Vortrag zu Endometriose

  24.10.2023 Aktuell, Foto, Gesellschaft

Am Donnerstag, 2. November 2023, um 19 Uhr, halten zwei Spezialisten des Spitals Emmental aus unterschiedlichen Fachgebieten einen gemeinsamen Vortrag über Endometriose, eine Erkrankung, die etwa 15 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter betrifft: Dr. med. Thomas Eggimann, stellvertretender Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe, und Oliver Busch, Fachpsychologe Psychiatrie. Der Leidensweg von Frauen mit Endometriose ist meistens lang – bis eine Diagnose gestellt wird, vergehen im Durchschnitt zehn Jahre. Diese ständigen Schmerzen können sehr einschneidend sein; sie belasten die familiären und sozialen Beziehungen und haben Auswirkungen auf Sexualität, Privat- und Berufsleben – kurz: Die Lebensqualität und die Psyche sind manchmal sehr beeinträchtigt.

«D’REGION»: Was ist Endometriose und wer ist davon betroffen?
Thomas Eggimann: Endometriose ist «verschleppte Gebärmutterschleimhaut», also Schleimhaut, die sich in der Wand der Gebärmutter, im Becken, aber auch bis in die Lunge verbreiten kann. Circa 15 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter sind von Endometriose betroffen.

«D’REGION»: Welche Beschwerden verursacht Endometriose?
Thomas Eggimann: Die meisten Frauen haben mit Menstruationsschmerzen zu kämpfen, die über die Jahre zunehmen und zum Teil bereits bei der ersten Monatsblutung eines Mädchens oder einer jungen Frau beginnen können. Durch die hervorgerufene Entzündung können sich die Schmerzen immer mehr chronifizieren.
Oliver Busch: Über die beschriebenen Schmerzen hinaus kommt es häufig zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität. Selbst wenn keine Schmerzen vorliegen, bedeutet dies nicht, dass es keine Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen gibt. Hier sind zum Beispiel das Beziehungserleben und das Selbstbild zu nennen. Die Studienlage und meine Erfahrungen weisen deutlich auf die Gefahr hin, dass Betroffene zusätzlich zu den Schmerzen unter psychischen Beschwerden, wie Ängs­ten und Depressionen, leiden.

«D’REGION»: Mit welchen Einschränkungen leben Betroffene?
Thomas Eggimann: Die Schmerzen können so stark sein, dass die Frauen während der Menstruation von der Schule oder der Arbeit wegbleiben müssen. Beim Geschlechtsverkehr können Schmerzen auftreten, sodass auch das Beziehungsleben in Mitleidenschaft gezogen wird. Auch Unfruchtbarkeit kommt gehäuft vor.
Oliver Busch: Die Lebensführung kann so stark beeinträchtigt sein, dass der erlernte oder gewünschte Beruf, überhaupt die Berufstätigkeit, nicht mehr möglich ist. Das Teilhaben an sozialen Aktivitäten ist in manchen Fällen kaum noch möglich und die Familienplanung kann deutlich erschwert sein.

«D’REGION»: Und wie kann sich die chronisch entzündliche Erkrankung auf die Psyche auswirken?
Oliver Busch: Es sind nicht ausschliesslich die Schmerzen, die eine grosse Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit darstellen. Das Selbst­erleben als Frau, die Beziehungsführung oder die Lebensplanung können äusserst krisenhaft erlebt werden. Es braucht eine Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen, teilweise eine Neuorientierung, eine Umstrukturierung. Nicht selten kommt es in Verbindung mit Endometriose zu Depressionen und Angststörungen.

«D’REGION»: Warum dauert es oftmals so lang, bis einer Patientin die Diagnose «Endometriose» gestellt werden kann?
Thomas Eggimann: Das Bewusstsein um die Krankheit wird erst langsam aufgebaut, Informationen in Arztpraxen und Selbsthilfegruppen leisten dabei einen grossen Beitrag. Damit wird die Diagnosezeit etwas kürzer, aber leider vergehen durchschnittlich noch immer bis zu neun Jahre.

«D’REGION»: Welche Therapiemöglichkeiten gibt es, um die Beschwerden zu lindern?
Thomas Eggimann: Es gibt verschiedene Stufen von Wärme über Schmerzmedikamente bis zu Hormontherapien und Operationen, die zur Anwendung kommen.
Oliver Busch: Psychotherapien können beim Umgang mit Schmerzen äusserst sinnvoll sein. Wie bereits erwähnt, kann auch die Auseinandersetzung mit anderen Themenbereichen notwendig sein und im Rahmen einer Psychotherapie bearbeitet werden. Wichtig ist auch der Austausch unter Betroffenen: Online-Communitys stellen meines Erachtens einen stark unterstützenden Faktor dar. Nicht zu unterschätzen ist auch die Arbeit mit den Angehörigen beziehungsweise Partnern.

«D’REGION»: Eines der Symptome der Endometriose ist der Schmerz: Wie können die betroffenen Frauen lernen, damit umzugehen?
Thomas Eggimann: Eine Gewöhnung an Schmerz gibt es nicht, eher droht die Gefahr einer Chronifizierung. Deshalb ist es wichtig, dass eine gute Zyklus- und Menstruationsanamnese gemacht wird.
Oliver Busch: Es gibt mittlerweile verschiedene evidenzbasierte Interventionen zum Umgang mit Schmerz. Dies kann ein wichtiger Teil der Behandlung des Schmerzes sein.

«D’REGION»: Welche Behandlungs­möglichkeiten bietet das Spital Emmen­tal?
Thomas Eggimann: Die Frauenklinik des Spitals Emmental bietet Abklärungen und eine Vielzahl an Therapien an – von konservativen Therapien bis zu operativen Verfahren mit minimal-invasiver Technik.
Oliver Busch: Im Rahmen des ambulanten psychotherapeutischen Angebotes werden entsprechende Einzelpsychotherapien angeboten.


Kerstin Wälti

Vortrag: Donnerstag, 2. November 2023, 19.00 Uhr, Kurslokal (EG) Spital Emmental, Oberburgstrasse 54, Burgdorf.


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