Kindergartenzentrum spaltet Meinungen
03.09.2025 Lützelflüh, Bildung / Schule, Lützelflüh, GesellschaftAm Mittwochabend, 20. August 2025, informierte der Gemeinderat die Bevölkerung in Lützelflüh über zwei gewichtige Projekte: die öffentliche Auflage der Ortsplanungsrevision 2020+ sowie das geplante Kindergartenzentrum Rain. Während die Ortsplanungsrevision sachlich präsentiert und ruhig aufgenommen wurde, entwickelte sich beim Thema Kindergarten eine lebhafte Diskussion – mit kritischen Fragen rund um Sicherheit, Standortwahl und Rechtmässigkeit.
Revision läuft seit Jahren
Die Ortsplanung Lützelflüh ist seit dem Jahr 2017 in Überarbeitung. Zahlreiche Workshops, Entwürfe und Vorprüfungen führten nun zur öffentlichen Auflage, die vom 14. August bis 14. September 2025 dauert. Geplant sind unter anderem kleinere Aus- und Einzonungen, die Mobilisierung von bestehenden Baulandreserven sowie Anpassungen im Baureglement. Ziel ist eine haushälterische Bodennutzung, die eine Entwicklung im Innern statt auf der grünen Wiese ermöglicht.
Die Gemeinde verzichtet auf neue Bauzonen ohne gleichzeitige Auszonung. Besonders betont wurde die nachhaltige Entwicklung: Wachstum ja, aber in moderatem Rahmen. Für viele Anwesende wirkte das nachvollziehbar – grosse Emotionen blieben aus.
Ganz anders beim Kindergartenzentrum. Die Gemeinde rechnet langfristig mit vier Kindergartenklassen. Bereits heute besuchen 73 Kinder die Angebote, in den nächsten Jahren dürfte die Zahl auf über 90 ansteigen. Auch die Nachfrage nach Mittagstisch und Nachmittagsbetreuung ist markant gewachsen – mittelfristig rechnet die Gemeinde mit 60 bis 80 Kindern allein in den Mittagsmodulen.
Kindergarten bewegt Gemüter
Vor diesem Hintergrund soll beim Parkplatz Rain ein neues Zentrum entstehen, das Kindergarten und Tagesstruktur vereint. Die Nähe zum Primarschulhaus, der Wegfall von Provisorien sowie die Möglichkeit, mehrgeschossig zu bauen, gelten als zentrale Vorteile. Die Arbeitsgruppe, die das Projekt vorbereitet hat, betont zudem kürzere Wege für Lehrpersonen, eine bessere Logistik und nur eine Baustelle statt mehrere kleine Eingriffe.
Doch im Saal war deutlich zu spüren: Die Bevölkerung hat Fragen. Insbesondere der Schulweg sorgte für Diskussionen. Eltern äusserten die Sorge, dass die Kinder einen längeren Schulweg zurücklegen müssten. Auch, ob die versprochenen «guten Zugangswege ohne Konfliktpotenzial» tatsächlich realisierbar sind, wurde bezweifelt. Zudem wurde bemängelt, die Gemeinde habe zu lange zugewartet, in die bestehenden Kindergärten zu investieren. So auch im Unterdorf: Ursprünglich war dort ein neuer Doppelkindergarten vorgesehen. Im Verlauf der Planung und angesichts des fehlenden Angebots an Tagesstrukturen rückte jedoch das Projekt im Rain in den Vordergrund.
Bei der Parzelle im Unterdorf steht nun nach Ansicht eines Kritikers ein möglicher Rechtsverstoss im Raum. Bei der Übergabe an die Gemeinde sei ausdrücklich festgehalten worden, dass das Grundstück ausschliesslich für schulische Zwecke genutzt werden dürfe. Ein entsprechender Antrag wurde an der Gemeindeversammlung 2022 zudem für erheblich erklärt. Der aktuelle Gegenvorschlag des Gemeinderats sieht allerdings vor, die Parzelle in der Wohnzone zu belassen. Damit sei die schulische Nutzung nicht mehr gesichert, so der Kritiker. Gemeindepräsident Kurt Baumann betonte hingegen, es liege kein Rechtsverstoss vor; die rechtlichen Abklärungen seien gemacht worden. Wie es mit der Parzelle weitergeht, entscheidet eine kommende Abstimmung.
Abwägen zwischen Bedarf und Vertrauen
Das Vertrauen in den Prozess ist damit nicht bei allen Anwesenden vorhanden. Während die Verwaltung die Planung als gut abgestützt darstellte, blieben manche skeptisch, ob die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner genügend berücksichtigt würden. Die öffentliche Auflage der Ortsplanung dauert bis Mitte September, die Bevölkerung kann Einsprache erheben. Beim Kindergartenzentrum steht zunächst das qualitätssichernde Verfahren an, eine Urnenabstimmung ist für das Jahr 2026 vorgesehen. Bezugsbereit wäre das neue Zentrum frühestens im Schuljahr 2028/2029. Eines wurde an der Informationsveranstaltung klar: Die Ortsplanung mag langfristig wichtiger sein – die Emotionen aber entzündet derzeit der Kindergarten. Doch der grosse Andrang am Anlass zeigte: In Lützelflüh wird diskutiert und Bedenken werden offen angesprochen. Hier wird Demokratie gelebt.
Text und Bild: Felix Ott