Martin König triumphiert in der Königsdisziplin

  09.08.2023 Aktuell, Kirchberg, Sport

Rund ein Jahr nachdem Martin König aus Kirchberg sich in Frankreich bereits den Vize-Europameistertitel im 3D-Bogenschiessen sichern konnte, stand der 67-Jährige nun an den Feldbogenschiessen-Europameisterschaften in der Seniorenkategorie (Alter 65+) zuoberst auf dem Treppchen und gewann im ungarischen Sopron den Europameistertitel.
«Der Gewinn dieses Titels ist für mich eine schöne Wertschätzung und eine tolle Bestätigung für meine grosse Leidenschaft», so Martin König, angesprochen auf seinen Erfolg. Wobei die sportliche Rivalität und der Triumph über die Mitstreitenden für den ehemaligen Sekundarlehrer zweitrangig sind. «Das Bogenschiessen verbindet ganz viele Aspekte. Viel wichtiger als der potenzielle sportliche Erfolg ist für mich die Tatsache, dass man an sich selbst als Person arbeiten kann», hält Martin König fest. Er habe beispielsweise durch die Teilnahme an Wettkämpfen gelernt, besser mit Drucksituationen und Nervosität umzugehen. Durch das Bogenschiessen habe er sich als Mensch weiterentwickelt. «Meine grösste Motivation war stets, das Potenzial meines Körpers und meines Geistes so gut wie möglich ausschöpfen zu können. Wie kann ich meine Fähigkeiten noch weiter verbessern?» In seine Leidenschaft investierte der Kirchberger viel Zeit und Aufwand. «Letztlich kommen bei dieser Sportart physische und mentale Punkte zusammen.»
Das Bogenschiessen bestehe aus einer extrem anspruchsvollen Schusstechnik – alleine der hochkomplexe Bewegungsablauf bestehe aus rund 40 Einzelschritten. Diesen Bewegungsablauf müsse man schliesslich immer und immer wieder reproduzieren können, erklärt der frischgebackene Europameister.

Zwei Verbände, zwei Philosophien
Seinen jüngsten sportlichen Erfolg feierte Martin König an der vom International Field Archery Association (IFAA) durchgeführten Europameisterschaft. «Die IFAA ist primär der Verband der Amateursportlerinnen und -sportler», weiss König. Dem gegenüber steht der Verband «WorldArchery» (WA). «Dieser widmet sich eher dem leistungsorientierten Bogenschiessen inklusive Profisport und Anschluss an das International Olympic Comittee (IOC) und deren Gelder», erklärt er. Zwar ist er selbst Mitglied und nimmt auch an Turnieren in beiden Verbänden teil, fühlt sich aber hinsichtlich der Philosophie näher beim IFAA, bei dem es nicht nur um die sportliche Leistung geht, sondern diese nur einer von vielen zuvor beschriebenen Aspekten ist.
Die Regeln der beiden Verbände unterscheiden sich zudem in verschiedenen Punkten. Für die internationalen Wettkämpfe der WA muss man sich qualifizieren, für diejenigen der IFAA kann man sich anmelden. Dennoch gilt das Feldbogenschiessen im Vergleich zum Bogenschiessen in einer Schiessanlage – ob drinnen oder draussen – oder dem 3D-Schiessen, wo auf Tierattrappen aus Schaumstoff geschossen wird, als Königsdisziplin. «Es ist schlussendlich die schwierigste Disziplin, da es die intensivste ist», so Martin König.
An den European Field Archery Championships (EFAC2023) mussten fünf Wettkampftage absolviert werden. Pro Wettkampftag gab es einen Parcours zu meistern, welcher 28 verschiedene Stationen umfasst. Die Distanzen können dabei von sechs bis 73 Meter variieren. Auch die Durchmesser der Zielscheiben (20 bis 65 Zentimeter) sind unterschiedlich. Pro Station wurden vier Pfeile geschossen, was pro Tag ganze 112 Wertungspfeile bedeutete und die hohe Intensität des Feldbogenschiessens unterstreicht. «Zudem sind die Stationen auf mehrere Kilometer verteilt. So legt man auf unwegsamem Gelände pro Tag rund 11 Kilometer zurück. Bei dieser körperlichen Belastung die nötige Konzentration aufzubringen ist daher sehr anspruchsvoll», sagt der leidenschaftliche Bogenschütze. Schiesse man dann noch bei weiten Distanzen daneben, können nicht nur Pfeile, sondern auch eine grosse Portion an Motivation verloren gehen. Laut Martin König mit ein Grund, weshalb sich nur wenige Bogenschützinnen und -schützen an diese anstrengende Disziplin wagen und das IFAA-Feldbogenschiessen im Vergleich zu anderen Turnierformen jeweils über das kleinste Teilnehmerfeld verfügt. «Oftmals verfügen die Schützinnen und Schützen nicht über die nötige Technik.» Martin König, der mit einem Recurvebogen ohne weitere technische Hilfsmittel schiesst, hat sich diese durch das jahrelange Training und die Erfahrung aus Tausenden von Schusssituationen angeeignet. «Schiesst man beispielsweise aus einer Distanz von 65 Metern auf flacher Ebene auf das Ziel, ist es ganz was anderes, als wenn die Zielscheibe zwar dieselbe Entfernung hat, jedoch hangaufwärts liegt», verdeutlicht er. «Da hilft nur die Erfahrung und die damit verbundene Intuition.»

Spätzünder
Das Bogenschiessen entdeckt Martin König im Alter von 55 Jahren verhältnissmässig spät. Durch einen Kollegen wird er auf einen Bogenkurs aufmerksam. In diesem erlernt er die grundlegende Technik, wird aber auch auf die über den Sport hinausgehenden Aspekte aufmerksam gemacht. «Der Umgang mit Treffer oder Nicht-Treffer, Erfolg oder Misserfolg, fand ich sehr spannend. Bogenschiessen wird auch zu therapeutischen Zwecken, beispielsweise bei suchtkranken Personen, verwendet. Ich sehe im Bogenschiessen etwas sehr Ganzheitliches, welches ich mag.»
In der Folge beschäftigte sich Martin König immer mehr mit dem Bogenschiessen, absolvierte professionelle Coachings und kaufte sich immer besseres Material. Etwa vier Jahre nach dem ersten Bogenkurs nimmt er an seinem ersten Wettkampf teil. «Ich war so nervös, dass ich keinen einzigen Treffer erzielte», erinnert er sich mit einem Schmunzeln. Doch Martin König gibt nicht auf, versucht sich immer weiterzuverbessern. «Es ist ein schönes Gefühl, einen sich irgendwo befindenden Punkt mit einem simplen Gerät wie einem Bogen und lediglich mit seiner selbst aufgebrachten Kraft zu treffen.»
Mittlerweile gibt Martin König selbst Kurse im Bogenschiessen. Und ist Europameister in der
Königsdisziplin.

Joel Sollberger
www.bogenschiessen-bern.ch


Image Title

1/10


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote