Jetzt gehört das Auengebiet wieder den Erholungssuchenden

  28.04.2021 Aktuell, Foto, Utzenstorf, Gesellschaft, Region, Bätterkinden

Während früher schmale Wanderwege für die bisweilen zahlreichen Besucherströme ausgereicht haben, die zu Fuss, mit Wanderstöcken, mit Velos, Hunden oder als Jogger im Naturschutzgebiet beidseits der Emme unterwegs gewesen sind, führt heute ein gekiester, breiter Weg entlang der Emme bis zum Schalunenwehr. Grosse Baumaschinen sind unterwegs, gestalten einen Weiher oder legen Waldboden auf die Böschungen an. Im Frühling 2022 wird der Dammweg auf die übliche Breite von drei Metern fertiggestellt. «Selbstverständlich sind weiterhin keine privaten Fahrzeuge im Auengebiet zugelassen», betont Urs Salvisberg, Präsident des Schwellenverbandes Emme 1. Sektion (Mitglieder: Aefligen, Bätterkinden, Kirchberg, Lyssach, Rüedtligen-Alchenflüh, Utzens­torf, Wiler, Zielebach).

Lange Vorlaufzeit
Rückblickend hält der früher im Gemeinderat von Bätterkinden tätige Salvisberg fest, dass «erste Gespräche betreffend einer Revitalisierung der Emme schon vor rund einem Dutzend Jahren begonnen haben. Der Kanton hat verschiedene Varianten ausgearbeitet, unter anderem Vorschläge, die Emme bei Hochwasser gezielt in ein definiertes Auengebiet ausufern zu lassen. Solche Projekte wollte man mit einem verbesserten Hochwasserschutz kombinieren.»
Die Wasserbaupflicht in diesem Abschnitt der Emme liegt beim Schwellenverband. Für die Finanzierung des Projekts musste der Kredit von sechs Millionen Franken an der Abgeordnetenversammlung beschlossen werden. Dabei musste der Brutto­kredit beschlossen werden, obwohl schlussendlich nur ein geringer Teil der Kosten durch den Verband getragen werden muss. Salvisberg nennt Zahlen: «Bund und Kanton übernehmen 95 Prozent des Betrages, wobei der Bund ganze 80 Prozent beiträgt. Der BKW-Ökofonds und der Renaturierungsfonds tragen 2,5 Prozent bei, während der Schwellenverband Emme Sektion 1 den Rest finanziert.» Der Präsident zeigt sich zuversichtlich, dass nicht die gesamte Summe für die Arbeiten nötig sein wird.
Gleichzeitig kommt er auf die nächste Revitalisierungsetappe bei der Emme zu sprechen: «Unser Ziel ist es, der jetzigen Baustelle bis nach der Strassenbrücke Utzenstorf – Bätterkinden den Hochwasserschutz sicherzustellen und gleichzeitig den Flusslauf sowie den Uferbereich aufzuwerten.»

Ende der Arbeiten offen
Auf die Frage, wann die vor rund zwei Jahren begonnenen Bauarbeiten für die Revitalisierung des Auengebietes Ämmeschache-Urtenensumpf abgeschlossen sein werden, schränkt Salvisberg ein: «Ein genauer Zeitpunkt kann nicht festgelegt werden. Der grösste Teil der vorgesehenen Arbeiten ist ausgeführt. Allerdings sind im Herbst/Winter noch zusätzliche Arbeiten vorgesehen, die sich aus dem Verhalten der Emme in den kommenden Monaten ergeben werden. Jetzt lassen wir dem Fluss die nötige Zeit, um sich seine Umgebung auf diesem 1,7 Kilometer langen Teilstück selber zu gestalten. Das Flussbett ist theoretisch vorgegeben, doch die Emme kann ab jetzt mäandern und zusätzliche Ausbuchtungen, Kiesbänke, Fischunterstände usw. entstehen lassen.» Der grössere Teil der Bauarbeiten findet auf dem Gemeindegebiet von Utzenstorf statt und zieht sich auf dieser Uferseite auch weiter flussabwärts hin.
Voraussichtlich im Frühling 2022 ziehen die Bauverantwortlichen Bilanz, was für ein Gesamtbild sich dann präsentiert. Aber sie schauen nicht nur zu, sondern haben ein waches Auge auf die Vorgänge im Flussbett und an den Böschungen. Salvisberg betont, dass «sich die Emme eigendynamisch ausbreiten soll, ihr Flussbett bei Bedarf verlagern und den zur Verfügung stehenden Raum von bis zu 150 Metern Breite voll ausschöpfen kann. Sollte die gewünschte seitliche Erosion sich zu nahe an den Hochwasserdamm ausdehnen, so werden Interventionsmassnahmen zur Abwendung voraussichtlicher Schäden nötig. Dafür stehen 1,6 Millionen Franken zur Verfügung.»
Auch die Aufforstungsarbeiten beidseits der Emme werden sich über eine längere Zeit hinziehen. Dabei ist offen, ob Bäume und Sträucher wie gewünscht anwachsen oder teilweise ersetzt werden müssen.

