Stadtratssitzung in der Markthalle

| Do, 21. Mai. 2020
Gleiche Sitzordnung an neuem Standort

BURGDORF: Damit die räumlichen Distanzen eingehalten werden konnten, fand die Stadtratssitzung in der Markthalle statt. Ein neuer Kehrichtwagen und der Erweiterungsbau eines Kindergartens am Neuhofweg waren zentrale Themen. hkb

Beim Betreten der Markthalle kam den Rätinnen und Räten einmal mehr ins Bewusstsein, dass die aktuelle Situation alles auf den Kopf stellt. Die Distanzen zwischen den Pulten, die Mikrofone, die zwischen den Tischreihen aufgestellt waren und nach jeder Wortmeldung desinfiziert werden mussten, die Händedesinfektionsmittel und Masken, die allen zur Verfügung standen, sprachen Bände. Gleich zu Beginn erläuterte Ständeratspräsident Peter von Arb die Hygienevorschriften und betonte, dass aufgrund der räumlichen Distanzen das Stimmenzählen erschwert sei. Die Stadtratssitzungen vom 11. Mai und 22. Juni 2020 seien vom Regierungsrat bewilligt, jedoch nur für dringliche und unaufschiebbare Geschäfte. Im Namen des Stadtratsbüros stellte der Stadtratspräsident den Antrag, sich auf die Traktanden 1 bis 5 und 12 zu beschränken. Nach den Erläuterungen wurde dieser angenommen. Die anderen Geschäfte werden zu einem späteren Zeitpunkt erneut traktandiert.

Die Coronakrise führte bei der Bevölkerung zu Solidarität
Von Arb dankte dem Gemeinderat (GR) und allen Mitarbeitenden der Stadt für ihren Einsatz während der vergangenen Wochen. Er erwähnte auch Pflegepersonal, Ärzte/-innen, Verkäufer/innen und alle andern Menschen, die sich in ihrer Berufsausübung exponierten, und die aktiven Freiwilligen, welche mit ihrer Solidarität die Grundversorgung in Burgdorf gewährleisteten. Darauf bat er die anwesenden Rätinnen und Räte um einen kräftigen Applaus für deren Einsatz. Das Klatschen war laut und bestimmt weitherum hörbar und ist für alle anderen nun in der «D’REGION»
lesbar.

Personelle Veränderungen
Seine erste Stadtratssitzung erlebte Urs Wüthrich, EDU, im ungewohnten Ambiente der Markthalle. Er ersetzt seinen Parteikollegen Paul Krähenbühl. George Burkhard, SP, hatte aus beruflichen Gründen seine Demission als Stadtrat eingereicht. Gabriela Bannwart verabschiedete ihn mit herzlichem Dank für seinen neunjährigen Einsatz für die Stadt Burgdorf. Als Nachfolgerin wird Debra Marti ab Juni 2020 als Stadträtin eingesetzt.
Die Stadt Burgdorf hat mit BDP-Stadtrat Andreas Rössler einen neuen «Digital Officer» eingestellt. Dieser bringt viel Wissen und Erfahrung auf dem Gebiet «Management» mit. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, hat er per 1. September 2020 seine Demission als Stadtrat eingereicht. Die Nachfolge wird parteiintern geregelt.

Die Stadt Burgdorf ersetzt einen Kehrichtwagen
Die Baudirektion Burgdorf braucht für den Einsatz in der Stadt drei Kehrichtfahrzeuge. Das älteste aus dem Jahr 2000 dient nur noch bei Notfällen als Ersatzfahrzeug. Sonst steht es in der Hauptsammelstelle, wo es den angelieferten Siedlungsabfall aufnimmt. Der Kauf eines neuen Fahrzeugs wurde von der Baudirektion sorgfältig geprüft. Beim Vergleich von Diesel- und Elektrofahrzeugen schnitten Letztere ausser beim Kaufpreis in allen Bereichen besser ab. Neben deutlich geringeren Lärmemissionen ist ihr CO2-Ausstoss auch unter Berücksichtigung der grauen Energie deutlich tiefer, ebenso die Betriebs- und Unterhaltskosten.
GR Francesco Rappa, BDP, wies die Anwesenden darauf hin, dass im Dezember 2019 vom Stadtrat der Klimanotstand ausgerufen worden sei. Nun müssten sämtliche Entscheide unter Berücksichtigung der Klimaziele gefällt werden. Simon Niffenegger und die SVP sind gegen den Kauf dieser Elektorfahrzeuge. Wer A sage, müsse zwar B sagen, doch seine Partei hätte gegen das Ausrufen des Klimanotstands gestimmt. Roger Aebi und die BDP-Fraktion unterstützen die Klimastrategie, stossen sich aber an den hohen Kosten und der kurzen Lebensdauer der Batterien. Aebi meinte, das Umstellen von Bussen auf Elektrobetrieb wäre sinnvoller, weil diese deutlich mehr Lärm und CO2-Ausstoss
verursachen. Auch Andreas Stettler, FDP, kritisierte die hohen Kosten. Er würde den Kauf von Hybrid-Fahrzeugen unterstützen, bis vollelektrisch betriebene Fahrzeuge besser entwickelt seien. Esther Liechti-Lanz, EVP, erklärte, wer zum Klima Ja sage, müsse auch die Kosten tragen. Die gleiche Meinung vertrat Fabian Käsermann, denn seine Partei, die SP, will Verantwortung übernehmen und befürwortet darum diesen Kauf. Der GLP-Stadtrat Philipp Schärf betonte, dass Elektrofahrzeuge geeignet seien für «Stop-and-go», tiefe Geschwindigkeiten und hohe Kilometerzahlen. Zudem sei die Entwicklung von Elektromobilität gut erforscht, die vorgesehene Batteriegrösse ideal. Die massiven Mehrkosten würden sich mittel- bis langfristig auszahlen. Adrian Merz, Grüne, ergänzte, geringere Schadstoffe seien für die Bevölkerung wichtiger als mehr Geld in der Kasse. Nach ausführlichen Diskussionen wurde der beantragte Kredit von 665 000 Franken genehmigt.

