Unterschriften kommen problemlos zusammen
07.02.2017 Aktuell, Politik, Burgdorf, GesellschaftAn der Stadtratssitzung vom Dezember 2016 gibt die Vorlage «Teilrevision der Baurechtlichen Grundlage» viel zu diskutieren. Vor allem der Punkt «Alpina-Areal neu mit ZPP» (Zone mit Planungspflicht) stösst auf Widerstand.
Zusätzliches Vollgeschoss
Der Investor Ecoreal Schweizerische Immobilien Anlagestiftung in Zürich hat gemäss vorliegendem Projekt von Architekt Rudolf Rast, Bern, die früher für dieses Areal geltende Geschossfläche von drei Vollgeschossen plus Attika bereits vor der behördlichen Genehmigung mit dem eventuellen Zusatzbonus von einem Vollgeschoss geplant. Die Initianten fordern die Entlassung des Areals aus der ZPP und wie bei den umliegenden Gebäuden nur dreieinhalb Geschosse. Um das Gesamtprojekt Teilrevision nicht zu gefährden, wovon auch der Casino-Umbau mit ca. einem Jahr Verzögerung betroffen gewesen wäre, hat der Stadtrat im Dezember eine separate Abstimmung zur Alpina-Liegenschaft mit möglichem fakultativem Referendum beschlossen. Die gesamte Teilrevision passiert einstimmig, die dort aufgegleisten ZPP-Bauprojekte werden nicht gefährdet. Die Abstimmung zum Alpina-Areal endet mit 34 Ja zu 4 Nein, womit ein Referendum sicher gewesen ist.
Parkplätze und Verkehr
Nicht nur in der unmittelbaren Nachbarschaft, auch im Schlossmattquartier ist man von den Neubauplänen nicht nur begeistert. Innert kurzer Frist unterschreiben 405 Personen die Unterschriftenbögen. Die Initianten Hansueli Dür und Urs Weber rechnen mit knapp 500 Unterschriften bis zum Stichtag. Der Text lautet: «Gegen diese nicht quartierverträgliche und das Ortsbild störende ‹Staumauer›. Drei Etagen plus Attika reichen.»
Mit dem Referendum soll erreicht werden, dass «auf politischem Weg für diesen Standort der Artikel 52 (Stockwerkbonus) entfällt, dass die heutige Quartierstruktur nicht durch ein überdimensioniertes Bauwerk der Stadt viele ästhetische Nachteile bringt und die Massstäblichkeit verletzt, dass das Ortsbild von Stadt und Schloss aus Richtung Süden gesehen nicht durch einen übergrossen Riegel verschandelt wird und dass sich die Nachbarn und Steuerzahler in diesem Quartier in den Planungsprozess einbringen können und diese störenden Eingriffe nicht einfach erdulden müssen.»
Fremdkörper im Quartier
Letzten Freitag nimmt Stadtpräsident Stefan Berger die Unterschriften von den Referendumsinitianten Hansueli Dür und Urs Weber entgegen. Er mache das zum ersten Mal, aber er habe ja eine eingespielte Crew. Die Unterschriften werden geprüft, als Abstimmungsdatum steht bereits der 24. September 2017 (eidgenössische Abstimmung) fest. Weber betont, dass nach der separaten Abstimmung im Stadtrat über das Alpina-Areal «ein Referendum unbedingt nötig geworden ist». Die Gesamtrevision habe man wegen des Casinos keinesfalls gefährden wollen. Dür betont die nicht verträgliche Bauweise dieser geplanten «Staumauer» von 70 m Länge und fünf Etagen Höhe. «Das passt einfach nicht. Eine gute Architektur fügt sich in die vorhandenen Baukörper ein.»
Laut Stadtschreiber Roman Schenk «geht es bei der Abstimmung im September darum, ob der Gemeinderat die Kompetenz verliert, entsprechend der ZPP-Regel Nr. 52 auf dem Alpina-Areal ein zusätzliches Stockwerk zu bewilligen. Wenn das Referendum angenommen wird, können nur noch drei Stockwerke plus Attika bewilligt werden. Ein Referendum kostet ca. 30 000 Franken, welche die Stadt Burgdorf übernimmt. Das ist gelebte Demokratie», hält Schenk fest.
Nur Vorteile bei ZPP
Im Vorfeld der Unterschriftensammlung haben sich verschiedene Seiten (Liegenschaftsbesitzer, Unternehmer, Investoren) dahingehend geäussert, dass in letzter Zeit zu viele baufähige Grundstücke mit einer ZPP belegt werden, was die Entscheidungsfreiheit der Vorgenannten einschränke. Teilen die Verantwortlichen in der Baudirektion diese Ansicht?
Laut Peter Hänsenberger, Chef der Baudirektion Burgdorf, «sehen wir das nicht so. Es ist übrigens auch nicht der Fall, dass in der im Dezember 2016 vom Stadtrat beschlossenen revidierten Zonenplanordnung wesentlich mehr ZPP-Areale ausgeschieden worden sind. Einige wenige sind im Bereich des Bahnhofs neu festgelegt, verschiedene sind aber auch aufgehoben worden. Grundsätzlich arbeiten wir mit diesem Instrument ZPP seit dem Jahr 1991. Damals wurde die Gesamtrevision der baurechtlichen Grundordnung erarbeitet. Dieses System hat sich bewährt. Die Zonen mit ZPP erlauben ein Gebiet zu bezeichnen, in welchem von Anfang an gesamtheitliche Überlegungen angestellt werden können, damit dieses Areal geordnet und dicht überbaut werden kann. Dies entspricht ja auch dem revidierten Raumplanungsgesetz, welches von der Schweizer Bevölkerung deutlich angenommen wurde.»
Erstaunt über Kritik
Hänsenberger hält fest, dass er «diese Kritik zum ersten Mal hört». Bis jetzt habe er insbesondere von Investoren positive Rückmeldungen zum Instrument Zonen mit Planungspflicht erhalten. «Eine ZPP verhindert, dass mit Einzelbauvorhaben eine geordnete Entwicklung verhindert wird, und gleichzeitig bekommen Grundeigentümer und Investoren die Möglichkeit, eine dichtere Überbauung zu realisieren.» Als weiteren Vorteil nennt er «bei den ZPP die Beschlusskompetenz des Gemeinderates. Das bedeutet schlanke Wege. Der Stadtrat und allenfalls die Stimmberechtigten (bei fakultativem Referendum) können zu einem frühen Zeitpunkt – bei der Festlegung der ZPP im Zonenplan – darüber befinden.»
Gerti Binz