Hochwasser-Hotspot Burgdorf

  16.05.2023 Aktuell, Foto, Bildung, Wirtschaft, Burgdorf, Bildung / Schule, Gesellschaft, Region, Politik

Anlässlich des 10-Jahr-Jubiläums des Mobiliar Labs für Naturrisiken der Universität Bern fand am Dienstag, 9. Mai 2023, in Burgdorf eine öffentliche Veranstaltung mit Exkursion und Podiumsdiskussion statt. Das Thema: «Hochwasserrisiko gestern, heute, morgen». Die Region an der Emme erweist sich im Vergleich mit anderen Gebieten mittlerweile als regelrechter Hochwasser-Hotspot. In Burgdorf sind das Gefahrenpotenzial durch die Emme und das Schadenpotenzial im Siedlungs- und Industriegebiet als hoch einzustufen. Seit Jahrhunderten sind das Emmental und die Gemeinde Burgdorf bekanntermassen von Hochwasserereignissen geprägt. Muss sich die Bevölkerung mit der Klimaveränderung nun auf eine Zunahme von Überschwemmungen und daraus resultierenden, noch grösseren Schäden gefasst machen?

Gefahrenpotenzial ist Realität
Mit dem Übergang von der reinen Gefahren- zur Risikobeurteilung haben sich neue Hochwasser-Hotspots ergeben. Burgdorf ist einer davon, wie dies die «Forschungsinitiative Hochwasserrisiko» am Mobiliar Lab verdeutlicht. Burgdorf steht vor neuen Herausforderungen. Würde das Worst-Case-­Szenario eintreten und würden im Emmental katastrophale Unwetter mit Überschwemmungen wüten, würde im Bereich Lochbach in Oberburg wegen der zu tiefen Lochbachbrücke über die Emme, die ganze Region immensen Schaden nehmen. Dies würde das gesamte Industriegebiet und den Bahnhof Oberburg betreffen. Weiter Richtung Burgdorf dürften das Schlossmattquartier mit dem Zentrum Schlossmatt, dem Schulhaus und dem Schulungs- und Arbeitszentrum SAZ, das Feuerwehrgebäude Burgdorf und der städtische Sammelplatz innerhalb einer Stunde eineinhalb Meter unter Wasser stehen. Eine angedachte Lösung besteht hier mit einer Sanierung und der gleichzeitigen Anhebung dieser zu tiefen Brücke in Oberburg. So besteht Handlungsbedarf auch mit umliegenden Gemeinden und weiteren Behörden, der unumgänglich ist. Gleichzeitig werden diese Planungen aber einige Diskussionen auslösen.
Somit eignet sich Burgdorf ausgezeichnet dafür, Fragen rund um Hochwasserrisiken zu diskutieren: Im Rahmen einer Exkursion wurde die Problematik exemplarisch und gemeinsam mit Fachexperten der Stadt Burgdorf aufgezeigt.

Exkursion zu Hochwasser in strömendem Regen
Die Begehung führte eine grosse Gästeschar, passend bei starkem Regen, durch Burgdorfs Strassen. Die Gruppe peilte einzelne Orte an, an denen es bereits zu Hochwasser gekommen war und man erfuhr von Expertinnen und Experten, wie man baulich darauf reagierte. Ebenso wurden Orte besucht, an denen die Hochwassergefahr gross ist und es nach heutigem Stand Handlungsbedarf gibt. Unter anderen orientierte Feuerwehrkommandant Martin Rutschi (Feuer­wehr Burgdorf), welche Herausforderungen beispielsweise im extremen Hochwasserjahr 2005 zu bewältigen waren. Hans-Jörg Riesen (Leiter Tiefbau Stadt Burgdorf) erklärte zudem, welche Massnahmen nach diesen Ereignissen bereits erfolgreich umgesetzt wurden und welche Hochwasserschutzprojekte aktuell in Arbeit sind. Im Bereich der Emme ist nicht alleine die Stadt Burgdorf betroffen, sondern auch die Verbände der sogenannten Schwellenkooperationen der anliegenden Gemeinden.
Urs Lüthi (Leiter Einwohner- und Sicherheitsdirektion Stadt Burgdorf) berichtete derweil über die Schutzmassnahmen und Rettungsketten bei einem Worst-Case-Szenario. Die Stadt Burgdorf sei aktuell in verschiedenen Bereichen gut gewappnet, müsse sich aber ebenso wie die gesamte Region Emmental ständig weiterentwickeln, um auf lange Sicht für die Zukunft mit den veränderten Klimabedingungen planen zu können. Die Mobiliar Lab sei dabei ein extrem wertvoller Partner, um für diverse mögliche Szenarien vorbereitet zu sein.

Podiumsdiskussion im Trockenen
Am anschliessenden Podiumsgespräch in der gemütlich trockenen Kulturhalle Sägegasse diskutierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis. Gesprächsteilnehmende zum Thema «Sich den Herausforderungen stellen» waren Catherine Berger (Geschäftsleiterin geo7), Matthias Oplatka (Wasserbau Kanton Zürich), Bruno Spicher (Risk Agent GmbH) und Andreas Zischg (Co-Leiter Mobiliar Lab für Naturrisiken). Als Moderator trat Rolf Weingartner auf, vormals Professor für Hydrologie am Geographischen Institut der Uni Bern und Co-Leiter der Mobiliar Lab für Naturrisiken. Er führte die Diskussionsrunde und liess seine Gäste ihre Thesen darlegen. Die Meinung in Bezug auf das Erfolgsmodell Burgdorf betreffend Zusammenarbeit in allen Bereichen war einhellig: Die Stadt Burgdorf ist in Hinsicht auf Hochwasserschutzmassnahmen auf dem richtigen Weg.

10-Jahr-Jubiläum des Mobiliar Lab
Abgerundet wurde die Veranstaltung mit einer Würdigung zum 10-Jahr-­Jubiläum des Mobiliar Labs von Professor Dr. Martin Grosjean, Direktor Oeschger-Zentrum. Das Mobiliar Lab für Naturrisiken ist eine gemeinsame Forschungsinitiative des Oeschger-Zentrums für Klimaforschung der Universität Bern und der Schweizer Mobiliar Versicherungen. Untersucht werden in erster Linie die an Hagel, Hochwasser und Sturm beteiligten Prozesse und die Schäden, die daraus entstehen. Das Mobiliar Lab arbeitet an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis und strebt Resultate mit hohem Nutzen für die Allgemeinheit an. Die Unterstützung durch die Schweizer Mobiliar ist dabei Teil des Gesellschaftsengagements der Mobiliar Genossenschaft. Mit erarbeiteten und erforschten Tools können bestimmte Simulationen von wetterbedingten Ereignissen simuliert werden. Die Umsetzung in eine bebilderte Realität mit animierten Kartenausschnitten der Zukunft ist Teil der wegweisenden Forschungsarbeit der Mobiliar Lab an der Universität Bern.

Paul Hulliger


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