Der erste von dreizehn Schritten in der Schulraumplanung wird umgesetzt
Seit 2013 traf sich eine Gruppe von Vertretungen aus verschiedenen Direktionen der Stadt und der Volksschule, um eine längerfristige Schulraumanalyse und eine mögliche Umsetzung zu entwerfen. 2018 lagen die erarbeiteten Analysen von Basler & Hofmann vor. Da dem Gemeinderat auch die fehlenden Räume und der Zustand der Schulanlagen Sorgen bereiteten, wurden diese mit der Gebäudesanierungsstrategie der Abteilung Hochbau und des Bereichs Immobilien in Einklang gebracht. Nun soll der Schulraum in dreizehn Schritten dort ausgebaut werden, wo es notwendig ist.
Für 2021/2022 braucht die Stadt dringend einen neuen Kindergartenraum. Die Planung eines Doppelkindergartens im Bucherareal musste wegen dem Bahn-Unfallrisiko 2019 abgebrochen werden. Seither suchen Schule und Verwaltung nach Alternativen und haben nun eine gefunden: Am Standort Neuhofweg gibt es heute verschiedene Liegenschaften: Im Chalet befindet sich ein Kindergarten (KG), im Pavillon ein KG und eine Tagesschule. Im ersten Schritt der Schulraumplanung wird nun ein Erweiterungspavillon für eine KG-Klasse entstehen. Bildungs-, Bau- und Finanzdirektion haben dieses Projekt gemeinsam erarbeitet, nachdem verschiedene Varianten geprüft worden waren.
Yves Aeschbacher von der Geschäftsprüfungskommission sprach über steigende Schülerzahlen, die durch die Einwohnerzunahme infolge reger Bautätigkeit entstehen. Die Stadt strebe eine durchschnittliche Klassengrösse von 18,5 Kindern pro Klasse an, doch aktuell seien es bereits 21, Tendenz steigend.
Barbara Lüthi-Kohler, SVP, beanstandete, dass der Schulraum Neuhofweg ein Provisorium gewesen sei, das ersetzt werden sollte. Die SVP bewertet diese Lösung darum als Flickwerk, als Schnellschuss nach dem Beschluss, im Bucherareal keine Kindergärten zu bauen. Und Yves Greisler, BDP, nennt das Projekt eine «Ersatzvariante mit Brechstange». Er würde Container als Überbrückungslösung empfehlen, was laut GR Christoph Grimm, GLP, nicht kostengünstiger wäre. Jürg Grimm von der FDP-Fraktion ist nicht glücklich über die hohen Kosten und die weitere Nutzung des Pavillons. Dessen Zustand sei schlecht und es sei anzunehmen, dass die Wandbekleidungen gefährliches Asbest enthielten. Dem widersprachen GR Grimm und Baudirektionsleiter Rudolf Holzer. Wenn Asbest vorhanden sei, so stelle es keine Gefahr dar, solange die Wandverkleidungen nicht beschädigt würden. Yves Aeschbacher, SP, ist der Überzeugung, dass diesem Projekt zugestimmt werden müsse, da der Stadtrat auch dem Wachstum der Stadt zugestimmt habe. Das erfordere zusätzliche Infrastrukturen. Tabea Bossard-­Jenni, EVP, und Damaris Hauser von der GLP erwarten, dass eine Heizmethode mit erneuerbarer Energie gewählt wird. Zur Idee von Bossard-Jenni, mit einem privaten KG zu kooperieren, erklärte GR Grimm, dies wäre zeitnah nicht zu bewältigen. Für die Grünen freut sich Franca Maurer, dass ein Erweiterungsbau aus Holz entsteht. Dringende Platzbedürfnisse verlangen pragmatische Lösungen, ist sie überzeugt.
GR Christoph Grimm bekräftigte, dass diese Lösung kein Schnellschuss sei. Das Erweiterungsgebäude entspreche in seiner Konzeption als vorfabrizierter Holzmodulbau einer nachhaltigen Bauweise. Dieser könnte bei Standortänderungen abgebaut und an einem andern Ort wieder aufgestellt werden. Das Gebäude erfordert keine Ausnahmebewilligungen, sondern lediglich ein kompaktes Verfahren mit Ausschreibung und Submission. Das zweigeschossige Gebäude misst 234 m2 Nutzfläche und kostet mit Umgebungsarbeiten und Ausstattung 1,072 Millionen Franken.
Falls die bestehende Heizung des Chalets ausfalle, werde die Gastherme durch eine Luftwärmepumpe und die elektrische Warmwasseraufbereitung durch Solarzellen ersetzt. Aus Kapazitätsgründen besteht keine Möglichkeit, das neue Gebäude an die bestehende Heizung anzuschliessen. Für die Wassererwärmung muss ein eigenständiges System mit Wärmepumpe erstellt werden. Der Stadtrat bewilligte den Kredit von 1 072 000 Franken für die Erweiterung des Pavillons Neuhofweg 8 mit 21 Ja- und 18 Nein-Stimmen nur knapp.

