Ein Leben voller Abenteuer

  29.01.2018 Aktuell, Kultur, Burgdorf, Gesellschaft

Eigentlich wollte der in Burgdorf wohnhafte Autor Wilfried Meichtry auf Drängen von Kameramann Pierre Reischer nur einen halben Tag in Romainmôtier mit Katharina von Arx und ihrem mittelalterlichen Priorenhaus verbringen. Er arbeitete gerade an seiner Mani-Matter-Biografie und hatte kaum Zeit. «Jetzt sind sieben Jahre daraus geworden», stellt Meichtry im Interview mit der Zeitung «D’REGION» fest. Meichtry hatte sich in dieser Zeit intensiv mit Katharina von Arx und ihrem 1976 verstorbenen Mann Freddy Drilhon auseinandergesetzt. So veröffentlichte der bekannte Autor, aus dessen Feder etwa die Biographie und das Drehbuch «Verliebte Feinde. Iris und Peter von Roten» stammt, 2015 das Buch «Die Welt ist verkehrt, nicht wir!», welches die abenteurliche Biografie des Paares Katharina von Arx und Freddy Drilhon schildert. Die Lebensgeschichte des Paares wird auch in Meichtrys neuem Film «Bis ans Ende der Träume» dargestellt, mit welchem er am Freitag, 26. Januar 2018 an den Solothurner Filmtagen sein Regiedebut feierte.

Ein Leben ohne Grenzen
Die Lebensgeschichte von Katharina von Arx ist unglaublich. So unglaublich, dass selbst Wilfried Meichtry zuerst seine Bedenken hatte. Bei seinen Besuchen in Romainmôtier erzählte sie ihm von ihrer Weltreise als junge Frau. Fast ohne Geld sei sie per Anhalter mit Auto, Schiff und Flugzeug durch die Welt gereist. Sie erzählte, wie sie beinahe im Harem eines Maharadschas gelandet wäre. Wie sie im indischen Radio «vo Luzern gäge Weggis zue» gesungen und mit ihrem Mann Freddy Drilhon in der Südsee Kannibalenstämme besucht habe. Wilfried Meichtry erinnert sich noch gut daran: «Ich hielt sie zuerst für die Baronin von Münchhausen. Ich habe gedacht, dass sie mir Lügengeschichten erzählt.» Doch schon bald machte ihm Katharina von Arx ihr Archiv auf dem Dachstock des Priorenhauses zugänglich.
Wilfried Meichtry wurde klar, dass er einen Schatz entdeckt hatte. Hier war er auf eine Geschichte gestossen, die es sich zu erzählen lohnt. Schon bald nahmen sie ihre Interviews mit Kameras auf und Katharina von Arx erzählte stundenlang aus ihrem abenteuerlichen Leben.
Neben den gefilmten Interviews studierte Meichtry das Archiv und erhielt Einblick in die Tagebücher und Korrespondenzen von Katharina von Arx.  «Es steckte sehr viel Idealismus dahinter. Zu Beginn hatten wir sehr wenig Geld», berichtet Meichtry zur frühen Idee des Filmes. Doch schon bald merkte er, dass auch ein Film begrenzt. «Man kann nicht das ganze Bild zeigen». Deshalb entstand aus seinen Vorarbeiten zum Filmprojekt und weiteren Recherchen die Biografie «Die Welt ist verkehrt, nicht wir!».

Blick in die Vergangenheit
Doch der Traum vom Film war noch nicht ausgeträumt. Die spannenden Erzählungen von Katharina von Arx und die spezielle Atmosphäre des Priorenhauses, in welchem sie bis zu ihrem Tod 2013 gelebt hatte, brachten Meichtry schon früh auf die Idee, gewisse Szenen aus Katharinas Leben mit Schauspielern nachzudrehen. Im fertigen Film treten die mehrfache Schweizer-Filmpreis-Gewinnerin Sabine Timoteo als Katharina von Arx und der Schauspieler Christophe Sermet als Freddy Drilhon auf. Diese Schauspielerwahl gefiel auch Katharina von Arx. Besonders Christoph Sermet hatte es ihr angetan, da er ihrem Mann Freddy Drilhon stark glich. Allgemein fand Katharina von Arx grosse Freude am Filmprojekt. Für Meichtry ist klar, dass sie Herausforderungen liebte und so auch diesen Film als eine willkommene Chance sah. Lange hatte sie über ihre Vergangenheit geschwiegen und nutzte nun die Gelegenheit, um sich endlich wieder einmal deutlich an ihr Leben und an ihren Mann zu erinnern. Der Film schildert das Leben von Menschen, die ihren eigenen Weg auch gegen Widerstand gehen. Katharina von Arx, welche sich gegen die schweizerische Verklemmtheit stellte und in die Welt ausbrach. Freddy Drilhon, der aus der französischen Oberschicht stammende Reporter und Fotograf, der unter anderem jahrelang bei ehemaligen Kannibalen gelebt hatte. Und schliesslich ihr Abenteuer in der Heimat in ihrem Haus in Romainmôtier, einer Ruine, die sie 1959 für 48 000 Franken gekauft und mühsam restauriert hatten. Das Haus verschlang Nerven und Geld, und schliesslich auch die Ehe selbst. Freddy Drilhon zog aus, befreundet blieben die beiden aber bis zu seinem Tod im Jahr 1976.

Grosse Emotionen und zeitlose Themen
Zweieinhalb Jahre verbrachte Meichtry mit Katharina von Arx. Zusammen unternahmen sie 2012 sogar eine Reise nach Paris, auf den Spuren ihres Mannes Freddy Dilhon. Schliesslich starb sie unerwartet im Jahr 2013 in ihrem Haus in Romainmôtier. «Das Haus war sie und sie war das Haus», stellt Meichtry rückblickend fest.
Meichtry geht es im Film aber nicht alleine um die Lebensgeschichte von Katharina von Arx. Auch ganz zeitlose Fragen werden aufgeworfen. Zentral für Meichtry ist etwa: «Was macht man mit seinem Leben?» Film und Buch versuchen, auf ein selbstverwirklichtes Leben zu blicken mit den Höhen und Tiefen, wie sie ein Leben ausmachen.
«Schlussendlich ist es eine Geschichte, die ans Herz geht», findet Meichtry. Mit dem Buch und dem Film wolle er vor allem «die Emotionen, die die Geschichte bei mir ausgelöst hat, mit einem Publikum teilen».
Schon vor der Veröffentlichung konnten erste Erfolge gefeiert werden. Im Herbst 2017 wurde die Musik von Balz Bachmann mit dem Schweizer Filmmusikpreis ausgezeichnet.


David Kocher

 


Film-Matinée am Sonntag, 4. Februar 2018, in Anwesendheit von Cast und Crew.
Beginn: 10.30 Uhr im Kino Krone Burgdorf. Wilfried Meichtrys Buch «Die Welt ist verkehrt, nicht wir!» wird ebenfalls erhältlich sein. Abgerundet wird das Event mit einem anschliessendem Apéro.


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