Gelungene Dernière von «Einfache Fahrt Nordpol»

  14.01.2019 Aktuell, Kultur, Gesellschaft, Vereine, Rüdtligen-Alchenflüh

Mit dem Bühnenstück «Einfache Fahrt Nordpol» von Carl Stotboom begeisterten die Akteure der «Chäller-Kumedi» Bern das Publikum im Kultur Forum Rüdtligen-Alchenflüh. 22 Mal wurde dieses Lustspiel in berndeutscher Fassung unter Regie von Ruth Grossenbacher im Zytglogge Theater Bern aufgeführt und erlebte nun auf der Bühne im Gemeindesaal Rüdtligen-Alchenflüh eine gefeierte Dernière in meisterlicher Sprachbehandlung als Posse.
Sara Miller, die Frau des Hauses, hat für das Wochenende eingeladen. Gatte Georges ist überrascht, denn Sara kann all diese Menschen doch eigentlich nicht ausstehen. Um die Gesellschaft angenehm zu unterhalten, hat Sara den bekannten Schriftsteller Robert Johnson gebeten, einen Vortrag über seinen Aufenthalt am Nordpol zu halten. Als Butler Albert den Gästen ihre Zimmer zuweist, werden sie durch Pistolenschüsse aufgeschreckt…
Im Hauseingang liegt eine Leiche. Die Gäste stellen fest, dass alle Türen verriegelt sind und das Telefonkabel durchgeschnitten ist. Die Atemlosigkeit im Publikum ist fast hörbar, einige ziehen sich die Jacke über die Schultern, die Spannung baut sich auf.

Kennenlernen
In der sich breitmachenden Panik zeigen sich Sara Millers Gäste von einer bislang unbekannten Seite. Die Inszenierung glänzt in der kunstvoll verschränkten Anordnung der Charaktere, sie erlebt durch die Angst der Protagonisten vor dem Unbekannten einen grotesken Milieu-
wechsel. Der Autor karikiert Menschliches mit höchster Präzision und bissig scharfer Beobachtungsgabe.
Die Gäste gehen recht unzimperlich miteinander um, die ursprünglich angedeutete Verhaltenheit und gegenseitige «Wertschätzung» bleiben auf der Strecke. Die Choreografie der Gefühle reisst auch das Publikum mit: wer ist Schuld an was?
Das Gefühl in der Falle zu sitzen basiert nicht auf den verschlossenen Türen, sondern auf einem emotionalen «Ertappt-
sein». Die Gäste halten sich gegenseitig den Spiegel vor, der «Sein und Schein» definiert. Schonungslose Offenheit, deftige Wortwechsel, herzhafte Bosheiten starten immer wieder den Angriff auf die Lachmuskeln des Publikums. Die Mischung aus Satire und Moral, Ernst und Komik hat Alltags- und Wirklichkeitsnähe und erntet grossen Beifall. Und die Moral der Geschicht? Hat da doch mancher über den «Wert» seiner Beziehungen nachgedacht. «Also besser wenig und echte Freunde, als so viel Gesindel um sich scharen», meinte eine Zuschauerin und ergänzte lachend: «Ach ja, es ist ja modern, Follower zu haben.»

Kultur Forum
Am 17. Januar 2019 feiert das Kultur Forum Rüdtligen-Alchenflüh seinen 28. Geburtstag. Das Bestreben des Vereins ist es, «das kulturelle Leben im Dorf zu fördern, Freude an Musik, Literatur, Theater, Kabarett, Kunsthandwerk und Brauchtum zu wecken, zu pflegen und weiterzugeben».
Seit der Vereinsgründung wurden etwa 100 Anlässe im Gemeindesaal durchgeführt und mit «Einfache Fahrt Nordpol» darf ein weiterer Erfolg verzeichnet werden, was die einheimische Regisseurin Ruth Grossenbacher und ihren Gatten Andreas Grossenbacher (Butler) besonders freut.

Sylvia Mosimann

 


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