Die Faszination Schwemmholz
20.04.2022 Aktuell, Foto, Kultur, GesellschaftSchwemmholz, auch Treibholz genannt, ist Holz, welches im Wasser treibt und durch äussere Einflüsse wie beispielsweise eben Wasser, Sand oder Sonne spezielle Formen annimmt. Wer ab und an einen Spaziergang an der Emme oder einem anderen Fluss gemacht hat, hat bestimmt schon Schwemmholz gesehen. «Lange Zeit habe ich mich nicht wirklich geachtet und nahm das Schwemmholz nicht besonders wahr», erzählt Hans Glauser. Dies änderte sich, als seine Frau Margrit sich vor rund 15 Jahren, aufgrund ihrer Arbeit in einer Gärtnerei, auf die Suche nach Wurzeln machte. Das Ehepaar ging gemeinsam ins Diemtigtal im Berner Oberland. Dort entdeckte Hans Glauser, nebst den gesuchten Wurzeln, die Leidenschaft für das Suchen von Holz. «Ich merkte, dass das auch etwas für mich selbst sein könnte. Von da an achtete ich bei Spaziergängen mehr auf die Natur», erzählt der bald 73-Jährige. Das Schwemmholz, welches er an der Emme von Wiler bis Kirchberg findet, hat es ihm dabei besonders angetan. Seither sucht Hans Glauser, ausgerüstet mit einer grossen IKEA-Tasche, Stiefeln und einer Grillzange, Schwemmholz, sammelt dieses ein und verarbeitet es dann zu Skulpturen und anderen Kunstwerken. Mit den Jahren kam auch die Expertise, wo sich besonders viel Schwemmholz finden lässt. «Schwemmholz an sich finde ich extrem faszinierend, da es teils sehr alt sein kann und von überallher kommen kann. Keines sieht wie das andere aus, jedes ist auf seine Art einzigartig und ein Unikat», erzählt Hans Glauser begeistert. Die Kräfte und Einflüsse, welche auf das Schwemmholz einwirken, seien extrem, den Entstehungsprozess finde er sehr spannend.
Hans Glauser war 45 Jahre lang für den Schafzuchtverein tätig. Seit seiner Pension hat er nun mehr Zeit für sein grosses Hobby. Teilweise ist er wochenlang unterwegs, bis er genügend Schwemmholz zusammen hat. «Wenn die Emme nur sehr wenig Wasser hat, macht es auch gar keinen Sinn, Schwemmholz zu suchen», weiss Glauser. Ist die Suche jedoch erfolgreich, wird das Treibholz gewaschen, geputzt und im Treibhaus seines Gartens getrocknet. «Oft weiss ich zu Beginn noch nicht, was ich aus einem Stück Schwemmholz machen soll. Doch irgendwann finde ich dann jeweils eine Idee», erklärt der Utzenstorfer. So auch zum Ende des vergangenen Jahres, als er damit begann, Weihnachtskrippen herzustellen und mit Schwemmholz auszuschmücken. Genauso wie jedes Schwemmholz ein Unikat ist, sind auch die Werke von Glauser in ihrer Art einzigartig und keines wie das andere. Auch die Zeitdauer bis zur Fertigstellung eines solchen Schwemmholz-Kunstwerks kann zwischen ein paar Tagen und mehreren Wochen variieren.
Momentan erholt sich Hans Glauser gerade von einer Rückenoperation. Daher sei es ihm nicht möglich, weiteres Schwemmholz zu beschaffen, da er, «vom Arzt verordnet, nur fünf Kilogramm heben darf». Denn das Schwemmholz kann teilweise ein sehr hohes Gewicht haben, dies oftmals aufgrund von im Holz eingefangenen Steinen oder Pfeilern, die zum schwellen benutzt wurden. Sobald er aber wieder vollständig fit sei, werde er der Faszination Schwemmholz wieder nachgehen. Zumal die Suche nach Schwemmholz Bewegung und Betätigung mit sich bringe, was ja einen positiven Effekt auf die Gesundheit habe.
Mit dieser Faszination ist Hans Glauser nicht alleine. «Es gibt viele Leute, die Schwemmholz einfach extrem mögen», weiss er. Gleichgesinnte und Interessierte findet der Utzenstorfer an Ausstellungen. «Vier bis fünf Ausstellungen pro Jahr besuche ich», sagt er. Dabei stehe nicht das Geldverdienen im Fokus. Es sei schön, wenn er mit seinen Kunstwerken jemandem eine Freude bereiten könne. «Es ist und bleibt ein Hobby», hält Glauser fest. Und die aus diesem Hobby entstehenden Schwemmholz-Kunstwerke präsentiert der künstlerisch veranlagte Glauser beispielsweise am Lieblingsmarkt in Bütikofen bei Kirchberg am 7. Mai 2022. Wer sich von den Werken angesprochen fühle, dürfe auch gerne mit ihm Kontakt aufnehmen, sagt Hans Glauser abschliessend.
Joel Sollberger