Mobbing – was soll man tun?

  06.07.2016 Aktuell, Bildung, Burgdorf, Gesellschaft

Angeboten wurde der Vortrag von der Sektion Bern des Schweizer Berufsverbands für Pflegepersonal. Referent Patrick Villoz, lic. iur. und Mediator der Rechtsberatung SBK Bern, verstand es spannend und einfühlsam zugleich, sich mit dem (hauptsächlich weiblichen) Publikum dem Problem Mobbing zu stellen. Am Beispiel eines Bergsteigers, der in der Felswand steckt, mit dem Körper und Gesicht an den Felsen gepresst, definierte er in etwa das Gefühl von Ausweglosigkeit und grosser innerer Anspannung, denn ein falscher Schritt könnte schwerwiegende Folgen haben. «Retten könnte ihn, wenn er sich etwas zurücklehnt, was sein Blickfeld weiten würde, er würde so einen Überblick gewinnen, seine Griffe und Tritte und den weiteren Weg sehen», erklärte er und stellte eingangs die Frage in den Raum, wie sich dieser weitende Blick beim Mobbingopfer einstellen könnte.

Mobbing, sagt das Bundesgericht, ist «systematisches, feindliches, über einen längeren Zeitraum anhaltendes Verhalten, mit dem eine Person an ihrem Arbeitsplatz isoliert, ausgegrenzt oder gar von ihrem Arbeitsplatz entfernt werden soll».

Wer mobbt, ist «Täter», und dieser bestimmt die «Spielregeln», etwa in der Herabsetzung von Position und Rang des Opfers. Schlimm, wenn sich hier das betriebliche Umfeld passiv verhält, oder gar die schwächere Partei systematisch angegriffen oder gebrandmarkt wird.

«Mobbing ist versteckt, entsteht aus einzelnen Meinungsverschiedenheiten, Streitigkeiten und Ungerechtigkeiten», erklärte Patrick Villoz zum Eskalationsprozess der Konflikte. Mobbing habe viele Akteure und es bestünde ein Zusammenspiel der verschiedenen Personen, der Opfer, der Mitarbeitenden und der Vorgesetzten. Eine betroffene Person dürfe nicht nur auf die äussere Lösung des Konflikts fixiert sein. Sie könne vielmehr mit der nötigen professionellen Unterstützung darauf vertrauen, dass sie durch die leidvolle Erfahrung einen besseren Stand im Leben gewinnen könne, als sie zuvor hatte, wenn sie sich entsprechend mutige Ziele vornehme. Hierzu sei der Blick auf Persönlichkeiten hilfreich, die eine grössere Freiheit im Leben errungen haben.

Hinsehen
Der Appell des Referenten an das Publikum (viele aus dem Bereich Pflege) war, als Kollegen oder Mitarbeiter in einem Betrieb hinzuschauen, wie es dem anderen geht. Nicht schweigen, wenn offensichtlich gemobbt wird, aktiv, wach sein, wenn Kollegen ungerechtfertigter Kritik ausgesetzt werden, über sie grundlos gelästert, ihnen gedroht, ihnen Fehler unterstellt oder die Arbeit erschwert wird. «Mobbing ist Persönlichkeitsverletzung, kann also rechtlich eingeklagt werden», erklärte der Referent in seinen Ausführungen.

«Der Mensch muss einfach wieder in den Vordergrund gestellt werden, trotz wirtschaftlichem, finanziellem oder Leistungsdruck der Gesellschaft oder der Firma», meinte er abschliessend. Es war kein Verhaltens-ABC, um gemobbten Personen zu helfen, aber ein Plädoyer für die Achtsamkeit bei der Zusammenarbeit mit Arbeitskollegen/-innen.

Mit einem Zitat von Heinz Grill machte er zusätzlich nachdenklich: «Der Konflikt, mit seinem Auf- und Niedertreten, interessiert die Seele des Menschen nur so weit, als dass sie daraus die nächstmöglichen Tugenden entfaltet.»

Sylvia Mosimann


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote