Weniger Käse und Fleisch für Heimiswil

  15.12.2021 Aktuell, Wirtschaft, Foto, Region, Gesellschaft

Bald wird Heimiswil um ein «Dorflädeli» ärmer sein. Am 31. Dezember 2021 um 16.00 Uhr schliesst das «Lädeli» der Käsereigenossenschaft Heimiswil-Dorf an der Kirchmatte 8 seine Türen. Wie lange es den Laden gegeben hat, weiss selbst die Käsereigenossenschaft nicht mehr so genau. Sicher ist nur: Die letzten 32 Jahre und 5 Monate waren Alice und Peter Fankhauser an der Kirchmatte 8 zu Hause und haben das «Lädeli» zu ungeahnter Grösse ausgebaut.
Am 1. August 1989 trat das Ehepaar Fankhauser die neue Stelle an – Alice Fankhauser kümmerte sich um den Laden, Peter Fankhauser um die Milch­annahmestelle. Nach einigen Jahren stellte Genossenschaftspräsident Ruedi Widmer die Frage in den Raum, ob man den freien Verarbeitungsraum (seit 1982 wurde am Standort nicht mehr selbst Käse hergestellt) nicht als Metzgerei nutzen könnte. Für Peter Fankhauser als ausgebildeter Metzger ging ein Traum in Erfüllung. So verdoppelte man die Verkaufsfläche und bot nun neben Milchprodukten auch Fleisch- und Wurstwaren an. Mit dem breiteren Angebot reagierte man auf die immer grösser werdende Konkurrenz durch Migros und Coop. Da der kleine Laden und die Milchannahme aber nicht zur Existenzsicherung reichten, arbeitete Peter Fankhauser (bis zu seiner Frühpensionierung vor einigen Jahren) Vollzeit im Armeemotorfahrzeugpark (AMP) in Burgdorf. So hiess es dann jeden Tag: frühmorgens aufstehen, wursten, die frische Milch annehmen und anschliessend zur Arbeit fahren. Abends standen erneut Milchlieferungen an und weitere Fleischprodukte wollten ebenfalls verarbeitet werden. Dazu kamen noch zwei kleine Kinder – geboren 1982 und 1985. «Das braucht Leidenschaft und Freude an der Arbeit, sonst geht so etwas nicht», erzählt Peter Fankhauser und weiss auch, dass sich die Zeiten geändert haben: «Junge wollen so etwas heute nicht mehr machen, sie wollen lieber ihre Freizeit geniessen.» So war es für das Ehepaar Fankhauser aber schon lange klar, dass sie das Leben nach der Pensionierung etwas ruhiger angehen wollen. Da Alice Fankhauser dieses Jahr nun ebenfalls pensioniert wird, ist der Zeitpunkt gekommen, um sich vom «Lädeli» zu verabschieden. Die treuen Kundinnen und Kunden wird Alice Fankhauser aber vermissen, wie sie erzählt. «Bei uns war es selten hektisch. Da hatte man oft auch Zeit für die Leute selbst. Wir sind sehr dankbar, dass wir den Laden überhaupt so lange führen konnten», so Alice Fankhauser. Paul von Ballmoos, Präsident der Käsereigenossenschaft Heimiswil-Dorf, äussert sich sehr positiv: «Die Beziehung und Zusammenarbeit waren immer sehr gut.» Der Landwirt erklärt, dass das «Lädeli» natürlich auch in der Genossenschaft besprochen wurde, aber man habe nach der Pensionierung des Ehepaars keine Zukunft mehr dafür gesehen.
»Wir würden uns sehr freuen, wenn wir unsere Kundinnen und Kunden noch ein letztes Mal im Laden begrüssen dürften. In der Altjahrswoche wird alles ausverkauft, es könnte also sein, dass wir nicht mehr alles im Angebot haben», sagt Alice Fankhauser. Auch später wird man Alice und Peter Fankhauser natürlich in Heimiswil antreffen, weil sie weiterhin an der Kirchmatte 8 wohnen bleiben und die Milchannahmestelle ebenfalls für die weitere Zukunft dort verbleiben wird. Denn so viel zu tun wie früher gibt es nicht mehr. «Damals gab es noch 29 Bauern, welche uns jeweils morgens und abends die frische Milch gebracht haben», erinnert sich Peter Fankhauser. 32 Jahre später sind es noch deren acht, welche alle zwei Tage am Morgen ihre Milch anliefern. Das liegt aber nicht unbedingt daran, dass weniger Milch produziert wird. Einige Bauernbetriebe wurden immer grösser, während kleinere «geschluckt» wurden. Und dank neuer Kühlmethoden bleibt die Milch auch längere Zeit frisch.

David Kocher


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