Informativer Herbstanlass des Hauseigentümerverbands Burgdorf/Trachselwald

  08.11.2022 Aktuell, Burgdorf, Gesellschaft, Region, Vereine

Der Präsident des Hauseigentümerverbands (HEV) Burgdorf / Trachselwald, Christoph Käser, begrüsste die Mitglieder in der bis auf den letzten Platz gefüllten Aula des Gsteig-Schulhauses in Burgdorf. Geplant waren drei Referate mit aktuellen Themen.

«Mangellage bei Strom und Gas – was kommt auf die Bevölkerung zu?»
Unter diesem Titel hielt Urs Gnehm, CEO der Localnet AG und Vizepräsident HEV Burgdorf / Trachselwald, das erste Referat. Er erklärte, dass der Stromverbrauch in den letzten Jahrzehnten massiv gestiegen sei. Dazu beigetragen haben die wachsende Bevölkerung, mehr Stromanwendungen wie beispielsweise Wärmepumpen, die E-Mobilität und der Trend zur Komfortsteigerung durch Elektrifizierung. Die Schweiz habe es versäumt, eigene Produktionskapazitäten auszubauen. Um den Bedarf zu decken, musste dadurch vor allem im Winter Energie aus dem Ausland importiert werden. Lieferländer sind und waren Deutschland, das rund die Hälfte des Stroms mit thermischen Kraftwerken erzeugt, also Kohle, Gas und AKW, sowie Frank­reich, das rund 65 Prozent des Strombedarfs mit AKW produziert. Aktuell seien jedoch viele AKW auf Grund von Revisionen nicht am Netz.
Ein grosses Problem sieht Gnehm in der eigenen Stromproduktion. 2021 wurden rund 5 Prozent des Jahres-Stromverbrauchs aus Photovoltaik(PV)-Anlagen gewonnen, aus AKW knapp 29 Prozent. Die Frage sei, wie nach der Abschaltung der AKW im Winter genügend Energie produziert werden könne.
Die Situation sei momentan angespannt und werde auch in kommenden Jahren während den Wintermonaten kritisch sein. Mittelfristig müsse die Schweiz sämtliche Möglichkeiten der inländischen Stromproduktion nutzen, insbesondere und primär die Wasserkraft, zusätzlich aber auch Solarstrom. Gnehm ist überzeugt, dass die Schweiz nicht auf weitere Grosskraftwerke verzichten kann. Gleichzeitig sei Stromsparen angesagt. Langfristig würde nicht die Politik, sondern die Technologie das Problem lösen, ist der Referent überzeugt.
Folgen der möglichen Strom- und Gasmangellage werden in erster Linie Sparappelle sein. Verschärft sich die Lage, werden Verbote ausgesprochen, später wird der Strom kontingentiert. Die letzte Massnahme wäre eine zeitweise Netzabschaltung. Momentan sei die Versorgung noch sichergestellt und stabil. Die deutschen Gasspeicher weisen einen Füllgrad von über 98 Prozent auf. Je nach Intensität des Winters kann eine Mangellage trotzdem nicht ganz ausgeschlossen werden.

«Bauen mit Holz – die Renaissance eines einheimischen Werkstoffes?»
Zu diesem Thema referierte Franz Lenherr, Geschäftsführer der Roth Burgdorf AG. Früher sei viel mit Holz gebaut worden – Häuser, Baracken und Brücken. Später verdrängten andere Baumaterialien wie Stahl, Backsteine und Beton das altbewährte Holz. Aktuell erlebt es jedoch einen Boom. Es wird als nachhaltig nutzbare Ressource geschätzt, in welcher CO2 langfristig gespeichert ist. Der Wald sei die grösste Fabrik der Schweiz, erklärte der Holzbaufachmann. Er entnimmt der Luft jährlich 10 Millionen Tonnen CO2, was 37 Milliarden gefahrener Autokilometer (ein Benziner verbraucht rund 6 Liter / 100 Kilometer) entspricht. Zudem kann Holz mehrmals stofflich genutzt werden.
Früher boten Holzbauten wenig Komfort. Sie schützten weder vor Hitze noch vor Kälte. Heute sei das anders, erklärte Lenherr. Heute garantiere die Elementfertigung einwandfrei isolierte Zimmer oder voll eingerichtete Badezimmer. Durch Forschung und Innovation seien Holzgebäude zudem brand- und erdbebensicher gebaut.
Die Roth Burgdorf AG bietet fachmännisches Können in der Verarbeitung von Brettschichtholz und ist spezialisiert auf die Planung und Herstellung von Holztragkonstruktionen. Sie garantiert effiziente Projektabläufe bei der Planung und Konstruktion, eine montagefertige Endbearbeitung und den Transport auf die Baustelle. Anhand von Bildern zeigte Lenherr, was im Holzbau alles möglich ist: «die Welle» beim Bahnhof Bern, das Bieler «Swatchhaus», der «Baumwipfelpfad Neckertal», Velohochstrassen, Dachaufstockungen, Wohnsiedlungen aus Holz und sogar ein 75 Meter hohes Hochhaus.
Die Roth Burgdorf AG bezieht zwei Drittel des Rohmaterials aus der Schweiz. Auf dem Dach der Firma liefert eine PV-Anlage einen Grossteil des nötigen Stroms. Aus 97 Prozent des Restholzes entstehen Pellets, 3 Prozent heizen das Produktionsgebäude. Holz ist eine Kreislaufwirtschaft und darum zukunftsträchtig.

Das neue Erbrecht: Was ändert und was bleibt?
Franco Crespi, Notar bei Häusermann + Partner, informierte die HEV-Mitglieder über Änderungen im Erbrecht. Wichtig zu wissen sei, dass das Ehegüterrecht immer vor dem Erbrecht steht. Was also dem überlebenden Ehegatten aus dem Ehegüterrecht zusteht, fällt nicht in die Erbschaft.
Beim Erbgang gehen Vermögen sowie Schulden gemeinsam automatisch an die Erben über, falls sie das Erbe nicht ausschlagen. Die gesetzliche Erbfolge kann durch ein Testament oder einen Erbvertrag abgeändert werden. Vor allem Konkubinatspartner/innen müssen sich bewusst sein, dass sie von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind.
Im neuen Erbrecht erfolgten Änderungen bei den Pflichtteilen. Neu haben Nachkommen die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs, bei den Ehegatten bleibt er unverändert auf der Hälfte. Eltern haben neu keinen Pflichtteil mehr. Wenn in einem Erbvertag über das gesamte Vermögen verfügt wird, darf das Vermögen nicht mehr freiwillig verkleinert werden, da sonst die im Erbvertrag versprochene Erbschaft kleiner wird. Insbesondere darf das Vermögen nicht verschenkt oder gespendet werden. Dieses faktische «Schenkungsverbot» gilt für neue und bereits bestehende Erbverträge. Das Erbrecht eines Ehegatten oder einer Ehegattin erlischt bereits bei hängigen Scheidungen und nicht erst nach deren Abschluss.
Crespi erklärte, welche Personen dringend ein Testament machen sollten, und erläuterte dies anhand von Praxisbeispielen. Die Website www.erbrecht.ch gibt Auskunft.
Im Anschluss an die Veranstaltung offerierte der HEV Burgdorf/Trachselwald ein Apéro.

Helen Käser

 


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