Die «Schatzkammer» wird gedreht

  21.04.2021 Affoltern i.E., Aktuell, Foto, Kultur, Gesellschaft, Region

Die Gemeinde Affoltern i. E. kann 2021 das 875-Jahr-Jubiläum feiern. Zur Organisation der Feierlichkeiten wurde der Trägerverein «875 Jahre Affoltern im Emmental 2021» gegründet. Einige Höhepunkte werden das Ereignis besonders würdigen. Im Zentrum stehen der 1617 erbaute Dorfspycher sowie die Glocke vor der Kirche aus dem Jahre 1408. Als erstes Highlight wird der markante alte Dorfspycher am 29. Mai 2021 um 180 Grad gedreht werden.
«In einer Schenkungsurkunde an das Kloster Frienisberg, die am 24. September 1146 im Schloss Worb ausgefertigt wurde, fand Affoltern seine erste Erwähnung. Dort war Hesso de Affoltron als Zeuge geladen. Affoltern stammt aus dem althochdeutschen affoltera, apfolter und bedeutet Apfelbaum oder bei den Apfelbäumen. Damit ist das Dorf auf einer Moräne im Emmental älter als die Zähringerstädte Bern und Burgdorf», hielt Roland Ryser, OK-Präsident des Trägervereins und Gemeindepräsident, fest. Das Ziel des Jubiläumsjahres ist es unter anderem, der Bevölkerung der Gemeinde Affoltern sowie der Region die Vergangenheit bewusst zu machen und mit Stolz auf die Geschichte zu schauen.

Breit abgestützter Trägerverein
Das Organisationskomitee des Trägervereins «875 Jahre Affoltern im Emmental» arbeitet seit einiger Zeit an den markanten Festivitäten. Die Eckpunkte der für Samstag, 29. Mai 2021, festgesetzten Drehung des Dorfspychers sind bereits klar. Am Samstag und Sonntag, 26. und 27. Juni 2021, wird das Fest «Dorfspycher» stattfinden. Der Sonntag, 3. Oktober 2021, wird der über 600-jährigen Glocke gewidmet, die im neunen Campanile zum Fest läuten soll. Mit der Stiftung Dorfspycher Affoltern i. E. sowie der Kirchgemeinde und Einwohnergemeinde Affoltern i. E. ist der Trägerverein breit abgestützt. Im OK sind Roland Ryser, OK-Präsident und Gemeindepräsident; Elvira Gerber, Sekretariat; Franz Bracher, Ausstellungen; Frank Jantschik, Geschäftsführer Emmentaler Schaukäserei, Festwirtschaft; Heinz Kohler, Präsident Stiftungsrat Dorfspycher; Anne­rös Gfeller, Finanzen; Andres Jordi, Sicherheit / Verkehr; sowie Pierrick Hildebrand, Pfarrer, Vertretung Kirchgemeinde, tätig.

Die Schatzkammer beim Bauernhaus
«Der Spycher ist die grosse Schatzkammer in einem Bauernhaus, derowegen steht er meist etwas abgesondert vom Hause, damit, wenn dieses in Brand aufgehe, jener noch zu retten sei. Er enthält nicht bloss Korn (Getreide), Fleisch, Schnitze (Dörrfrüchte), Kleider, Uniformen, Geld, Gewehre, Vorräten an Tuch und Garn, sondern auch Schriften und Kleinodien. Darum ist der Spycher wohl verwahret, gewöhnlich aus sogenannten Helblingen (halben Tannen) gebaut und mit starken und kunstvollen Schlössern wohl versehen», so predigte Jeremias Gotthelf (1797 – 1854) in «Anne Bäbi Jowäger». Er war einer der besten Kenner der Emmentaler Bauernhäuser, sowie ihrer Bewohner, seiner Zeit.
«Das gab es noch nie, dass ein Spycher gedreht wurde», sagte Roland Ryser bei der Medienorientierung. Die Drehung weg von der ursprünglichen Hofgruppe sei ein Novum, welches die Denkmalpflege schweizweit bewilligte. Einige Spycher wurden schon ab- und wieder neu aufgebaut. Der Dorfspycher Ausserhof in Affoltern im Emmental wurde 1617 im Auftrag von Michel oder Hans Lyb und Gut erbaut. 1983 musste der erhaltenswerte Spycher der Strassenkorrektur weichen. Das Gebäude in seiner ursprünglichen Form wieder aufzubauen hatte die Stiftung Dorfspycher Affoltern i. E. übernommen. Damit wurde ein alter Zeitzeuge bewahrt. Die Renovation, ausgeführt von Zimmermann G. Akermann, Weier i. E., konnte im Frühjahr 1984 beendet werden.

Junge Schwingerkraft für alte Balken
Der Spycher wurde für Ausstellungen und Anlässe genutzt. Ein grosser Nachteil ist aber, dass der Eingang direkt auf die stark befahrene Hauptstrasse führt. Die Sandsteintreppe hat durch den Verkehr und Winterdienst ebenfalls gelitten. Mit der Drehung wird die Spychertüre fortan im Blick der Emmentaler Schaukäserei sein und vor dem Gebäude ist die grüne Matte der ehemaligen «Niederhofstatt» vom Gasthof Löwen.
Die Vertreter der am Projekt zur Drehung des Dorfspychers beteilig­ten Fachunternehmen Markus Käser (Käser Holzbau AG), Weier i. E., und Adrian Reber (Emil Egger AG, Pneu- und Raupenkrane), Hasle b. B., wissen bereits genau, wie das besondere Ereignis zu bewältigen ist. Sogar die alten Biberschwanzziegel bleiben auf dem Dach, obwohl das Gewicht dadurch um einiges höher ist. Dieses ist übrigens ein grosses Geheimnis und wird durch die Waage am Autokran ermittelt. Damit ist die Wettbewerbsfrage am Fest im Juni gegeben. Der Spycher wird durch den Kran angehoben und dann von junger Schwingerkraft um 180 Grad gedreht. Schwingerkönig Matthias Sempach erhält dabei Unterstützung von einigen Mitgliedern des Schwingklubs Sumiswald, wie deren Vertreter Kilian Gehrig wusste. An der Drehung sollen ebenfalls einige Gäste anwesend sein. So haben der höchste Schweizer, Nationalrat Andreas Aebi, alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann sowie Regierungsrätin Christine Häsler ihre Zusage gegeben. Moderiert wird das Ereignis von Sonja Hasler. In welchem Rahmen der Anlass genau durchgeführt werden kann, hängt von der Coronapandemie und den Vorgaben von Bund und Kanton ab.

Ein Sponsoring für die Festlichkeiten
Um die Kosten zu decken, werden Sponsoren gesucht. Das Budget beläuft sich auf 57 000 Franken. Es gibt diverse Möglichkeiten für Spender und Gönner, unter anderem kann für 100 Franken ein gehauener Naturstein gekauft werden. Mit dem Namen des Gönners geprägt wird er vor dem Spycher verlegt. «Mit dem Jubiläum ‹875 Jahre Affoltern im Emmental› möchten wir nicht einfach ein Fest veranstalten, sondern eine bleibende Erinnerung schaffen», sagte Roland Ryser deutlich.
Infos zum geplanten Jubiläum und den Aktivitäten gibt es unter www.875­jahre­affoltern.ch.

Barbara Heiniger


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote