Papieri-Areal wird zum «Emmepark»
24.08.2021 Aktuell, Utzenstorf, Wirtschaft, RegionGemeinde Utzenstorf, die Migros Aare, Digitec-Galaxus und die Post luden am 17. August 2021 zum dritten Infoanlass nach Utzenstorf ein. Ziel war es, die Bevölkerung über den Stand der Planungen auf dem Papieri-Areal sowie das weitere Vorgehen zu informieren. Rund 300 Personen nahmen an den zwei, wegen der Coronapandemie um 17.00 und 19.30 Uhr, angesetzten Infoveranstaltungen teil.
Die Gebäude auf dem Areal im Norden von Utzenstorf sind grösstenteils rückgebaut und der Boden von Altlasten befreit. Bis Ende 2022 sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein. Das Areal wird neu «Emmepark» genannt und verfügt über eine eigene Website www.emmepark.ch. Digitec-Galaxus hat die Baubewilligung bereits im November 2020 mit dem Umweltverträglichkeitsbericht eingereicht. Die darauf eingegangenen Einsprachen bezogen sich grösstenteils auf den Verkehr/Mehrverkehr durch Utzenstorf wie auch die umliegenden Gemeinden. Der Bericht sah vor, dass 80 Prozent des Verkehrs durch Wiler/Gerlafingen Richtung Autobahnanschluss Kriegstetten fährt und 20 Prozent des Verkehrs durch Utzenstorf Richtung Autobahnanschluss Kirchberg. Die Gemeinde Utzenstorf, die Migros als Grundeigentümerin und Digitec-Galaxus als Bauherrin haben die Anliegen der Einsprecher ernst genommen. Die Post, welche ihr Gebäude auf der südlichen Seite von Digitec-Galaxus plant, kann betreffend Mehrverkehr Hand bieten. Sie kann nämlich ihre Transporte planen/leiten und diesen, mehrheitlich via den Anschluss Kirchberg lenken, um eine gleichmässige Verteilung des Verkehrs auf die betroffenen Gemeinden zu erzielen. Dies kann die Post zusammen mit ihrem Baugesuch im September 2021 in einem angepassten Umweltverträglichkeitsbericht einreichen. Unter dem Strich, bei Vollauslastung der beiden Betriebe Digitec-Galaxus und der Post, bedeutet das für die Gemeinden Wiler, Gerlafingen und Utzenstorf je neun Lastwagenfahrten pro Stunde mehr als der bisherige stündliche Verkehr. Um die Lärmbelastung zu minimieren, verbaut Utzenstorf Flüsterbeläge auf diversen Strassen und signalisiert eine Tempo-40-Zone im Bereich Schloss- und Jurastrasse. Im Dorfkern ist ein neuer Kreisel bei der Kreuzung Unterdorfstrasse/Poststrasse/Hauptstrasse geplant. Entsprechende Gespräche werden mit dem Kanton geführt.
Alle Beteiligten legten die Fakten auf den Tisch, erwähnten die konstruktive Zusammenarbeit und hielten fest, dass der Fahrplan (Inbetriebnahme 4. Quartal 2023) nach wie vor realistisch ist. Alles in allem sollen rund 500 Arbeitsplätze und Lehrstellen entstehen. Das Gewerbe der umliegenden Gemeinden kann durch Aufträge profitieren und die Gemeinden durch Steuereinnahmen. Zurzeit ist jedoch unklar, ob die Betriebe nur eerktags oder auch am Wochenende arbeiten – bis Redaktionsschluss haben wir noch keine Stellungnahme der Bauherren erhalten. Klar ist aber, dass die Überbauung des Baufeldes 1 wie geplant möglich ist, da es das bisherige Verkehrsaufkommen der Papierfabrik Utzenstorf nicht überschreitet und das Bauvorhaben Digitec-Galaxus bereits bewilligt ist. Die spätere Bebauung der Felder 2, 3 und 4 macht jedoch eine Verkehrsplanung unumgänglich.
Bei der anschliessenden Fragerunde stellte sich heraus, dass der Verkehr/Mehrverkehr bei den meisten Anwesenden nach wie vor das Hauptthema ist. Neben Präzisierungsfragen wie «Wieso Tempo 40 und nicht gerade 30er-Zone?» oder «Wie sieht das Sicherheitskonzept für die anderen Verkehrsteilnehmer aus?», kamen auch Vorschläge zu alternativen Umfahrungslösungen oder sogar die Verlegung des Areals näher an die Autobahn. Es ist seit Längerem klar, dass solche Alternativen nicht (in nützlicher Frist) realisierbar sind, doch sind es Anliegen, welche die Bewohner der Gemeinden bewegen. Fakt ist jedoch, dass das Areal bisher immer für Industrie genutzt wurde und vom Kanton entsprechend eingestuft ist. Die ehemalige Papierfabrik hat viel Verkehr produziert (Lastwagen wie auch PWs) und dies sogar im Schichtbetrieb. Durch die Schliessung des Zugangs von Wiler her wie auch durch die Stilllegung des Areals im Jahr 2017 haben sich die meisten Anwohner an die «ruhigere» Situation gewöhnt. Bei diesem Thema sei erwähnt: Florian Teutenberg, Geschäftsleiter von Digitec-Galaxus, zeigte in seiner Präsentation, dass während der Coronalockdowns in die betroffenen Gemeinden rund 30 Prozent mehr Waren geliefert wurden. Es zeigt, dass ein grosses Bedürfnis für Onlinelieferdienste vorhanden ist und von irgendjemandem toleriert werden muss. Da kommt einem schnell das geflügelte Wort «Die Geister, die ich rief» in den Sinn.
Nach den Infoveranstaltungen war allen klar: Die Bebauung des ersten Baufeldes kann nicht mehr verhindert werden. Die beteiligten Firmen wie auch die Gemeinde stehen trotzdem in Kontakt und suchen nach Optimierungen. Für die Überbauung der restlichen drei Baufelder sind jedoch zusätzliche Verkehrsmassnahmen (wie z. B. Umfahrung der Siedlungsgebiete oder direkter Autobahnanschluss) Voraussetzung. Das Ziel der Migros ist, das komplette Areal bis Ende 2030 zu bebauen (Überbauungsziel 2030+). Wer allerdings verfolgt, wie lange andere Umfahrungsprojekte im Kanton Bern dauern, kann sich vorstellen, dass dieses Ziel recht ehrgeizig ist. Es fliesst bis dahin wohl noch viel Wasser die Emme herunter.
Alexandra Weber