betroffenen vertreten gewesen sind, die jetzt akzeptierte Lösung erarbeiten, die alle Interessengruppen befriedigt.

Name mit Klang
Die Technische Fachschule TF, weitherum als «Lädere» (früher «Lehrwerkstätten» Bern) bekannt, geniesst nach wie vor als Bildungsstätte einen ausgezeichneten Ruf. Vor dem Umzug aufs Gsteig muss ein neuer Campus erstellt werden, für dessen Realisation beziehungsweise Finanzierungskredit die Burgdorfer Baudirektion umgehend die Arbeit aufnimmt. Das Gleiche gilt fürs TecLab auf dem Jlco-Areal, das gemeinsam von der BFH und TF aufzubauen ist. «Dieses versteht sich als offenes und innovatives MINT- und Cleantech-Laboratorium (MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). In einer MINT-Werkstatt solle der Nachwuchs in technischen Berufen gefördert werden. Zudem soll das TecLab praxisorientierte Weiterbildung (Tertiärstufe B) auf dem Gebiet von Cleantech und alternativen Energien anbieten», informiert die Präsidialabteilung bzw. Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch.

Diese Lösung stelle sicher, dass Burgdorf seine Tradition als Bildungsstandort für technische Berufe fortsetzen könne. Die BFH bleibt mit einem Ableger in Burgdorf vertreten. Die Umsetzung der nun festgelegten Standortwahl für «Lädere» und TecLab wird voraussichtlich acht Jahre dauern.

Pulver will den Kompromiss
Offiziell will die Erziehungsdirektion diese Varianten nun einer «ergebnisoffenen» Prüfung unterziehen, bevor der Regierungsrat im Herbst dem Grossen Rat einen Vorschlag unterbreiten wird. Erziehungsdirektor Pulver gibt sich am Dienstag aber wenig Mühe, seine Sympathien für Variante 3 zu verstecken. Mehrmals betont er, dass sie – im Unterschied zu den beiden anderen – mit dem neuen Kompetenzzentrum einen «Mehrwert» biete: «Das könnte der Ausweg aus der Konfrontation zwischen Bern und Burgdorf sein», sagt er.

Dass Pulver sich so sehr um einen Kompromiss bemüht, hat einen einfachen Grund: Der Grosse Rat hat 2012 nicht nur entschieden, dass die Technischen Departemente in Biel konzentriert werden sollen, sondern auch, entgegen dem Willen des Regierungsrats, dass Burgdorf ein BFH-Standort bleiben soll. Laut der Planungserklärung, die das Parlament damals überwiesen hat, ist «nochmals umfassend zu prüfen, wo die verbleibenden Departemente konzentriert werden». Die Standorte Bern und Burgdorf seien dabei «gleichwertig zu prüfen». Dies widerspreche dem Auftrag, Burgdorf müsse ein BFH-Standort bleiben, sagt Pulver am Dienstag. «Das Parlament verlangt von uns die Quadratur des Kreises, aber das bringen wir schon irgendwie hin.»

Gerti Binz


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