Genau gleich – nur in Miniaturgrösse

  23.02.2022 Aktuell, Foto, Kultur, Gesellschaft

Viele Leserinnen und Leser kennen die Situation, welche ausschlaggebend für das Hobby von Martin Müller gewesen ist. Als das Coronavirus im Frühjahr 2020 vieles in den Stillstand versetzte und das alltägliche Leben lahmlegte und entschleunigte, machte sich der 63-jährige Oberburger auf die Suche nach einem Hobby, mit welchem er sich beschäftigen kann. Inspiriert durch einen Künstler stösst er auf die Idee, Häuser abzufotografieren und sie in kleinster Form, in Miniatur, nachzubauen. Fortan wird das Nachbauen in Miniaturgrösse zur Leidenschaft und zum grossen Hobby von Müller.

Ein Auge für das Detail
«Ich habe schon immer gerne gebas­telt. Auch das Malen gehört schon seit geraumer Zeit zu meinen Freizeitbeschäftigungen», erzählt er. Martin Müller verfügt folglich über künstlerisches Talent, welches nun auch seiner neuen Beschäftigung zugutekommt. Als erstes Objekt wählt er ein altes Holz­haus in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung. Dieses fotografiert er aus allen Winkeln, achtet dabei auf jedes noch so kleine Detail am und um das Gebäude herum und macht sich daran, dieses in Miniatur umzusetzen. «Die Nähe zum Objekt war natürlich ein Vorteil, da ich für die kleinen Details die Möglichkeit hatte, einfach kurz zur Haustüre hinauszugehen, um das Objekt genauer unter die Luppe nehmen zu können», sagt der Oberburger. Die Miniaturobjekte bestehen zum grössten Teil aus Holz. Um aber die Originalversion so detailliert und korrekt wie möglich abzubilden, gilt es, kreativ zu sein. So wird aus einer alten Mayonnaisetube eine Spritzkanne, die auch in echt vor dem Haus steht. Ein aufgeschnittenes Kupferkabel wird genutzt, um die Reben an einer Pergola abzubilden. Solch kleine Feinheiten umsetzen zu können erfordert feine Hände und eine ebenso feine Arbeitsweise. So sind es beispielsweise 750 Pflastersteine und 580 Ziegelsteine in kleinster Form, die ein fertiggestelltes Kunst­objekt des ehemal­igen Maurerpoliers ausmachen. «Die Leute staunen oft über die feinen Hände von ihm, wenn sie erfahren, welches seine berufliche Tätigkeit war», erzählt seine Frau Brigitte Müller.


Ein Hobby, das bleibt
Die Miniaturversionen fertigt Müller in seinem Wintergarten an, welchen er aufgrund des neuen Hobbys kurzerhand zu seiner «kleinen Werkstatt» umfunktioniert hat, wie er schmunzelnd erzählt. «Ab und an war es ein ziemliches Chaos in unserer Wohnung und wir wussten kaum, wo wir essen sollten», lacht Brigitte Müller. Denn das Hobby ihres Mannes Martin ist ein zeit­intensives. Für die bisher zwei vollendeten Objekte habe er jeweils etwa 110 und 120 Stunden an Arbeit investiert, schätzt Martin Müller. Packe ihn das «Fieber», wie er es nennt, könne es durchaus sein, dass er um die zehn Stunden am Tag mit der Arbeit an der Umwandlung von Objekten in Miniatur verbringe. Müller ist sich sicher, dass er das Hobby trotz Massnahmenlockerungen hinsichtlich der Pandemie weiterverfolgen werde. So ist er auf der Suche nach neuen Objekten und verweist beispielsweise auf die vielen alten und schönen Bauernhäuser, welche es im ganzen Emmental gibt. Jedoch würde Müller eine Idee oder einen Auftrag für einen Miniaturnachbau gegenüber der eigenen willkürlichen Wahl bevorzugen. «Am schönsten ist es, wenn es eine Beziehung oder einen gewissen Bezug zum Objekt gibt», hält er fest. Der Künstler aus Oberburg ist demzufolge offen für Ideen und Aufträge. Er würde mit seinen Objekten lieber jemandem eine Freude bereiten. Der Preis für einen allfälligen Verkauf sei dabei nebensächlich. «Vielleicht kann dies meine Kosten etwas senken. Es geht aber mehr darum, dass ich die Objekte nicht in meinem Keller stapeln, sondern jemanden damit erfreuen möchte», erklärt er.
Der persönliche Bezug und die Idee von jemand anderem war bei seinem zweiten Modell, einem Gebäude in der Nähe der Stadtkirche in Burgdorf, vorhanden. Ein Freund hatte ihn darauf aufmerksam gemacht. Auch dieses Gebäude, in original aber nicht mehr ausschliesslich aus Holz, ist ein älteres. Der Schwierigkeitsgrad nahm folglich zu. Ein modernes Einfamilienhaus reize ihn weniger, in Miniatur abzubilden, wie er erklärt. «Es erfordert schon einen gewissen Perfektionismus und die Liebe zum Detail», stellt Martin Müller fest.
Für den kommenden Sommer freue sich der passionierte Miniaturbauer jedoch auch wieder auf andere Hobbys. So sei Segeln eine weitere grosse Leidenschaft von ihm. Trotzdem hält er nach wie vor Ausschau nach Objekten und freut sich über Ideen und Vorschläge, was er nachbauen kann. Und dies genau gleich wie das Original – eben einfach in ­Miniaturgrösse.

Joel Sollberger


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