Warum Blutverdünner gegen COVID-19 helfen

  21.05.2020 Aktuell, Foto, Burgdorf, Region

Bei COVID-19-Patienten, die im Spital behandelt werden müssen, kann massive Blutverdünnung das Leben retten. Am Anfang dieser Erkenntnis stand ein Patient im Spital Emmental. Der wegweisende Corona-Fall wurde unterdessen im renommierten internationalen Fachmagazin «Thrombosis Research» publiziert.
Der Patient, ein ansonsten gesunder und rüstiger Mann im Pensionsalter, suchte das Spital Anfang März 2020 wegen Atemproblemen und Fieber auf. Er wurde in einem Isolationszimmer gepflegt und behandelt. Nach sechs Tagen verschlechterte sich sein Gesundheitszustand rapide; er musste auf die Intensivstation verlegt und künstlich beatmet werden.
Die Blutproben während der Intensivpflege zeigten einen massiven Anstieg gewisser Blutgerinnungsfaktoren. Gegen die dadurch erhöhte Thrombosegefahr erhielt der Patient die Blutverdünnungs-Medikamente in wesentlich höheren Dosen als bisher üblich. Mit dieser Behandlung kam es zu einer langsamen, aber stetigen Besserung, und der Patient konnte die Intensivstation nach rund drei Wochen verlassen.

Hoffnung auf Überleben
Der im internationalen Fachmagazin «Thrombosis Research» veröffentlichte Emmentaler Krankheitsfall führte nicht nur im Spital Emmental zu neuen Behandlungserkenntnissen, denn in dieser Richtung wird weltweit geforscht. Für PD Dr. med. Robert Escher, Co-Autor des Artikels, Hämatologe (Blutspezialist) und Leiter der Medizinischen Klinik des Spitals Emmental, ist daher auch nicht massgebend, ob er jetzt als erster Arzt erfolgreich diese starke Blutverdünnung gegen COVID-19 eingesetzt
hat. Viel wichtiger sind für ihn die neuen Behandlungsrichtlinien und die daraus resultierende Hoffnung für COVID-19-Patienten: «Wir verdünnen das Blut der Patienten viel stärker, um den Blutfluss aufrechtzuerhalten. Viele Publikationen von anderen Forschungsgruppen haben nun die gleichen Beobachtungen gemacht und entsprechende Empfehlungen für die Blutgerinnung erlassen. Es besteht die deutliche Hoffnung, dass wir durch diese Massnahmen die Sterblichkeit bei COVID-19-Patienten deutlich senken können.»

Wie das Virus wirkt
Robert Escher beschreibt die fatale Wirkung des Virus in den Blutgefässen wie folgt: «Wir haben festgestellt, dass der Von-Willebrand-Faktor, ein klebriges Eiweiss für die Blutgerinnung, bei unserem COVID-19-Patienten bis zu fünfmal mehr auftrat als bei gesunden Menschen. Dieser Faktor ist zudem das Transportmittel für den Faktor VIII,
einen weiteren Gerinnungsfaktor, und auch dieser war bei unserem COVID-19-Patienten bis viermal höher als normal.»
SARS-CoV-2 (so lautet die wissenschaftliche Bezeichnung des Coronavirus, das die Krankheit COVID-19 auslöst) dockt unter anderem an der Innenwand der Blutgefässe an, befällt diese und ruft dort Abwehrreaktionen des Immunsystems und Entzündungen hervor. Dies führt zu einer erhöhten Produktion von Blutgerinnungsfaktoren und damit zu lebensbedrohenden Durchblutungsstörungen. zvg


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