«Schokolade gegen Krebs» – die bunte Welt der Studien
21.11.2016 Aktuell, Bildung, Burgdorf, GesellschaftWas Studien sagen können – und was nicht, wurde im «Schützenhaus» Burgdorf näher betrachtet.
Wer nun an die Entdeckung von Schokolade als bahnbrechendes Mittel gegen Krebs dachte, lag falsch. Im Kleingedruckten der Einladung zum Herbstvortrag erklärte der Referent Apotheker Martin Beyeler, dass es weder um Schokolade noch um Krebsforschung gehe, sondern um eine kurzweilige, leicht verständliche Einführung in die Welt der Studien, darüber, was echten Boden hat oder nur Schall und Rauch ist.
Täglich begegnen uns Studien. In Zeitungen werden sie zitiert, um alle möglichen und unmöglichen Dinge zu beweisen. Meist werbewirksam, manchmal verunsichern sie oder bestätigen eigene «Testverfahren» und «Selbstversuche». So wie die erprobte Wirkung der Zahnseide, die der Referent als eigenes «Studienergebnis» zum Besten gab. «Eine Studie ist eine Studie, bis sie Wirkung zeigt und Gegenwirkung bewiesen ist», hielt er fest.
Aussagekraft
Basierend auf Expertenmeinungen, Fallstudien, Interventionsstudie und systematischer Übersicht entsteht die Aussagekraft einer Studie. Ziel jeder guten klinischen Studie ist, dass sie unbewusste Verfälschung ausschliesst. Die Pharmaindustrie mache viel Gutes, aber über schiefgelaufene Projekte werde nicht gerne gesprochen, weiss Martin Beyeler. Zu den Spekulationen über Alusubstanzen in Deosprays legte er eine Stellungnahme des Bundesamtes für Risikobewertung vor. Im ersten Teil schliesst diese das Krebs- oder Alzheimerrisiko nicht aus, schreibt aber im Schlusssatz: «Ein Zusammenhang konnte trotz entsprechender Studien aufgrund der inkonsistenten Datenlage wissenschaftlich bisher nicht belegt werden.» Gleich verhält es sich mit der Wirkung der Ohrkerze, die angeblich Ohrenschmalz aus den Ohren holen kann – könnte – sollte.
Scheintherapien
Placebo – kontrollierte Studien sind keine unethischen wissenschaftlichen «Experimente», versicherte Martin Beyeler. Es sind ernsthafte, wichtige Forschungen im Bereich von Schmerztherapien. Die Probanden stehen unter ärztlicher Aufsicht. Studien, die mit Menschen gemacht werden, müssten zwingend veröffentlicht werden, jedes kleinste Detail minuziös im Studienbericht dokumentiert sein.
Im Internet sind unzählige medizinische Studien zu finden. Für alles und gegen alles. Aber im ganzen Studienlatein findet sich nicht jeder zurecht. Kritisch sein und hinterfragen, was als neuste medizinische Studie angeboten wird oder als Neuheit auf dem Kosmetikmarkt gepriesen wird.
Als «Wohlfühl-Placebo» bot Thomas Zbinden feine Schoggikugeln an, denen kaum jemand widerstehen konnte. Belustigt über die humorvollen Ausführungen Beyelers war sich das Publikum einig: Alles lesen, nicht alles glauben. Und eine Dame witzelte: «Zu Risiken und Nebenwirkungen frage ich meinen Apotheker.»
Sylvia Mosimann