Mit dem Elektrorollstuhl ans Mittelmeer

  17.04.2020 Aktuell, Foto, Region, Burgdorf, Kultur

Wenn Daniela Moser in die Ferien fährt, dann ist das mit etwas mehr Aufwand verbunden als bei den meisten anderen Menschen. Sie kann nicht einfach ihre Sachen packen, ins Auto steigen und losfahren. Denn die 51-Jährige leidet unter Cerebraler Parese und ist an einen Rollstuhl gebunden. Trotzdem fährt sie seit vielen Jahren regelmässig nach Cambrils in Spanien in den Urlaub. «Es ist für mich mittlerweile meine zweite Heimat geworden und die Menschen dort sind meine zweite Familie», erzählt Daniela Moser. An einem schönen Novembertag vor zwei Jahren hatte Daniela Moser bei einer Spazierfahrt mit ihrem Hund Ivo dann eine ganz verrückte Idee. «Ich habe mir gedacht, dass ich gerne eine längere Strecke mit dem Elektrorollstuhl zurücklegen möchte, und habe überlegt, wohin ich fahren könnte.» Die Antwort darauf war ihr aber sehr schnell klar: «Natürlich nach Cambrils!»

«Warum nicht?»
Es war Daniela Moser klar, dass so eine Reise viel Vorbereitung und viele Kosten mit sich bringen würde, doch sie sagte sich: «Warum sollst du das nicht machen?» Sie kann sich noch erinnern, wie sie im Fernsehen einen Bericht über Tom Belz gesehen hat, einen Deutschen, der mit nur einem Bein und Krücken den Kilimandscharo bestiegen hat. «Auf den Kilimandscharo muss ich nicht, aber ich sehe mich in einer ähnlichen Situation. Auch er kam an seine Grenzen und hat es dank Unterstützung trotzdem geschafft», so die Recherswilerin. «Ich weiss, dass es auch ein egoistischer Wunsch ist, aber vielleicht kann ich damit ebenfalls jemandem in einer ähnlichen Lage etwas weitergeben und motivieren.»

Ein Powerteam
Begleitet wird Daniela Moser von  Esther Lattmann und Cornelia Hess. Esther Lattmann, eine langjährige Freundin von Daniela Moser, wird die Rollstuhlfahrerin mit dem Fahrrad begleiten, während Cornelia Hess mit einem Servicewagen, beladen mit Zelt und Ersatzteilen, für die Sicherheit auf dem waghalsigen Abenteuer sorgt. «So etwas würde ich sicher nicht mit allen machen», erklärt Esther Lattmann. «Daniela ist sehr unkompliziert und mit ihr kann man richtige Abenteuer erleben.»
Die grösste Hürde für die Reise der drei Frauen war aber das Geld. Mit einer Crowdfundingkampagne suchten sie deswegen nach Spenden, und ihre Erwartungen wurden sogar übertroffen. «Wir waren überwältigt von den positiven Zusprüchen und von der Solidarität, die uns auch wildfremde Menschen gezeigt haben», sind sich die drei Frauen einig. 20 000 Franken hätten sie mindes­tens gebraucht, um die Reise antreten zu können. Am Schluss der Kampagne Anfang März waren über 26 000 Franken zusammengekommen. «Natürlich begrüssen wir auch weitere Unterstützung», erklärt das Team. «So sind wir etwa auch immer froh über Informationen, wenn etwa jemand weiss, wo man besonders gut rollstuhlgängig übernachten kann, oder auch ob uns jemand auf einer Teilstrecke begleiten möchte.» Wichtige Unterstützung erhielten die Abenteurerinnen auch von der Firma Gloor Rehabilitation & Co. AG, welche Material für den Rollstuhl wie etwa Ersatzteile und Werkzeug zur Verfügung stellte, und sogar einen Kurs für Rollstuhlreparaturen angeboten hat. «Ohne ihre Untersützung hätten wir die Reise nicht durchführen können», ist sich Cornelia Hess sicher.

Kein Zuckerschlecken
Dass die Reise trotz guter Vorbereitung viele Überraschungen und Schwierigkeiten mit sich bringen wird, dessen sind sich die Frauen bewusst. «Wir treten alle aus unserer Komfortzone und werden sicher an unsere Grenzen kommen. Es ist aber auch spannend zu sehen, was das mit uns macht», freut sich Daniela Moser. «So etwas erlebt man nur einmal im Leben und man erweitert den eigenen Horizont», ergänzt Cornelia Hess. Auch gegen schlechte Launen sind die Frauen bereits gewappnet: «Eine Spazierfahrt ist bei mir immer ein Prozess des Verarbeitens. Beim Fahren habe ich also genug Zeit, um mit mir ins Reine zu kommen», erklärt Daniela Moser. Ge­plant ist auch, dass alle Interessierten die Reise per Blog mitverfolgen können. Begleitet wird die Gruppe ausserdem von zwei Hunden, Daniela Mosers Königspudel Ivo und Esther Lattmanns Deutscher-Boxer-Rüde Samu, die auf Anhängern mitfahren können, wenn sie müde sind.
Die Abenteuerlustigen wollen die Reise baldmöglichst nach Ende der Corona-Krise antreten - wann dies der Fall sein wird, ist gegenwärtig schwer abzuschätzen. Der Start für die Reise nach Spanien war ursprünglich auf Mai terminiert. Geplant sind rund 60 Etappen, die die Reisegruppe von der Schweiz über Frankreich nach Spanien führen.

David Kocher

Weitere Informationen und der genaue Reiseplan unter www.vayamos.ch.


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