Der ganz normale Wahnsinn im Alltag

  13.02.2018 Aktuell, Kultur, Burgdorf, Gesellschaft, Vereine

Nachdem Daniel Nobs, verantwortlich für Regie und Bearbeitung, die Anwesenden im bis auf den letzten Stuhl besetzten Theater begrüsst hat, entschuldigt er «die krankheitsbedingte Abwesenheit des Regisseurs». Leichte Verwirrung, der da vorn ist doch Nobs. Dieser serviert ein Feuerwerk an alltäglichen Episoden: «Nein, die Inspirationen für das Stück haben nichts mit dem eigenen Leben zu tun, das getrost als Sumpf bezeichnet werden kann. Klar habe er geliebt, kreuz und quer sogar, Erfahrungen sind nötig.» Das Publikum erhält einen ersten Eindruck von den kommenden Beziehungskisten.

Wenn ich nicht schlage, ist es Liebe
Die Schülerinnen Zoë Käsermann und Amanda Gremlich sollen Schulaufgaben machen und nerven sich gegenseitig. Sie spielen heiraten, bevorzugtes Objekt ist der eigene Vater. Lange Diskussionen, was dann mit der Mutter geschehen soll. Oder doch den Klassenkameraden Janik heiraten, den die eine liebt. Wie merkt man, dass man verliebt ist? «Ganz einfach. Wenn er beim Spielen etwas kaputt macht und ich ihn nicht schlage, dann ist das Liebe.» Schliesslich jagt das siebenköpfige Erwachsenen-Ensemble die Kinder mit Gekeife ins Bett, damit die Vernünftigen unter sich bleiben können.

Mit der gemeinsamen Fahrt im Lift und den laut ausgesprochenen geheimsten Gedanken und Wünschen von Herrn und Frau Arbeitskollege gewinnt der Abend an Fahrt. Sie ziert sich und wünscht «action», er zögert und hofft auf mehr. Eigentlich wollen beide ähnliches Unausssprechliches.

Die neu zugezogene Mieterin spioniert ihren muskelbepackten Wohnungsnachbarn aus, lästert, dass sich die Balken biegen und hofft, dass er ihre Einladung zum Tee endlich annimmt. Ein beängstigend aufdringlicher Inspektor seziert Haus und Haushalt der verschreckten Ehefrau und möchte noch über die Dienstleistungsmöglichkeiten des Hausherrn aufgeklärt werden.

Temperamentsausbrüche erst beim rituellen Spiel
Er liest den Sportteil der Zeitung, sie bringt die Schnur zum Zeitungsbündeln. Ein hässiges Hin und Her mit Tricks und Gezischel, schliesslich der Aufruf zum Wettstreit. Beide blühen auf, endlich kommt Leben in die Beziehung. Beim Thema wie z.B. Mensch müssen beide eine Aufgabe lösen. Wer gewinnt, bekommt einen Punkt. So viel Engagement, Temperament, Leidenschaft und Schadenfreude traut man beiden kaum zu. Und doch ist es der vielerorts gelebte Alltag.

Berni langweilt sich mit Blondy, bis ein ausgeflippter Cowboy ihre Welt auf den Kopf stellt. Manche würde gerne das Gleiche wagen, wenn der Weg nur nicht so steinig wäre.

Der Hund ist des Menschen bester Freund. Nach dem Auszug diverser Frauen bleibt ihm nur noch Mädi, und der Hund will einfach nicht so wie er. In welcher Beziehung wird nicht mit ganz ähnlichen Methoden, Belohnung und Strafe, um die Poleposition gerungen.

Mit dem störenden Druck im Kopf und dem endlos Leiden lebt sich ganz gut, wenn die anderen zur Rücksicht gezwungen werden. Fast überall gibt es einen leidenden Erpresser. «Laken lieben Taten»; er redet und sie will. Ein Psychiater hat nach 30 Jahren genug von den Problemen seiner Patienten. Er rastet aus, will selber Zuwendung und Aufmerksamkeit. Bei der Heirat versprechen sie sich Treue. Wer fremd geht, muss ein Reiskorn ins jeweilige Kästli legen. Fremdgehen kann Leben retten.

Beim anschliessenden Premiere-Apéro bleibt das Publikum noch lange beisammen.

Gerti Binz

Weitere Aufführungen: Mi 14.2., 21.2.; Fr 16.2., 23.2., 2.3.; Sa 17.2, 24.2., 3.3.(Dernière), jeweils 20.15 Uhr, So 18.2., 16 Uhr. Rückfragen info@theater-z.ch


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote