Budget 2024 löst heftige Diskussionen aus

  14.11.2023 Aktuell, Foto, Burgdorf, Politik

Gemeinderätin Beatrice Kuster Müller stellte an der Novembersitzung des Stadtrats (SR) das Budget 2024 vor. Zwischen der ersten und zweiten Lesung im Gemeinderat (GR) konnte eine Verbesserung von 1,8 Millionen Franken erreicht werden. Trotzdem schliesst das Budget 2024 bei einem Umsatz von 110 Millionen Franken im allgemeinen Haushalt (ohne Neubewertungsreserven) mit einem Verlust von 246 600 Franken ab. Damit wurde das vom SR immer wieder verlangte ausgeglichene operative Ergebnis verfehlt. Der Bilanzüberschuss verbleibt bei 5,9 Millionen Franken.
Der Verlust im Gesamthaushalt beläuft sich auf rund 333 000 Franken.

Details im Budget 2024
Wirft man einen detaillierteren Blick ins Budget, so sind die grössten Abweichungen zwischen Budget 2024 und Budget 2023 wohl bei den Personalkosten zu verzeichnen. Diese steigen um rund 1,8 Millionen Franken. Der GR hat ein Lohnwachstum von 1,0 Prozent und einen Teuerungsausleich von 2,0 Prozent berechnet. Mittels Nachkrediten zum Budget 2023 hat er zusätzliche 220 Stellenprozente und fürs Budget 2024 weitere 740 Stellenprozente bewilligt.
Das Budgetieren der Steuereinnahmen sei äusserst schwierig. Entsprechend der kantonalen Empfehlung wird ein Plus von rund 2 Millionen Franken erwartet, davon 1,5 Millionen Franken bei den natürlichen Personen und 0,4 Millionen Franken bei den juristischen Personen.
Die Kantonsabgaben betragen rund 60 Millionen Franken und sind um rund 3,7 Millionen Franken niedriger als im Budget 2023. Minderaufwand entstand durch die Reduktion von Beiträgen an Privathaushalte (Sozial­hilfe). Dafür stiegen die Abgaben beim Lastenausgleich ÖV und bei der Sozial­hilfe. Beim Finanzausgleich zwischen den Gemeinden erwartet die Stadt Burgdorf, die im Gemeindevergleich eher als steuerschwache Gemeinde gilt, einen höheren Beitrag.
Gemäss mittelfristiger Investitionsplanung vom Juni 2023 sind im Budgetjahr 2024 Nettoinvestitionen von 11,8 Millionen Franken geplant. Bei einer Realisierung von 50 Prozent der Nettoinvestitionen ergäbe das Kosten von knapp 6 Millionen Franken. Im Gesamthaushalt können 2,1 Millionen Franken ohne Neuverschuldung investiert werden.
Eigenkapital und Schulden
Das Eigenkapital beläuft sich auf 92 Millionen Franken, davon 5,9 Millionen Franken im Bilanzüberschuss. 40 Millionen Franken sind teilweise unverzinste städtische Darlehen für Institutionen wie Casino Theater, Markthalle und Eishalle. Total hat die Stadt ein Finanz- und Verwaltungsvermögen von 220 Millionen Franken. Dem stehen langfristige Schulden von 102 Millionen Franken gegenüber.
Seit 2017 konnten jedes Geschäftsjahr Schulden abgebaut werden. 2022 wuchsen diese erneut auf das Niveau von 2019 (101 Millionen Franken) und auch 2023 ist ein Schuldenwachstum budgetiert (106 Millionen Franken). Erfreulich sei hingegen, dass diese per Ende 2024 voraussichtlich sinken würden.