Steinblöcke von beträchtlichem Ausmass
Ingenieur André Dällenbach vom Burgdorfer Bauingenieurbüro Stebler + Dällenbach erläutert die Uferverbauungen beidseits der Emme: «Die grössten beim Uferschutz verbauten Felsblöcke aus der Innerschweiz wiegen zwischen drei und fünf Tonnen pro Stück und sollten künftigen Hochwassern standhalten», präzisiert er.
Früher haben Hochwasser und mitgerissene Holzstämme beträchtliche Schäden angerichtet. Die Blöcke werden von routinierten und spezialisierten Baggerführern in einer Tiefe von 2,5 bis 3 Metern tiefer als die Flusssohle eingebunden. Mittlerweile lässt sich gut beobachten, dass ein Teil der Blöcke bis zu zwei Metern über der Flusssohle verbaut worden ist. Darüber schichten die Baggerführer noch kleinere Blöcke aus dem alten Blockverbau, Wurzelstöcke und Baumstämme. Damit wird erreicht, dass nicht nur der dahinter liegende Kanal gesichert wird, sondern auch das angrenzende Gemeindegebiet von Bätterkinden und Utzenstorf.

Erwünschte Auenlandschaft
Ein besonderes Augenmerk legen die Verantwortlichen «bei der Revitalisierung der Emme auf die Entstehung einer sich natürlich entwickelnden Auenlandschaft, die Tieren einen artgerechten Lebensraum und lokalen Pflanzen und Bäumen ausreichend Platz bietet», betont er. «Dazu gehören auch die teils schon entstandenen Inseln in der Emme, die sich strömungsbedingt aus verkeilten Holzstämmen, Steinen und Kies gebildet haben oder die durch solches Material von uns geformt und dann mit Stämmen in der Flusssohle verankert worden sind.»
Auf diesen Inseln soll sich trotz gelegentlicher Überströmung durch die Emme Vegetation ansiedeln, sollen Unterstände für Fische und Brutmöglichkeiten für Vögel und Insekten entstehen. Gleichzeitig kann die Emme dank eigener Dynamik mäandern und den Flusslauf – beinahe – nach Belieben verändern.
Dällenbach weist auf die fast abgeschlossenen Bauarbeiten am für den Hochwasserschutz nötigen Damm hin, für dessen 1300 Meter Länge bei rund zwei Metern Höhe enormer Arbeitsaufwand nötig gewesen ist. Die neuen Inseln im Fluss sollen dazu beitragen, dass die Emme Richtung Damm vermehrt «frisst», neue Läufe bildet und im ganzen Gebiet mäandert. Mit der zur Verfügung gestellten Breite soll sich eine Auenlandschaft mit passendem Baum- und Pflanzenwuchs entstehen. Der noch vorhandene Wald zwischen Emme und neuem Damm wird vollständig der Natur überlassen; auch hier wird künftig ein Mäandern der Emme erwartet.
Sämtliche Bauarbeiten sind bisher unfallfrei ausgeführt worden.

Gerti Binz


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote