Die Anzeiger Burgdorf AG setzt auf eine zweigleisige Zukunftsstrategie

  05.03.2024 Aktuell, Wirtschaft, Burgdorf, Gesellschaft, Politik

Der Anzeiger Burgdorf wird ab Januar 2025 voraussichtlich nicht mehr als gedruckte Zeitung erscheinen. Die neun Anzeiger-Gemeinden Burgdorf, Hasle, Heimiswil, Krauch­thal, Lützelflüh, Oberburg, Rüegsau, Rumendingen und Wynigen werden ihre amtlichen Mitteilungen ab diesem Zeitpunkt rechtsverbindlich auf der elektronischen Publikationsplattform «ePublikation für Gemeinden und Städte» veröffentlichen. Gleichzeitig erhalten Gemeinden und gemeinderechtliche Körperschaften die kostenpflichtige Möglichkeit, amtliche Mitteilungen und weitere Informationen ergänzend als «service publique» in der Zeitung «D’REGION» zu publizieren. Diese wird von der Medienzentrum GmbH herausgegeben. Mehrheitsaktionärin ist die Anzeiger Burgdorf AG. Die zweigleisige Zukunftsstrategie, die sowohl dem digitalen Wandel Rechnung trägt als auch die Vorzüge der Print-Zeitung berücksichtigt, stellte der Verwaltungsrat der Anzeiger Burgdorf AG am vergangenen Mittwochabend den Vertreterinnen und Vertretern der Anzeiger-Gemeinden anlässlich einer Informationsveranstaltung im Druckzentrum Haller + Jenzer AG vor. «Die Gemeinden erhalten damit die Möglichkeit, die Bevölkerung adäquat zu informieren», zeigt sich Markus Grimm, Verwaltungsratspräsident der Anzeiger Burgdorf AG, überzeugt. Den definitiven Entscheid über die Umsetzung des Konzepts wird die Generalversammlung der Anzeiger Burgdorf AG in diesem Sommer treffen.

Sowohl die Vorteile der ­Digitalisierung als auch jene der Print-Zeitung nutzen
Bereits 2022 stellte die Anzeiger Burgdorf AG ihr Konzept erstmals den Träger-Gemeinden vor und erkundig­te sich mittels eines Fragebogens, ob das anvisierte Vorgehen auf Zustimmung stosse. «Die Reaktionen fielen positiv aus, sodass der Verwaltungsrat diesen Weg weiterverfolgte», hält Markus Grimm fest. «Wir sind der Überzeugung, dass sich die Digitalisierung nicht aufhalten lässt – zumal sich die Mehrheit der Anzeiger im Kanton Bern seit Jahren mit rückläufigen Seitenzahlen und finanziellen Rückgängen konfrontiert sieht. Die elektronische Publikation ermöglicht es den Gemeinden, den Erfassungsprozess effizient zu gestalten. Bürgerinnen und Bürger können die amtlichen Publikationen als Newsletter abonnieren und sich ihren eigenen Anzeiger zusammenstellen. Allerdings birgt der Digitalisierungsprozess auch Herausforderungen. Nicht die gesamte Bevölkerung beherrscht den Umgang mit den digitalen Medien. Zudem führt die Umstellung auf den elektronischen Anzeiger zu einem Wechsel vom Prinzip der Bring-Schuld zur Hol-Schuld. Amtliche Bekanntmachungen gelangen nicht mehr via Anzeiger in sämtliche Haushaltungen, sondern müssen neu aktiv im Internet abgeholt werden. Dadurch besteht die Gefahr, dass künftig nicht mehr alle Bürgerinnen und Bürger erreicht werden und somit eine Informationslücke entsteht. Deshalb erhalten die Gemeinden die Option, ihre amtlichen Mitteilungen sowie  weitere Informationen zuhanden der Bevölkerung parallel in der Zeitung «D’REGION» zu publizieren, die sich als wichtiges regionales Informationsorgan etabliert hat. Die Mischung aus rechtsverbindlichen digitalen Publikationen sowie gedruckten Mitteilungen in der «D’REGION» stellt sicher, dass allen Bedürfnissen Rechnung getragen wird und sämtliche Bevölkerungsgruppen aktiv in den Informationsfluss eingebunden werden.»

Die Amtsanzeiger befinden sich im Umbruch
Ein Blick auf die Entwicklung im Kanton Bern zeigt, dass sich die amtlichen Anzeiger in einer tiefgreifenden Umbruchphase befinden. Der Grosse Rat beschloss im Dezember 2021 die Änderung des Gemeindegesetzes betreffend die Einführung amtlicher Bekanntmachungen in elektronischer Form, die am 1. Januar 2023 in Kraft trat. Neu können die Gemeinden beziehungsweise die Anzeiger-Organisationen wählen, ob sie ihre amtlichen Bekanntmachungen weiterhin in gedruckter Form im amtlichen Anzeiger oder elektronisch auf einer über das Internet zugänglichen Publikationsplattform veröffentlichen. Als erste Gemeinde im Kanton Bern vollzog Köniz im Januar 2023 den Schritt hin zur elektronischen amtlichen Publikation und veröffentlicht seither amtliche Informationen wie Baugesuche auf der elektronischen Publikationsplattform «ePublikation für Gemeinden und Städte». Ende 2023 löste sich der Gemeindeverband Anzeiger Region Bern auf. Seither publizieren 15 weitere Gemeinden inklusive der Stadt Bern ihre Mitteilungen auf «ePublikation für Gemeinden und Städte». Betrieben wird das Online-Portal vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Als nationaler Träger der Plattform fungiert der Schweizerische Gemeindeverband. «ePublikation für Gemeinden und Städte» ist zugleich Teil des Amtsblattportals, über das auch zahlreiche eidgenössische und kantonale Amtsstellen gesetzlich vorgeschriebene Bekanntmachungen veröffentlichen. Der Anzeiger Region Bern erscheint weiterhin als Print-Erzeugnis. Er wurde aber in eine Zeitung mit redaktionellem Inhalt umgewandelt und enthält – anders als der Name suggeriert – kaum mehr Amtliches. Einzig die Gemeinde Stettlen nutzt ihn weiterhin als offizielles Publikationsorgan. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und sinkender Inserate-Einnahmen gehen viele Anzeiger­organisationen davon aus, dass der Wechsel von Print zu Online nur noch eine Frage der Zeit ist.

Der Anzeiger Trachselwald wird eingestellt
Per 2025 stellt auch der Anzeiger Trachselwald sein Erscheinen ein. Dies ist allerdings auf regionalpolitische Gründe zurückzuführen. Sämtliche Verbandsgemeinden gehörten einst dem Amtsbezirk Trachselwald an. Mit der Neuorganisation der kantonalen Verwaltung, die am 1. Januar 2010 in Kraft trat, zerfiel das Einzugsgebiet in zwei Teile: Während Affoltern, Dürrenroth, Sumiswald und Trachselwald seither Bestandteil des Verwaltungskreises Emmental sind, wurden Eriswil, Huttwil, Walterswil und Wyssachen dem Oberaargau zugeschlagen. Die letzteren Gemeinden werden ihre amtlichen Publikationen künftig im Anzeiger Oberaargau veröffentlichen, die Emmentaler Gemeinden schliessen sich dem Anzeiger Oberes Emmental an. All diese Gemeinden halten also – zumindest vorläufig – weiterhin an einem gedruckten Anzeiger fest.


Markus Hofer


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