Tom Walther gibt Vollgas

  18.03.2021 Aktuell, Sport, Foto, Region, Gesellschaft

Bisher berichteten wir in unserer Reihe «Ausgefallene Hobbys» eher über beruhigende, stille Hobbys. Nicht so bei Tom Walther aus Kräiligen. Bei ihm finden wir eher das Gegenteil. Sein Hobby ist laut. Sein Hobby ist schnell. Tom Walther begeistert sich für den Motorsport, und das nicht etwa als Zuschauer: Er sitzt gerne selbst am Steuer und bestreitet in der Schweiz und im nahen Ausland Slalom- und Bergrennen.

Faszination Auto
«Schon mit etwa fünf Jahren war ich ein Autofan», erzählt Walther. «Ich hatte natürlich auch ‹Spielzeugautöli› und habe jede Marke gekannt.» Während seinem Studium zum Elektroingenieur fuhr er mit einem Strassenauto bereits kleinere Rennen. Auch bei Motorsportvereinen war er aktiv und half bei Veranstaltungen unter anderem als Vizerennleiter mit. Später hat Tom Walther sich selbstständig gemacht und die Branche gewechselt. Seit 2008 ist er Besitzer eines regionalen Mietfahrzeugeverleihs mit angeschlossener Garage. 2016 konnte er in Kräiligen seine eigene Halle realisieren.
Doch die Selbstständigkeit forderte auch ihren Tribut. «Ich habe viel gearbeitet, und das auch am Wochenende. Mietfahrzeuge sind besonders an Samstagen gefragt und am Sonntag bin ich jeweils über die Bücher», so Tom Walther. «So hatte ich wenig Freizeit und auch kein aktives Hobby.» 2014 entschied er sich, etwas zu ändern: «Ich wollte wieder etwas für mich selbst machen, und da war mir auch sofort klar was.»  So näherte sich der begeisterte Autofahrer erneut dem Motorsport an.

Der Schweizer Rennzirkus
Doch wie funktioniert eigentlich der amateurmässige Motorsport in der Schweiz? Der Einstieg ist relativ einfach. Der Automobilclub Schweiz (ACS) bietet auf seiner Website www.acs.ch eine umfangreiche Anleitung, wie die verschiedenen Lizenzen zu erwerben sind. Mit einer sogenannten LOC-Lizenz, welche oft auch am Austragungsort als Tageslizenz gelöst werden kann, darf man mit einem immatrikulierten Fahrzeug bereits an Slalomwettkämpfen teilnehmen.
Für anspruchsvollere Rennen locken die beiden Rennlizenzen REG und NAT, welche mit Rennautos, die nicht für den regulären Strassenverkehr zuge­lassen sind, durchgeführt werden. Die REG-Lizenz kann ohne besondere Vorqualifikation bei der ASS (Auto Sport Schweiz) beantragt werden und erlaubt die Teilnahme an Slaloms, Slalommeis­terschaften, Sprintrennen, regionalen Bergrennen und mit einzelnen Fahrzeugkategorien mit Einschränkungen. Für die NAT-Lizenz muss man sein Können bereits unter Beweis gestellt und vier Klassemente als lizensierte LOC- oder REG-Fahrer erzielt haben. Diese Lizenz erlaubt aber die Teilnahme an allen Schweizer Veranstaltungen.

