Sind Erdbeben eine Naturgefahr in der Schweiz?
27.11.2024 KirchbergProfessor Dr. Marco Herwegh vom Institut für Geologie an der Universität Bern war am 18. November 2024 zu Gast beim BürgerInforum. In seinem interessanten und anspruchsvollen Referat konnte der Gastredner den Anwesenden einen kleinen Einblick in das Thema Entstehung und Vorkommen von Erdbeben geben. Auf seine Frage, wer denn in der Schweiz schon einmal ein Erdbeben gespürt habe, hielten doch etliche der Zuhörenden die Hand hoch.
Weshalb und wie entstehen Erdbeben im Untergrund? Wo ist die Gefährdung durch Erdbeben besonders hoch? Wie sieht es mit der Erdbebengefährdung in der Schweiz im Generellen und im Kanton Bern im Speziellen aus? Könnte auch die Region Kirchberg und Burgdorf von Erdbeben betroffen sein? Das «Weshalb und Wie» versuchte Marco Herwegh den Anwesenden etwas näherzubringen. «Erdbeben brechen die Erde auf, das Wasser kann zirkulieren, fliesst in die Tiefe und erwärmt sich. Dort, wo sich die grösste Dichte an warmen Quellen befindet, ist die Erdbebengefahr am grössten. Die Erdkruste besteht aus mehreren Platten, die durch die Wärmeströme bewegt werden. Es bauen sich enorme Spannungen zwischen den Platten auf. Lösen sich diese Spannungen ruckartig, entstehen Erdbeben. Das Zerbrechen von Gesteinen im Untergrund löst seismische Wellen aus. Dank dem Erfassen des Zeitpunkts, des Ortes und der Stärke dieser seismischen Wellen kann der Aufbau des Inneren unseres Planeten erkundet werden. Erdbeben gehören weltweit zu den Naturgefahren mit dem grössten Zerstörungspotential», führte Marco Herwegh aus.
Es ist bekannt, was für katastrophale Auswirkungen die zwei aufeinanderfolgenden Erdbeben in der Türkei und Syrien im vergangenen Jahr gehabt haben. 23 Millionen Menschen waren betroffen, mehrere tausend Todesopfer, unzählige Verletzte und Gebäudeschäden in einem Ausmass, welches man sich nur schwer vorstellen kann. Auch in der Schweiz kommen Erdbeben recht häufig vor, sind jedoch nur selten stark. Die Wissenschaft weiss, warum es sie gibt, wie und wo sie entstehen und warum manche Regionen öfters betroffen sind als andere. Ihr Auftreten lässt sich jedoch weder verhindern noch voraussagen. Wüssten die Forschenden, wo die Erde als Nächstes beben wird, könnten sie viele Menschenleben retten.
Erdbebengefährdung in der Schweiz
Die Erdbebengefährdung der Schweiz liegt im europäischen Vergleich auf mittlerem Niveau. Das bekannteste Erdbeben ereignete sich in Basel im Jahr 1356. Gefährdete Zonen in der Schweiz sind aber auch das Berner Oberland, Teile der Innerschweiz, das St. Galler Rheintal, das Engadin sowie das Wallis. Die grösste Wahrscheinlichkeit für starke Erdbeben liegt im Bündnerland, in Basel und im Wallis. Zurückschauend auf das Jahr 2021 waren in Bern, Niederscherli und Bremgarten Erdbeben spürbar und in Mürren wurde im vergangenen September dieses Jahres ein spürbares Beben gemessen. Regenstarke Zeiten können einen Einfluss auf vermehrtes Vorkommen haben. Beruhigend wirkte die Aussage von Marco Herwegh, dass die Region rund um Kirchberg nicht unbedingt der Ort für starke Erdbeben sei. Der Wissenschaftler hofft, mit erweitertem Wissen und den seismischen Daten in Zukunft Erdbeben vielleicht voraussagen zu können.
Rosmarie Stalder