Ausblick auf den Aufgaben- und Finanzplan 2025 bis 2027
Die finanzielle Lage hat sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verschlechtert. Hingegen haben sich die Finanzen der Stadt zwischen 2017 und 2023 stets verbessert. Dank der getroffenen Budgetverbesserungsmassnahmen blickt Beatrice Kuster Müller positiv in die Zukunft.
In den kommenden Jahren stehen die geplanten Schulhaussanierungen und -erweiterungen finanziell im Mittelpunkt. Durch das Bevölkerungswachstum in der Stadt werden die Kantonsabgaben und die Steuereinnahmen steigen. In den Planjahren wurde mit keiner Steuererhöhung gerechnet.
Und so lautet das Fazit von Gemeinderätin Kuster Müller: Die finanzielle Lage hat sich verglichen mit den sechs Vorjahren leicht verschlechtert. Hingegen werde mit gezielten Prozessen eine Basis für Budgetverbesserungen geschaffen. Kommende Grossprojekte wie die Schulraum- und Verwaltungsraumplanung sind nicht Bestandteil der Planung 2025 bis 2027, da diese noch nicht fest terminiert sind.

Diskussionen im Stadtrat
Gabriela Bannwart (SP) bezeichnete die finanziellen Prozesse als nachvollziehbar. Die Sanierung von städtischen Immobilien und Schulen koste Geld, sei aber Pflicht. Die SP stimme dem Budget zu, ebenso äusserten sich die EVP und die Grünen. Christian Hedinger (Grüne) hat die Wirkungs- und Leistungsziele der verschiedenen Direktionen überprüft und fand dafür nicht nur lobende Worte. Er will diese im Auge behalten.
Von bürgerlicher Seite kam zwar Lob für die Ausarbeitung und die Präsentation des Budgets in schriftlicher Form und die Erklärungen am Informationsanlass. Doch die finanziellen Aspekte kommentierte sie kritisch. Jürg Kämpf (FDP) stellte fest, dass er in den Stadtfinanzen keine Kursänderung sehe. Der Selbstfinanzierungsgrad sinke und die Zinsen stiegen. Er stört sich an der Schönrederei der Zahlen, die dank der Neubewertungsreserve ein besseres Bild simulieren. Zusätzliche Steuereinnahmen würden zu grossen Teilen für Löhne gebraucht, denn neben dem Teuerungsausgleich rechne das Budget mit 740 zusätzlichen Stellenprozenten. Die Situation überrasche ihn nicht, denn in all den Jahren seien keine Korrekturen umgesetzt worden.
Ulrich von Känel (GLP) verlangt, dass die Weichen umgestellt würden, denn der Ausblick sei alles andere als rosig. Die Fraktion akzeptiere das Defizit von über 300 000 Franken nicht. Auch Roger Aebi (Die Mitte) beklagte die Verschlechterung der Finanzlage. Mittelfristig bestehe keine Aussicht auf eine Verbesserung. Das strukturelle Defizit bestehe weiterhin. Im Hinblick auf die geplanten Grossprojekte sei eine langfristige Finanz- und Investitionsplanung mit einem positiven operativen Ergebnis und einer Selbstfinanzierung von 100 Prozent erforderlich. Barbara Lüthi-Kohler (SVP) beklagte seitens der SVP-/EDU-Fraktion, dass Einsparungen nicht sichtbar und die Vorgaben eines ausgeglichenen Budgets nicht erfüllt seien. Zudem sei der Teuerungsausgleich bei den Angestellten der Stadt im Vergleich zu den kantonalen Vorgaben zu hoch.
Stadtpräsident Stefan Berger appellierte an den SR, das Budget nicht abzulehnen. Er solle sich überlegen, welche Zeichen er damit gegenüber den Angestellten und möglichen Inves­toren setze und was eine Ablehnung für die Stadtentwicklung bedeute.
Die Spannung war spürbar, als es zur Abstimmung kam. Mit 19 Ja- gegen 17 Nein-Stimmen wurde das Budget 2024 hauchdünn angenommen.