Von verschiedenen Parteien wurden unter dem Traktandum «Verschiedenes» elf Interpellationen, Postulate und Aufträge eingereicht
Urs Geiser sprach über eine Erklärung der SP-Fraktion, die er allen Räten/-innen zukommen liess. Darin geht es um die Unterstützung von Gastrobetrieben, die ab Mitte März 2020 geschlossen werden mussten. Die Partei schlägt konkrete Unterstützungsmassnahmen vor, um die für das Stadtbild so wichtigen Gaststätten zu erhalten. Die Partei unterstützt Gemeinderat und Verwaltung bei einer flexiblen Bewilligungs­praxis für künstlerische Darbietungen im öffentlichen Raum. Die Bevölkerung der Stadt wird aufgefordert, zum Wiedererwachen des öffentlichen Lebens beizutragen und nicht nur am Emmestrand mediterrane Stimmung zu verbreiten, sondern auch in Gassen und auf Plätzen, in der Oberstadt und im neuen Schloss, in der Quartierbeiz und im Quartierlädeli.
Da darf sich die Bevölkerung von Burgdorf und Umgebung wohl auf einen unterhaltsamen und abwechslungsreichen Sommer freuen.

Helen Käser

Kommentare

Sehr geehrte Frau Käser Uebers letzte Wochenende bin ich mit etwas Verspätung dazu gekommen, Ihren gut geschriebenen und informativen Artikel über die Stadtratssitzung v.11.5. in der Markthalle zu lesen. Abseits von den sachlichen Inhalten bin ich dabei auf etwas Sprachliches gestossen, das mich besonders gefreut hat und wofür ich Ihnen ein besonderes Kränzchen flechten möchte. Sie gehören nämlich zu einer leider stets noch abnehmenden Minderheit, die eine Wendung richtig gebraucht. Sie schreiben nämlich zum Kehrichtfahrzeug im Absatz, beginnend mit "GR Rappa..": "Aebi und die BDP-Fraktion STOSSEN sich an ... den hohen Kosten..." Endlich wieder einmal jemand, der weiss, dass man sich eben nicht stört, sondern wie an der Ecke einer Kommode an einem "Uebel" stösst, weil WER: der Missstand WEN: mich / Sie / irgendweN stört. Ich sage dazu jeweils: Ob jemand sich (selbst) stört, ist eigentlich nur sein persönliches Problem. Journalisten haben sprachlich eine grosse Verantwortung, weil viele weniger gebildete Leute meinen, so, wie es in der Zeitung stehe, müsse es heissen, denn die "Journis" hätten das ja gelernt und seien sprachgewandt. Darum ist es umso wichtiger , dass Berufs- und Nebenamt-Journalistinnen/-en die Sprachpflege ernst nehmen. Ich habe mich seit meiner Gymzeit in Burgdorf, die 1967 endete, zuerst für den"Tägu", später für Bund und BZ "nebenamtlich" journalistisch betätigt und diese Tätigkeit erst nach der beruflichen Pensionierung Jüngeren überlassen. Ihnen wünsche ich weiterhin viel Erfolg und Befriedigung auf diesem spannenden Betätigungsfeld. Mit freundlichem Gruss, R. Strauss

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