Ausserordentliche Mitgliederversammlung der Spitex AemmePlus

  23.10.2017 Ersigen, Gesellschaft

Nicht ganz diskussionslos lief die ausserordentliche Mitgliederversammlung der Spitex AemmePlus (19 Gemeinden der Region) im Saal des Landgasthofs Bären in Ersigen ab. Es ging um die Information und Beschlussfassung zur Gründung einer «Spitex AemmePlus AG».
Der Verein Spitex AemmePlus verfolgt seit seiner Gründung das Ziel, der älteren und pflegebedürftigen Bevölkerung im Einzugsgebiet mannigfaltige Dienstleistungen anzubieten, um dadurch das Wohnen und Leben zu Hause möglichst lange zu ermöglichen und zu unterstützen.
Jeannette Jufer, Präsidentin des Vereins Spitex AemmePlus, erläuterte, dass sich in letzter Zeit die Rahmenbedingungen für die öffentliche Spitex drastisch verändert haben und dadurch eine Zweiteilung der Aufgabenbereiche notwendig wird.
Bis anhin ist die öffentliche Spitex als Teil der medizinischen Grundversorgung vom Kanton beauftragt, ein klar umrissenes Spektrum an ärztlich verordneten Pflege- und Unterstützungsleistungen zu erbringen. Durch Kürzungen der Beteiligung an die anfallenden Kosten engt der Kanton die wirtschaftlichen Bedingungen für die Leistungserbringung ständig weiter ein. Dadurch wächst permanent der ökonomische Druck auf die Organisationen. Zugleich besteht in der Bevölkerung eine grosse Nachfrage nach Leistungen, für welche sich der Kanton immer eindeutiger als nicht zuständig erklärt.

Gemeinnützige AG
«Mit der angestrebten Auslagerung eines Teils des Spitex-Betriebs in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft sollen nun die vom Kanton nicht mit­finanzierten Leistungen wie der Mahlzeitendienst, Entlastungsangebote für Angehörige, die Koordination der Fahrdienste etc. abgetrennt und vom Verein wahrgenommen werden», erklärte Jeannette Jufer. Die genaue Aufgabenverteilung sei noch nicht festgelegt. Die entsprechenden Dienstleistungen könnten aber vom Verein an die neue Betriebsgesellschaft (AG) übertragen werden. Bisher finanzierte der Verein diese Leistungen aus dem ihm zur Verfügung stehenden Vereinsvermögen, welches durch Mitgliederbeiträge, Spenden und Legate geäufnet wird.

Zuständigkeiten
Die Führungsrolle der Spitex AemmePlus, als eine der grössten Organisationen im Kanton Bern mit 220 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von 9 Millionen Franken, ist unbestritten. Die Gründung einer Aktiengesellschaft ist plausibel, die Strukturen und Zuständigkeiten sind jedoch noch weitgehend unklar. Letzteres kritisierte Susanne Schär-Wymann, Gemeinderätin von Kernenried. Sie betonte, der Gemeinderat von Kernenried sei der Ansicht, der Vorstand des Vereins könne den Betrieb ebenso professionell führen wie ein Verwaltungsrat einer AG. Analog einer AG kann auch ein Verein mit weiteren Akteuren eine Partnerschaft eingehen. Weiter warf sie die Frage auf, wie neben dem jährlichen Verwaltungsratshonorar ein zusätzliches Sitzungsgeld von 300 Franken im Vergleich zur Entlöhnung einer Nachtwache zu rechtfertigen sei. Peter Schürch, Gemeinderat Ersigen, stiess sich an der «Ungleichheit» der Entschädigungen der Führungsgremien auf der strategischen Ebene. Die Kosten beim Vereinsvorstand belaufen sich für angenommene vier Sitzungen pro Jahr auf etwa 4900 bis 7500 Franken für 3 bis 5 Mitglieder, beim Verwaltungsrat der AG dagegen auf 21 600 bis 42 400 Franken bei 3 bis 7 Mitgliedern. Diese Ungleichheit und die hohen Verwaltungsratshonorare stören nicht nur den Gemeinderat von Ersigen, sondern auch weitere Vereinsmitglieder. Jeannette Jufer erklärte, die Entschädigungen würden dem geschätzten Aufwand entsprechen. Über die Honorare sei lange diskutiert worden. Schliesslich habe man sich auf die vorliegende Entlöhnung geeinigt. Im Weiteren kritisierte Peter Schürch die geplante Struktur der Zweiteilung als intransparent, kompliziert und ineffizient. Es stelle sich die Frage, weshalb zwei Gesellschaften mit Leitungsgremien für die Führung der Geschäfte notwendig seien.
Die 16 Gegenstimmen (dazu gehören die Stimmen von vier Gemeinden) bei einer Enthaltung waren Ausdruck des Unmutes der Votanten. Mit 96 Stimmen wurde dem Antrag zur Gründung einer Aktiengesellschaft dennoch deutlich zugestimmt. Dieses «Ja» sei zukunftsweisend für die Spitex AemmePlus, freute sich die Vereinspräsidentin Jufer.
Sylvia Mosimann


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