«50 plus – wenn die Tage in die Jahre kommen»

  10.12.2018 Bildung, Foto, Burgdorf, Region

Am Donnerstag, 13. Dezember 2018, 19.00 Uhr, findet im Kurslokal (Erdgeschoss) des Spitals Emmental in Burgdorf der letzte Publikumsvortrag des Jahres 2018 statt. Gestaltet wird dieser von Dr. med. Sibylle Fässler Waber, der Leitenden Ärztin Gynäkologie und Geburtshilfe. Das Thema des Referats: «Wechseljahre: 50 plus – wenn die Tage in die Jahre kommen». Der Eintritt ist wie immer frei, eine Anmeldung ist nicht nötig. Nach dem rund 75 Minuten dauernden Vortrag offeriert das Spital Emmental einen alkoholfreien Apéro, bei dem die Möglichkeit besteht, Dr. med. Sibylle Fässler Waber auch noch persönliche Fragen zu stellen.

«D’REGION»: Wie wird der Aufbau Ihres Publikumsvortrages über die Wechseljahre sein?
Dr. Fässler: Ich werde die Vortragsziele aufzeigen und dann anhand des Hormonzyklus die Symptome der Wechseljahre ableiten. Zudem werde ich auf die Therapien zu sprechen kommen und einen Ausblick in die Zukunft liefern.

«D’REGION»: Dass Frauen in die Wechseljahre kommen, ist bekannt. Gibt es auch bei den Männern eine Art Wechseljahre – wenn ja, wie äussern sich diese?
Dr. Fässler: Auch bei den Männern sind Wechseljahre bekannt. Dies durch die Abnahme von Testosteron, das gleichzeitig ein Vorläufer des Östrogens ist. Der Unterschied ist, dass der Abfall dieses Hormons sehr langsam erfolgt und dass er nicht bei allen Männern gleich ausgeprägt ist. Bei einem Teil der Männer liegen sogar normale Hormonspiegel bis ins hohe Alter vor.

«D’REGION»: Zurück zu den Frauen. Wie definieren Sie Wechseljahre und Menopause?
Dr. Fässler: Es sind die Jahre nach den letzten Tagen. Diese dauern etwa bis 70.

«D’REGION»: Stimmt es, dass Frauen durchschnittlich mit 51 Jahren in die Wechseljahre kommen – oder haben Sie als Fachärztin festgestellt, dass dieses Alter auch mal deutlich tiefer oder klar höher liegen kann?
Dr. Fässler: Es stimmt, dass dieses Durchschnittsalter bei 51 Jahren liegt. Es gibt aber Frauen, die viel früher in die Wechseljahre kommen – aber auch solche, die erst mit 55 Jahren oder sogar noch später in die Menopause kommen.

«D’REGION»: Häufig sind Hitzewallungen, nächtliche Schweissausbrüche, Nervosität, Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen Symp­tome für die Wechseljahre. Sollen Frauen mit solchen Symptomen ärztliche Hilfe beanspruchen oder vorerst zuwarten und gucken, ob sich die Situation bald bessert?
Dr. Fässler: Hilfe benötigen Frauen nur, wenn sie mit diesen Auswirkungen nicht leben können und wollen. Häufig versuchen sich Frauen mit den oben erwähnten Symptomen selber zu helfen und kaufen sich pflanzliche Heilmittel in der Drogerie oder in der Apotheke.

«D’REGION»: Wie sieht es mit der Menstruation während der Wechseljahre aus – gibt es grössere Unterschiede?
Dr. Fässler: In den Wechseljahren gibt es keine Menstruation mehr. Vor den Wechseljahren kann die Periode jedoch unterschiedlich ausfallen. Es ist bekannt, dass es bei gewissen Frauen zu starken Blutungen kommen kann. Andere Frauen hingegen haben die Menstruation immer seltener und immer schwächer.

«D’REGION»: Werden Ihnen Frauen mit Beschwerden infolge der Wechseljahre in der Regel von Hausärzten zugewiesen oder nur in «schweren» Fällen?
Dr. Fässler: Die betroffenen Frauen melden sich mit diesen Problemen in der Regel bei uns Fachärztinnen. Dies deshalb, weil eine Therapie erst nach umfangreichen Abklärungen wie beispielsweise Mammografie, Krebsabstrich und einem Ultraschall der Eierstöcke erfolgen sollte. Gute Kenntnisse sind nötig, damit der Frau genau die auf sie angepasste Therapie verschrieben werden kann.

«D’REGION»: Worauf führen Sie es zurück, dass in der Schweiz rund ein Drittel der Frauen über starke Wechseljahresbeschwerden klagt, ein weiteres Drittel nur geringe Symptome verspürt und das letzte Drittel beschwerdefrei bleibt?  
Dr. Fässler: Das ist wohl genetisch vordefiniert und dürfte europaweit in etwa gleich sein.

«D’REGION»: Ist es generell so, dass bei Frauen in den Wechseljahren das sexuelle Verlangen nachlässt – und wenn ja, weshalb?
Dr. Fässler: Das Verlangen kann vermindert sein. Häufiger ist aber, dass die Sexualität schon vor den Wechseljahren zu kurz kommt. Dem liegen verschiedene Ursachen zugrunde. Viele Frauen stehen wieder voll und ganz im Beruf, kümmern sich nebenbei noch um die mittlerweile meist erwachsenen oder fast erwachsenen Kinder, managen den Haushalt und das ganze soziale Umfeld, und haben dann einfach weniger Lust. Oder aber sie haben schon lange keinen Partner mehr – oder sind krank. Somit kann erkannt werden, dass das sexuelle Verlangen wahrscheinlich schon viel früher abnimmt und nicht erst mit den Wechseljahren. Aber es ist schon so, dass in den Wechseljahren noch der Hormonabfall des Östrogens hinzukommt – und Östrogen ist unser wichtigstes Sexualhormon.

«D’REGION»: Verschreiben Sie bei Wechseljahresbeschwerden oft Medikamente – wenn ja, was sollen diese bewirken und welche Erfahrungen haben Sie bisher damit gemacht?
Dr. Fässler: Selbstverständlich. Sie helfen den Frauen wieder besser zu schlafen, reduzieren die Wallungen und verbessern die Stimmung. Wenn die Leiden zu gross sind, kommen bioidentische Hormone zum Einsatz. Wir haben heutzutage sehr gute Präparate, die über die Haut appliziert werden und selbst in geringer Dosis hervorragend wirken.

«D’REGION»: Wann setzen Sie auf eine Hormonersatztherapie, und was kann sich der Laie darunter vorstellen?
Dr. Fässler: Eine Hormonersatztherapie ist sinnvoll, wenn die Symptome so stark sind, dass den täglichen Verrichtungen nicht mehr nachgegangen werden kann – also bei nächtelanger Schlaflosigkeit, wenn die Stimmung im Eimer ist und so weiter. Wie bereits erwähnt wird die moderne Therapie meist über die Haut – transdermal – verabreicht und kann sehr niedrig und individuell dosiert werden.

«D’REGION»: Können Yoga, Meditation, autogenes Training und Salbeitropfen die Wechseljahresbeschwerden lindern – oder haben Sie weitere Tipps?   
Dr. Fässler: Alles, was der Frau guttut, kann sich zwar positiv auf die Stimmung und auf den Schlaf auswirken, aber leider keine einzige Wallung verhindern. Es ist aber gut möglich, dass mit Yoga, Meditation oder autogenem Training diese Wallungen besser zu ertragen sind. Besonders gut wirkt Akupunktur. Die Salbeitropfen gehören zu den pflanzlichen Medikamenten.

«D’REGION»: Frauen können selbst in den Wechseljahren noch schwanger werden, sofern ein Eisprung stattfindet. Empfehlen Sie deshalb, mit der Verhütung – um sicher zu sein – erst etwa ein Jahr nach der letzten Regelblutung aufzuhören?
Dr. Fässler: Selbstverständlich ist eine Verhütung dringend notwendig, weil eben ein Eisprung immer wieder stattfinden kann. Ein Jahr nach den letzten Tagen kann die Verhütung sicher gestoppt werden. Allerdings muss die Frau wissen, dass sie sich unbedingt meldet, sollten die Tage trotzdem wieder zurückkommen.

«D’REGION»: Aufgrund Ihrer Erfahrungen: Was empfehlen Sie Frauen mit Wechseljahresbeschwerden primär?
Dr. Fässler: Wichtig ist, dass die Frauen rechtzeitig fachärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Also noch bevor sie Antidepressiva oder Schlafmittel einnehmen.

Zur Person
Dr. med. Sibylle Fässler Waber ist 52-jährig. Ihr Heimatort ist in Rehetobel im  Kanton Appenzell Ausserrhoden. Aufgewachsen ist sie in Schaffhausen und Lommiswil bei Solothurn. Sie ist verheiratet und wohnt seit 17 Jahren in Aefligen. Ihr Berufswunsch, Ärztin zu werden, zeichnete sich bereits als Erstklässlerin ab. Dem Studium gingen die Krankenschwester-Ausbildung und die eidgenössische Matura voraus.
Ihr beruflicher Werdegang: chirurgische Grundausbildung im Ziegler­spital Bern, drei Jahre Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Inselspital Bern, mit Spezialsprechstunden – unter anderem Senologie, Urodynamik, Dysplasie und Neonatologie. Gleichzeitig Ausbildung in der operativen Tätigkeit, speziell der Laparoskopie und der Geburtshilfe. Praxisassistenz in der Frauenpraxis Runa in Solothurn, Assis­tenzjahre im Bürgerspital Solothurn. 2005 Fachtitel FMH Gynäkologie und Geburtshilfe mit operativem Facharzt. Während der dreijährigen Ausbildung zur Oberärztin Weiterbildung speziell in der laparoskopischen Chirurgie, aber auch in der Tumorchirurgie der Brust. Breite Erfahrung im Bereich der Geburtshilfe.

Hans Mathys


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