Burgdorf prüft konkrete Sparmöglichkeiten

  10.11.2021 Aktuell, Politik, Foto, Burgdorf

Laut Beatrice Kuster, Gemeinderätin Ressort Finanzen, ist die Finanzlage von Burgdorf angespannt, aber noch nicht alarmierend und kann ausgeglichen werden: Das Budget 2022 mit einem Gesamtumsatz von 114 Millionen Franken schliesst auf der Stufe operatives Ergebnis im Gesamthaushalt (allgemeiner Haushalt und Spezialfinanzierungen) mit einem Verlust von 5,7 Millionen Franken. Das ist 1,5 Millionen Franken schlechter als im Budget 2021 ausgewiesen. «Trotzdem können wir den Steuerfuss – immerhin seit Jahren unverändert – auf 1,63 belassen.»
Den zusätzlichen Mehraufwand führt sie zurück «auf die Folgen der Corona-­pandemie im Sektor Betriebsaufwand (Personalkosten in der Sozialdirektion sowie beim Lastenausgleich) sowie auf rückläufige Steuereinnahmen bei juristischen Personen».
Sie gibt bekannt, dass am 18. Au­gust 2021 gemäss Gemeinderatsbeschluss das Budget 2022 an die Direktionen zurückgewiesen worden ist mit dem Auftrag, zusätzliche Sparmassnahmen aufzuzeigen. Das hat sowohl die Einmal-
ausgaben als auch die wiederkehrenden Einnahmen betroffen. «Durch die bereits realisierten Sparmassnahmen entstehen der Stadt Burgdorf und unserer Infrastruktur keine Schäden», betont sie. «So konnten Budgetverbesserungen von 1,3 Millionen Franken erzielt und ein positives Budgetergebnis von 1,4 Millionen Franken Gewinn ausgewiesen werden.»

Dank vorgeschriebenem Finanzkniff
«Dank der ausserordentlichen Entnahme von 5,4 Millionen Franken aus der Neubewertungsreserve ist es uns – bereits zum zweiten Mal – möglich, das Budget 2022 mit einem positiven Ergebnis, wie es uns ein zurückliegender Stadtratsbeschluss vorschreibt, auszuweisen», erläutert Beatrice Kuster. Genau wie Peter Hofer, Leiter der Burgdorfer Finanzdirektion, warnt sie vor diesem «buchhalterisch optimierenden Papiergeld», das sich nicht greifbar in der Stadtkasse befindet und zeitlich limitiert ist.
«Wir müssen gemäss den Vorgaben jährlich 5,4 Millionen Franken aus der 2016 erstmals ausgewiesenen Neubewertungsreserve (unserer höher eingeschätzten Liegenschaften, deren Räumlichkeiten nicht in Zusammenhang mit der städtischen Verwaltung stehen, vermietet sind und auf mehr als zusätzliche 30 Millionen Franken beziffert worden sind) in unsere Budgets und Rechnungen übernehmen. Das schönt diese, bringt aber keine Gesundung der Finanzen. Aus diesem Grund müssen wir uns in allernächster Zeit mit wirkungsvollen Sparmassnahmen beschäftigen und werden daher im Frühling 2022 nach Vorliegen konkreterer Zahlen die von den Direktionen bis dahin vorgeschlagenen Sparmöglichkeiten prüfen.»

Schwierige Aufgabe
Beatrice Kuster räumt ein, dass «die Direktionen vor teils schwierige Entscheidungen gestellt werden, wenn sie selber eventuelle Sparmöglichkeiten in ihren Ressorts benennen sollen. Aber dieses Vorgehen ist nicht neu, wurde bereits mehrmals durchgeführt und ist seriöser und weniger belastend, als wenn von oben herab Sparmöglichkeiten verfügt werden.» Gleichzeitig weist die Gemeinderätin darauf hin, dass «sich die Gesellschaft verändert und wir uns dem anpassen müssen. Das bedeutet eine Überprüfung der städtischen Dienstleistungen und all dessen, was nötig oder nur wünschenswert ist. Mitunter stellt sich heraus, dass gewisse Angebote gar nicht mehr gefragt sind. Hier liegt durchaus Sparpotenzial. Immerhin belaufen sich die Burgdorfer Schulden auf 107 Millionen Franken.» Um dann umgehend zu beschwichtigen: «Unser Vermögen ist doppelt so gross.»

