Wenn in Lyssach die Kakteen blühen

  08.04.2021 Aktuell, Foto, Kultur, Region, Lyssach

Der Frühling zeichnet sich so langsam ab: Die Sonne brennt vom Himmel, die Temperatur steigt teilweise bereits auf über 20 Grad, die ersten Blumen zeigen ihre Farbenpracht und auch in Martin Hubachers Gewächshaus, direkt am nordwestlichen Eingang von Lyssach, erwachen die Kakteen aus ihrer Winterruhe und zeigen ihre wunderschönen Blüten.
Dabei hat selbst Martin Hubacher am Anfang gar nicht gewusst, dass Kakteen unter idealen Bedingungen überhaupt so schön blühen können. Den begeisterten Kakteensammler hatten zu Beginn besonders die Stacheln angesprochen. Nach zahlreichen fehlgeschlagenen Versuchen, die Kakteen über eine längere Zeit am Leben zu erhalten, setzte er sich im Internet und mit Fachbüchern genauer mit dem Thema auseinander. Heute weiss er: «Wenn man die Grundregeln einhält, ist es gar nicht so kompliziert, wie viele denken.» Die wichtigste Regel dreht sich dabei ums Wasser: «Nicht zu viel Wasser, besonders nicht stehendes, sonst beginnen die Kakteen zu faulen», erklärt der Experte. Martin Hubacher giesst seine eigenen Kakteen alle zwei Wochen. Je nach Art kriegen einige dann aber ein bisschen mehr Wasser ab als andere. Was bei vielen Leserinnen und Lesern zu Hause wohl nur einige Minuten dauert, ist für Martin Hubacher eine längere Beschäftigung: Ganze 500 Liter Wasser und rund zweieinhalb Stunden verschlingt die Bewässerung der stacheligen Zierpflanzen. Denn im Gewächshaus bei seinem Wohnort hat Hubacher auf rund 28 Quadratmetern auf zwei Stockwerken circa 2000 Kakteen von 600 verschiedenen Sorten untergebracht.
Auch genügend Licht, «am besten Sonnenlicht», ist ein wichtiger Faktor, damit sich die Kakteen wohlfühlen. So sollte man Kakteen am besten draussen oder beispielsweise auf dem Balkon halten. Bei zu wenig Licht kann es zu einer «Vergeilung» der Pflanze führen. Dann wächst der Kaktus besonders lang und dünn, ist aber nicht gesund und wird so auch nicht blühen.

Ein halbes Jahr ohne Wasser
Beim Besuch der «D’REGION» Ende März 2021 blühen viele der Kakteen bereits in einer wunderbaren Farbenpracht. Und das, obwohl sie dieses Jahr noch gar nicht «gefüttert» beziehungsweise «getränkt» wurden. Den ersten Schluck Wasser erhielten sie erst am letzten Märzwochenende nach über einem halben Jahr Trockenheit. Wie andere Sukkulenten speichern auch Kakteengewächse eigene Wasservorräte in ihren Pflanzenteilen und können so längere Durststrecken überstehen.  
Wer selbst Kakteen hat, diese aber noch nie blühen gesehen hat, pflegt sie vielleicht nicht ganz richtig. Auch eine Winterruhe gehört zum Lebenszyklus dieser Pflanze. «Im Winter sollte man sie kühl  und trocken lagern, am besten in einem Keller», rät Hubacher. «Wenn die Kakteen diese Ruhephase nicht haben, blühen sie auch nicht.»

Die scheue Königin
Martin Hubacher präsentiert verschiedene Kakteen, um sie besser zeigen und erklären zu können. Dabei hantiert er mit blossen Händen. «Ich habe meine Finger noch regelmässig voller Stacheln. Ich habe bereits verschiedene Handschuhe probiert, aber die bringen alle nichts», lacht er. Viele seiner Kakteen hat er selbst gesät und aufgezogen. Das älteste Exemplar seiner Sammlung ist mit 50 Jahren aber älter als er selbst. «Diesen Kaktus habe ich von einem Vereinsmitglied der Berner Kakteenfreunde übernommen, der sich aus Altersgründen nicht mehr selbst um die Pflanze kümmern konnte», erzählt Hubacher. Mittlerweile ist der Vereinskamerad leider verstorben. Selbstverständlich kümmert sich Hubacher aber weiterhin sorgfältig um den stattlichen Kaktus.
Auch wenn die stolze Pflanzensammlung nur alle zwei Wochen getränkt werden will, heisst das nicht, dass sie sonst keine Zeit in Anspruch nimmt. Schädlingskontrolle ist das A und O der Kakteenzucht. «Wollläuse und Spinnmilben sind die grösste Bedrohung», weiss der 46-Jährige aus Erfahrung. So kontrolliert er seine Kakteen regelmässig auf unliebsame Bewohner. Diese Kontrollen sind aber nicht nur Pflicht. «Besonders am Morgen verströmen die Blüten einen wunderbaren Duft», schwärmt Martin Hubacher. So geniesst er vor dem Arbeitsbeginn gerne die ruhigen Momente mit den Kakteen. Einen weiteren Grund für regelmässiges Besuchen liefern auch ganz besondere Exemplare der umfangreichen Sammlung, etwa die Selenicereus grandiflorus, im Volksmund eher bekannt als «Königin der Nacht». Dieser ganz spezielle Kaktus blüht nur einmal im Jahr für genau eine Nacht: Ein Ereignis, das man nicht verpassen möchte. In so einem  Fall geht Martin Hubacher abends und morgens zum Gewächshaus, um diese besondere Blütezeit erleben zu können.
Alle drei Jahre werden die Kakteen umgepflanzt und erhalten grössere Töpfe. «Da herrscht dann oft ein bisschen Platzmangel im Gewächshaus», so Hubacher. Das Umtopfen dient auch dazu, den Pflanzen neuen mineralhaltigen Erdboden zuzuführen. Für den Extrakick sorgt ausserdem noch etwas  gewöhnlicher Stickstoffdünger.

Auch für draussen geeignet
Der Verein Kakteenfreunde Bern, bei welchem Martin Hubacher als Bibliothekar waltet, organisiert zweimal im Jahr einen Kakteenmärit bei der Heiliggeistkirche in Bern. Für Kakteeninteressierte die ideale Gelegenheit, um sich einen stacheligen Mitbewohner anzuschaffen. Hubacher: «Es gibt Arten, die sehr pflegeleicht sind und bei denen man fast nichts falsch machen kann.»
Einige von Hubachers Kakteen sind auch ausserhalb vom Gewächshaus angesiedelt. Über diese Kakteen setzt Hubacher lediglich ein Dach, um sie vor zu viel Niederschlag zu schützen. Eine noch härtere Gattung hat er in seinem Garten angepflanzt. Diese Kakteen bleiben das ganze Jahr an Ort und Stelle und trotzen dort Schnee, Sturm und Regen. Nicht nur die Kakteen im Garten von Martin Hubacher sind hier gut verwurzelt. Hubacher selbst arbeitet seit gut 20 Jahren beim bekannten regionalen Bauunternehmen Faes Bau AG und ist auch Teil der Hornusser Rüdtligen-­Alchenflüh.

David Kocher

 

Eine Galerie mit Bildern von Martin Hubacher finden Sie HIER.


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