Rückkehr zur Leidenschaft
Für Tom Walther begann sein Wiedereinstieg in den Rennsport ebenfalls mit einer solchen LOC-Lizenz. Ab 2014  nahm er zuerst mit einem strassenzugelassenen Citroën Saxo und später mit einem Suzuki Ignis Sport an LOC-­Slaloms teil. Das Rennfieber hatte ihn sofort wieder gepackt. 2015 erwarb er dann den blauen Citroën Saxo (140 PS, 850 kg), mit welchem er den Schritt in die höheren Rennklassen wagte. «Nur einige Tage nachdem ich ihn gekauft habe, bin ich bereits mit ihm in Frankreich testgefahren», schwärmt Walther. «Die Saison 2015 habe ich aber noch in der LOC-Kategorie fertiggemacht.» Einen Suzuki Ignis Sport kann man bei Walther für solche LOC-Slaloms auch mieten (www.fahrzeug-miete.ch).
Das Hobby ist nicht ganz günstig, besonders wenn man nicht mehr in der LOC-Kategorie fährt, welche ja auch mit normalen, strassentauglichen Autos, möglich ist. Der grösste Kostenpunkt ist das Fahrzeug selbst. «Wenn man viel selber daran arbeitet, kommt man vielleicht auf 15 000 Franken», so Tom Walther. «In anderen Kategorien legt man bereits für einen Motor 100 000 Franken hin. Da kann ich in meiner Kategorie mit verhältnismässig wenig Geld sehr viel Spass haben.» Auch die speziellen Pneus, etwa die profillosen «Slicks», kosten ein Vielfaches der regulären Variante. Dazu kommen noch Ersatzteile und die Startgelder an den Rennen. Die Anreise an die verschiedenen Veranstaltungen ist für Tom Walther dabei kaum ein Problem. So verfügt er selbst über ein Zugfahrzeug mit Transportanhänger. Die Finanzierung wird dabei von einigen Sponsoren unterstützt, wie am Saxo schnell ersichtlich wird.

Ein fairer Wettkampf
Tom Walthers Faszination für den Rennsport ist äusserst breit gefächert. Neben der Technik am Auto geniesst Walther auch schon alleine das Gefühl beim Fahren. «Bei den freien Fahrten an den Track Days fahre ich manchmal den ganzen Tag. Da muss man mich fast mit der roten Fahne von der Strecke winken», lacht er. Die Wettkämpfe bieten auch einen ganz eigenen Nervenkitzel, wie Tom Walther weiss: «Wer vorne mitfahren will, der muss ans Limit gehen.» Trotz hoher Sicherheitsvorkehrungen ist immer auch viel Respekt dabei.
Die Kategorie, in welcher der Kräiliger an den Wettkämpfen antritt, ist sehr stark reglementiert, besonders was die Fahrzeuge selbst angeht. Aber auch das schätzt der 47-Jährige sehr: «So kommt es sehr auf das Können der Fahrer an und weniger auf das Fahrzeug.»
Das Hobby ist auch nichts für Spätaufsteher. «Die Anreise nahm ich morgens um 3.30 in Angriff und war dann bereits 5.40 Uhr in Ambri. So reicht es noch für eine Stunde Schlaf», berichtet Tom Walther in einem Erfahrungsbericht, welche unter anderem in Clubmagazinen veröffentlicht werden.

Ein Rennfahrer im «Homeoffice»
Zurzeit stehen aber die Fahrzeuge der Rennfahrer hauptsächlich in der Garage. Zum einen saisonbedingt, aber auch durch die Coronapandemie. Vergangenes Jahr mussten dadurch zahlreiche Rennen abgesagt werden. Zwar sitzen die Fahrer alleine in ihren Autos, doch braucht es auch Zuschauer. Das Bergrennen Gurnigel sei erst ab circa 8000 Zuschauern rentabel, wie uns Tom Walther berichtet.
Glücklicherweise installierte Tom Walther Ende 2019 in seinem Keller eine Simulationsanlage, um auch während der Off-Saison seine Reflexe und Reaktionsfähigkeit zu trainieren. Während der coronabedingten Zwangspause kam ihm dies sehr gelegen. Die «Equipe Bernoise», einer der grössten Motorsportclubs der Schweiz, bei welchem auch Tom Walther Mitglied ist, konnte so dieses Jahr doch noch eine Meisterschaft durchführen – wenn auch nur online. «Es ist eine gute Ergänzung, aber nicht das Gleiche. Trotzdem ist es packend, gegen die Kollegen fahren zu können», freut sich Tom Walther.

David Kocher

Auf dem Youtube-Kanal «Thomas Walther» hat der Hobbyfahrer mehrere Videos veröffentlicht, welche einen Blick über die Schulter bieten.


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