Einzigartiges Theatererlebnis in freier Natur

  11.07.2023 Aktuell, Foto, Kultur, Gesellschaft

Seit 27 Jahren verwandelt sich das Freilichttheater Moosegg mit seinen hohen Tannen im Hintergrund in eine vielbeachtete Theaterbühne, die Stücke von bekannten Autoren zur Aufführung bringt. So derzeit «Geld und Geist» des Burgdorfers Franz Schnyder (1910–1993), der unter anderem als Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur nationale und internationale Berühmtheit erlangt hat. «Ueli der Knecht» und «Ueli der Pächter» sind Klassiker, genau wie das Volksstück «Geld und Geist» des Dichterpfarrers Jeremias Gotthelf, das als Vorlage für die jetzige Produktion diente. Nach wie vor topaktuell ist die Frage: «Was macht Geldgier mit den Menschen in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche?»

Wie das Leben so spielt
Im Stück verbringt Franz Schnyder wie im wirklichen Leben seine letzten Jahre in der Psychiatrie Münsingen, versucht immer wieder zu entwischen und schafft es sogar bis in sein Haus an der Jungfraustrasse in Burgdorf, wo man ihn wieder abholt. Parallel zu seiner unversöhnlichen Abneigung und Verweigerung gegenüber jeglicher Obrigkeit entwickeln sich die Geschehnisse auf dem Liebiwylhof, wo Jung und Alt in Eintracht leben. Nach einem verhängnisvollen Entscheid des Bauern Chrischte, der sich aus Stolz zur Spekulation mit Mündelgeldern überreden lässt, gerät der Alltag mehr und mehr aus den Fugen. Der Gemeindeschreiber veruntreut – wie von Änneli befürchtet – alles Geld. Ein Unglück zieht das andere nach sich, eine ehemals glückliche Familie zerfällt.
Aber wie Schnyder sagt: «Das Böse darf nicht siegen», also wendet sich das Blatt im letzten Moment.
Die Bäuerin Änneli hilft, wo sie kann, vermittelt, wo fast nicht mehr möglich, glaubt an das Gute und lebt es vor. Ihr Gegenpart ist der geldgierige und erfolglose Dorngritbauer, der seine Frau und seine Tochter Anne-Mareili bis aufs Blut quält und schlägt und Letzterer die versprochene Hochzeit mit dem Liebiwylhof-Sohn Resli verweigert. Gegen Geld verschachert er sie an den alten Kellerjoggi. Dann endlich siegt das Gute: Kurz vor der Hochzeit stirbt der geldgierige Dorngritbauer und Anne-Mareili sinkt in die Arme des wartenden Resli.
Während die Spannung rund um das Geschehen auf dem Liebiwylhof kontinuierlich steigt, offenbaren die immer wieder eingeblendeten Szenen aus der Psychiatrie Münsingen und die dortigen Gespräche zwischen Klinikleiter Jean-Pierre Pauchard, den Schwestern und den wiederholt zur Schnyder-Jagd aufgebotenen Polizisten den ganz normalen Wahnsinn unseres Alltags, der sich heute ähnlich präsentiert wie zu Gotthelfs Zeiten. Trotz allem bleibt Raum für leise und poetische Momente, die Hoffnung machen.
Das Publikum dankt mit lang anhaltendem Applaus für den wunderbaren Theaterabend.

Gerti Binz


www.freilichtspielemoosegg.ch


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