Velostation Schlössli in Planung
Der Start für die Entwicklung des Areals Schlössli erfolgte im Jahr 2007 mit einer Machbarkeitsstudie. Grundlage für die Projektentwicklung war ein Richtprojekt aus dem Jahr 2018. Das Verfahren zum «Erlass der Teil-Überbauungsordnung Nr. VI Schlössli» konnte mit der Genehmigung durch den GR im Jahr 2019 erfolgreich abgeschlossen werden. Ein Bestandteil dieser Überbauung bildet eine unterirdische Velostation. Diese ist Teil des kommunalen Richtplans und verpflichtet darum die Stadt Burgdorf, die Velostation zu finanzieren. Sie soll unter dem Gebäude West entstehen, ist über eine Zufahrt von der Kirchbergstrasse erschlossen und über eine Treppe Richtung Bahnhof zugänglich. Die Eigentümerin des Grundstücks, die Helvetia AG, baut die Anlage und schliesst mit der Einwohnergemeinde einen Dienstbarkeitsvertrag ab. Dieser verpflichtet die Helvetia AG, die unterirdische Velostation und die Zufahrtsrampe zu dulden und den Zugang nicht zu erschweren. Der Vertrag dauert 50 Jahre, mit der Option auf Verlängerung.
Die Stadt kümmere sich, so Beatrice Kuster Müller, um eine möglichst einfache Ausstattung. Einsparungen seien bereits beschlossen worden. Geplant ist ein öffentlicher Teil für 202 Fahrräder und ein bewachter Teil für 42 Velos. Für letzteren soll ein Tor zum Abschliessen installiert werden. Eine Videoüberwachung wird sowohl im öffentlichen wie auch im bewachten Teil die Sicherheit verbessern. Elias Maier (FDP) befürwortet die Velostation, zeigte sich jedoch empört über die Kosten, die um 58 Prozent höher lägen als ursprünglich geplant. Auch wenn genügend Geld in der Spezialfinanzierung Parkplatzfonds sei, müsse gespart werden. Darum stellte er im Namen der FDP den Antrag, auf die bewachten Plätze zu verzichten. Stattdessen sollten zusätzliche öffentliche Abstellplätze geschaffen werden. Die entsprechenden Kosten für den Ausbau, welche im Zusammenhang mit der bewachten Velostation anfallen, seien zu streichen oder zu reduzieren.
GR Theophil Bucher (Grüne) setzte sich für die bewachten Abstellplätze im Areal Schlössli ein, denn teure Fahrräder seien beliebtes Diebesgut. Leider wurden in letzter Zeit rund um den Bahnhof auffallend viele Velos gestohlen. Trotz seiner Voten stellten sich die Grünen und die GLP klar hinter das Anliegen der FDP und die SP beantragte einen Sitzungsunterbruch, um in der Fraktion diskutieren zu können. Danach äusserte Manfred Schaffer (SP) die Dringlichkeit, möglichst 300 Abstellplätze zu schaffen, da das Einzugsgebiet auf der Nordseite des Bahnhofs gross sei und durch Bautätigkeiten kontinuierlich wachse. Zudem sei Burgdorf eine Velostadt.
In der ersten Abstimmung befürwortete der SR mit 28 Ja-Stimmen (bei 36 Stimmberechtigten) klar den Antrag der FDP, was einen Verzicht auf bewachte Plätze bedeutet. Mit dieser Abänderung genehmigte der SR das Projekt Velostation Schlössli mit 33 Ja-Stimmen und drei Enthaltungen und sprach sich somit für einen Investitionskredit von 1,84 Millionen Franken (abzüglich der Kosten für die bewachten Abstellplätze) und jährliche Folgekosten von rund 4300 Franken für den Baurechtszins aus.

Personelle Veränderung
Julia Blaser reichte im Februar 2023 ihre sofortige Demission in der Sozialkommission ein. Von der EVP wurde Beryll Veraguth als Nachfolgerin vorgeschlagen und vom Stadtrat einstimmig gewählt.
Die nächste Stadtratssitzung, die wie immer öffentlich ist, findet am Montag, 11. Dezember 2023, um 17.30 Uhr statt.

Helen Käser


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