«Zum Fischen gehört mehr, als den Wurm zu baden»

  08.10.2019 Aktuell, Foto, Kultur, Burgdorf, Vereine

Schon beinahe hundert Jahre ist es her, dass in Burgdorf der Fischereiverein an der Emme Burgdorf gegründet wurde. Genauer am 11. April 1922 mit 10 Mitgliedern. Heute umfasst der Verein circa 300 Mitglieder. Urs Schäppi vom Vorstand des Fischereivereins erzählt: «Unser verbindendes Interesse ist natürlich die Fischerei. Doch dazu gehört noch viel mehr, etwa auch der Natur- und Gewässerschutz.» Auch die Kameradschaft kommt im Fischereiverein an der Emme Burgdorf nicht zu kurz, so trifft man sich Montags regelmässig zum Austausch und einmal im Monat um zusammen zu kochen.

Hegen und Pflegen
Dass zur Fischerei aber mehr gehört als eine Angelrute, wird im Gespräch mit Urs Schäppi und Vereinspräsident Reto Bracher schnell klar. «Eine der Hauptaufgaben unseres Vereins ist bereits seit der Gründung die Aufzucht und Bewirtschaftung», führt Präsident Reto Bracher aus.
So wird jeweils im Herbst Laich (seit 2014 von der übernommenen Muttertierhaltung in Horben) gestreift und nach einem Besatzplan auf Burgdorf und Langnau verteilt, der Fischereiverein an der Emme Burgdorf erhält so 120 000 der gesamthaft circa 300 000 Eier. Die Eier werden gereinigt, gepflegt und wenn die Fischlarve den Dottersack aufgebraucht hat, wird der Fisch in einem der sechs vom Verein gepachteten Bäche ausgesetzt. Nach einem halben Jahr wird ein Teil der Jungfische ausgefischt und in die Emme übersiedelt, nach einem ganzen Jahr schliesslich auch der Rest, womit wieder Platz für die nächste Brut geschaffen wird. Dabei ist man froh, wenn von 10 000 ausgesetzten Fischen 2500 überleben. «Ein Wirkungsgrad von 25 Prozent ist sehr gut. Mit solchen Massnahmen können wir den Fischbestand in der Emme stützen», erklärt Bracher. «Hegen und Pflegen wird bei uns grossgeschrieben.»

Zum Schutz der Fische
Um Fische und Natur zu schonen, sind auch verschiedene Gesetze in Kraft, welche für Fischer zu beachten sind. So gibt es an der Emme bereits zwei Fangmindestmasse für Forellen: oberhalb der Heidbühl bei Eggiwil sind es 22 cm und unterhalb der Brücke 26 cm. «Wenn das Mindestmass erreicht wird, dann hat der Fisch mindestens einen Fortpflanzungszyklus durchgemacht», so Bracher. Auch mit restriktiven Fangzahlen wird der Fischbestand geschützt. Pro Patent darf ein Fischer an einem Tag höchstens sechs Fische fangen, neu kommt im Jahr 2020 eine Jahresfangzahl von maximal 50 Fischen hinzu. Auch neu im nächs­ten Jahr wird der sogenannte Hegebeitrag (siehe Kasten) eingeführt. «Nur für die Bewirtschaftung fallen bei uns etwa 2000 Mannstunden an, die wir alle in Fronarbeit leisten. Auch gibt es weitere Kosten wie Unterhalt von Vereinshaus und Aufzuchtanlage», erklärt der Vereinspräsident. Wer aber Mitglied im Bernisch Kantonalen Fischerei-Verband ist (alle Mitglieder der daran angeschlossenen Vereine, wie etwa der Fischereiverein an der Emme Burgdorf, sind automatisch auch Mitglieder des BKFV), dem entfällt der Hegebeitrag.
«Jeder kann sich ein Angelset kaufen und sich an ein Gewässer setzen, doch zum Fischen gehört mehr, als den Wurm zu baden», so Bracher. «Auch das waidgerechte Verhalten, besonders mit Blick auf das Tierschutzgesetz, ist sehr wichtig. Wenn ein Fisch nicht richtig behandelt wird, kann es bis zur Anzeige kommen. Wir wollen das verhindern, so kann man bei uns lernen, wie man sich richtig zu verhalten hat.» Reto Bracher selbst ist seit über 25 Jahren im Fischereiverein an der Emme Burgdorf und hat in dieser Zeit über 300 Fischer ausgebildet. «Ich selbst war auch bei Reto Bracher in einem Jungfischerkurs», lacht Urs Schäppi.

Man muss kein Fischer sein
Die Arbeit des Fischereivereins ist aber nicht nur etwas für hartgesottene Fischer, auch Menschen ohne Erfahrung oder Interesse am Angeln sind jederzeit willkommen. So sind sich die beiden Vorstandsmitglieder sicher: «Um Mitglied bei uns zu sein, muss man nicht zwingend mit einer Fischerrute umgehen können.» Dank der vielfältigen Arbeit gebe es für jedermann und jedefrau etwas zu tun. So führt der Fischereiverein an der Emme Burgdorf unter anderem etwa auch Emmenbegehungen mit Schulklassen durch. Nach dem Besuch im Vereinshaus ist klar: Die Mitglieder des Fischereivereins verbindet nicht nur das Interesse an der Fischerei, sondern auch eine Leidenschaft für die Tiere und für die Natur.

David Kocher

www.fvburgdorf.ch.

 

Der Hegebeitrag
Ab 2020 wird für jedes gelöste Patent, welches nicht an einen Fischereiverein angeschlossen ist, ein sogenannter Hegebeitrag von 50 Franken fällig. Ein Grossteil des Geldes fliesst an den BKFV (Bernisch Kantonalen Fischerei-Verband) und seine Vereine, welche Hegearbeit leisten. Zur Hegearbeit gehören: Bewirtschaftungs- und Hegemassnahmen, freiwillige Fischereiaufsicht, Durchführung von Fischereigrundkursen und -Weiterbildungskursen und Öffentlichkeitsarbeit. zvg


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