Lösungen dank Budgetklausur
Beatrice Kuster gibt den Fahrplan für eine mögliche Verbesserung der Burgdorfer Finanzen bekannt: «Sobald im März 2022 verlässliche Zahlen zur Rechnung 2021 vorliegen, werden wir in einer Budgetklausur festlegen, bei welchen Positionen auf welche Art Einsparungen möglich sein können. Wo optimieren, welche Leistungen herunterschrauben, was wird gebraucht, geschätzt, was ist wenig sinnvoll und was überflüssig. Es kommen Probleme und Diskussionen auf uns zu, das wissen wir. Eine Lösung ist nur im gemeinsamen Gespräch möglich.»
Bezüglich der Steuereinnahmen herrscht Unsicherheit wegen der Coronapandemie, das Personal der Sozialdirektion muss zusätzliche Personen betreuen. Dazu kommen personelle Abgänge. Burgdorf hat den Klimanotstand akzeptiert, was eine Personalaufstockung in der Baudirektion nach sich zieht. «Wir müssen mit unseren Ressourcen und Finanzen sorgfältig umgehen», schliesst Beatrice Kuster, «denn wir sind nicht die letzte Generation; andere kommen nach.»

Verhalten optimistisch
Peter Hofer zeigt sich bei der Erläuterung der budgetierten Erfolgsrechnung 2022 optimistisch und verweist auf Budget und Rechnung 2020. «Von 2016 bis 2020 ist das Budget jeweils schlechter ausgefallen, als sich die Rechnung anschliessend präsentiert hat», erläutert er. «In den Jahren 2017 bis 2019 sogar ganz wesentlich besser. Wir budgetieren einfach vorsichtig.» Der betriebliche Aufwand fällt 7,6 Millionen Franken höher aus als im vorherigen Budget, ebenfalls der Ertrag mit 6 Millionen Franken. Der budgetierte Gewinn 2022 von 1,723 Millionen Franken ist allerdings 47,5 Prozent tiefer als im Budget 2021.
Hofer betont, dass von geplanten Inves­titionen im Schnitt nur 60 Prozent zur Ausführung gelangen. Laut der Mittelfristigen Investitionsplanung sind für 2022 Bruttoinvestitionen von total 11,4 Millionen Franken und Nettoinvestitionen von 9,7 Millionen Franken geplant. «Das bedeutet, dass im Budget 2022 mit einer Selbstfinanzierung von rund - 500 000 Franken gerechnet wird, wodurch zur Finanzierung des Burgdorfer Haushaltes bereits eine weitere Neuverschuldung nötig würde. Die gesamte Neuverschuldung der Stadt würde dann ungefähr 10,1 Millionen Franken betragen. Bei den allerdings in den letzten Jahren realisierten 60 Prozent der Nettoinvestitionen würde sich die Neuverschuldung nur auf 6,3 Millionen Franken belaufen.»
Er zählt die im Budget 2022 aufgeführten Bauvorhaben mit über  500 000 Franken auf: Hochwasserschutz Heimiswilbach (700 000 Franken), Regenrückhaltebecken Gyrischachen (500 000 Franken), Überarbeitung GEP (generelle Entwässerungsplanung; 500 000 Franken), Altstadt und Weihnachtsbeleuchtung (1,5 Millionen Franken), neuer Bushof (700 000 Franken), Amortisation Darlehen Primatwechsel Pensionskasse (600 000 Franken), modularer Schulbau Schlossmatt (eine Million Franken), Erneuerung Gebäudeautomation Kornhaus (1,093 Millionen Franken).
Auch Hofer nennt verschiedene Sparmöglichkeiten wie weniger Bushaltestellen, grössere Schulklassen und anderes, während zusätzliche Sozialfälle mehr Personal bedingen und auch anderswo höhere Kosten anfallen. «Wir müssen die finanzielle Situation von Burgdorf unbedingt verbessern, bevor der jährliche Zustupf von 5,4 Millionen Franken aus der Neubewertungsreserve wegfällt.»

Gerti Binz

 


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote