Die traditionsreiche Geschichte des Anzeigers Kirchberg neigt sich ihrem Ende zu

  22.10.2025 Region, Kirchberg, Aktuell, Burgdorf, Region

Der Anzeiger Kirchberg stellt per Ende Dezember 2025 sein Erscheinen ein. Somit verschwindet nach dem Anzeiger Burgdorf, dessen letzte Ausgabe im Dezember 2024 in die Briefkästen verteilt wurde, noch ein weiterer traditionsreicher Amtsanzeiger in der Region, der jahrzehntelang als wichtiges Informationsmedium galt. Die amtlichen Bekanntmachungen der Anzeiger-Gemeinden werden künftig auf einer elektronischen Publikationsplattform veröffentlicht. Zudem erhalten die Gemeinden und gemeinderechtlichen Körperschaften im Gebiet des Anzeigers Kirchberg die Möglichkeit, Mitteilungen ergänzend in der Zeitung «D’REGION» in gedruckter Form als Service public zu veröffentlichen, die allerdings nicht rechtlich-verbindlich sind. Auf ein ähnliches Modell setzen seit Anfang dieses Jahres die Trägergemeinden der Anzeiger Burgdorf AG.
Während in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die gedruckten Anzeiger allmählich das Verlesen von öffentlichen Nachrichten in den Kirchen ersetzten, werden die Amtsanzeiger nun immer mehr durch digitale Plattformen verdrängt.

Der Anzeiger Kirchberg wurde vor über 150 Jahren gegründet
Der Anzeiger Kirchberg erscheint momentan immer donnerstags in einer Auflage von knapp 15 000 Exemplaren und wird, teils durch die Post, teils durch Verträgerinnen und Verträger, an sämtliche Haushaltungen und Geschäfte in den folgenden Gemeinden verteilt: Aefligen, Alchenstorf, Bätterkinden (inklusive Kräiligen), Ersigen (inklusive Niederösch und Oberösch), Hellsau, Hindelbank (inklusive Mötschwil), Höchstetten, Kernenried, Kirchberg, Koppigen, Lyssach, Rüdtligen-Alchenflüh, Rüti bei Lyssach, Utzenstorf, Wiler bei Utzenstorf, Willadingen und Zielebach.
Im Sommer des vergangenen Jahres feierte der Anzeiger Kirchberg, der zu den ältesten Anzeigern im Kanton gehört, sein stolzes 150-jähriges Bestehen mit Vertreterinnen und Vertretern von Gemeindeverbänden, Delegationen seitens Gemeinden und Kirchgemeinden, Funktionären sowie Kundinnen und Kunden. Doch bereits damals zeichnete sich das bevorstehende Ende ab. «Für unseren Anzeiger sind die Zukunftsaussichten eher düster», teilte Geschäftsführer Herbert Kämpfer den Leserinnen und Lesern in einem Bericht anlässlich des Jubiläums mit. Nun ist es also definitiv: Die Geschichte des Anzeigers Kirchberg neigt sich in grossen Schritten ihrem Ende zu.

Die Hintergründe des Entscheids
«Wie zahlreiche weitere Amtsanzeiger sah sich auch der Anzeiger Kirchberg in den vergangenen Jahren mit einem massiven Seitenschwund konfrontiert. Das Inseratevolumen ging kontinuierlich zurück. Darunter leidet natürlich die Attraktivität des Anzeigers, der während Jahren eine wichtige Informations- und Werbeplattform für Vereine, Gewerbebetriebe, Dienstleister und Firmen darstellte», erläutert Daniel Wenger, Gemeinderatspräsident von Hindelbank und Präsident der Verwaltungskommission des Anzeigers Kirchberg, die Hintergründe des Entscheids. «Zudem beschloss der Grosse Rat des Kantons Bern im Dezember 2021 eine Änderung des Gemeindegesetzes betreffend Einführung amtlicher Bekanntmachungen in elektronischer Form, die am 1. Januar 2023 in Kraft trat. Diese erlaubt es den Gemeinden bzw. Anzeiger-Organisationen, amtliche Bekanntmachungen rechtlich-verbindlich auf einer über das Internet zugänglichen Publikationsplattform zu veröffentlichen. Damit stellte der Gesetzgeber die Weichen Richtung Digitalisierung der amtlichen Bekanntmachungen. Weiter standen beim Anzeiger Kirchberg interne Veränderungsprozesse an. Der langjährige Geschäftsstellenleiter Herbert Kämpfer kündigte auf Ende Dezember 2025 seinen Rücktritt an. Diese Ausgangslage veranlasste die Verwaltungskommission im vergangenen Jahr, sich intensiv mit der Zukunft des Anzeigers auseinanderzusetzen und verschiedene Varianten und Szenarien zu prüfen.»
Zur Diskussion standen gemäss Auskunft von Daniel Wenger folgende Optionen:
1. die Beibehaltung des Anzeigers Kirchberg als gedruckte Zeitung – verbunden mit der Auslagerung der Geschäftsstelle an die merkur medien AG in Langenthal bzw. dem Aufbau einer neuen Geschäftsstelle innerhalb des Anzeigergebiets;
2. das Beschreiten eines neuen Wegs mit einer Kombination aus digitaler Informationsvermittlung sowie ergänzenden Mitteilungen in gedruckter Form in Zusammenarbeit mit der Wochenzeitung «D’REGION».
Die zweite Variante stiess im Rahmen einer internen Befragung bei den betroffenen Gemeindeverbänden und Gemeinden auf deutliche Zustimmung.

Neu heisst es: Digital first …
Neu wird für die Gemeinden und die gemeinderechtlichen Körperschaften eine elektronische Publikationsplattform als massgebendes, rechtsverbindliches Publikationsorgan fungieren. Dabei bleibt es den einzelnen Gemeinden überlassen, für welche Plattform sie sich entscheiden. Seitens der Anzeigerkommission wird die vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) betriebene Plattform ePublikation.ch zur Nutzung empfohlen, deren nationaler Träger der Schweizerische Gemeindeverband ist. Bürgerinnen und Bürger können die amtlichen Publikationen in Zukunft somit bequem als Newsletter per E-Mail abonnieren. Zugleich werden die Publikationen selbstverständlich auch auf der Website der einzelnen Gemeinden abrufbar sein. Die Umstellung bringt einen Paradigmenwechsel mit sich: Die heutige Bringschuld, die Zustellung der amtlichen Publikationen in alle Haushaltungen, wird durch eine Holschuld ersetzt: Jede Bürgerin und jeder Bürger im Einzugsgebiet des Anzeigers Kirchberg ist ab Januar 2026 selbst dafür verantwortlich, die gewünschten Informationen abzurufen oder bei der jeweiligen Gemeinde einzusehen.

… aber auch Print soll weiterhin eine wichtige Rolle spielen
Daniel Wenger betont jedoch, dass gedruckte Publikationen bei der Informationspolitik der Gemeinden weiterhin eine wichtige Rolle spielen sollen. Er hält fest: «Die Anzeigerkommission ist sich selbstverständlich bewusst, dass noch längst nicht alle Bürgerinnen und Bürger digital unterwegs sind. Insbesondere die ältere Generation wird den gedruckten Anzeiger sicherlich vermissen. Zudem enthält eine elektronische Publikationsplattform keine lokalen und regionalen Nachrichten. Aus diesem Grund empfiehlt die Kommission den Gemeinden und gemeinderechtlichen Körperschaften, amtliche Publikationen kostenpflichtig zusätzlich als Service public in der Wochenzeitung «D’REGION» zu publizieren. Die Mischung aus rechtsverbindlichen digitalen Publikationen sowie gedruckten Mitteilungen in der «D’REGION» stellt sicher, dass allen Bedürfnissen Rechnung getragen wird und sämtliche Bevölkerungsgruppen aktiv in den Informationsfluss eingebunden werden. Die hybride Strategie trägt dem digitalen Wandel Rechnung und berücksichtigt zugleich die Vorzüge der Print-Zeitung. Den Gemeinden stehen damit die geeigneten Kanäle zur Verfügung, um die Bevölkerung jederzeit adäquat zu informieren. Das Ziel besteht selbstverständlich darin, dass sämtliche Bürgerinnen und Bürger wie bisher alle wichtigen Informationen erhalten, um am politischen Prozess mitzuwirken.»
Der formale Entscheid für die Einstellung des Anzeigers Kirchberg fiel in diesem Sommer. Die Vorbereitungen für die Umstellung sind allerdings bereits seit Längerem am Laufen. Im Jahr 2026 wird der Anzeigerverband Kirchberg aufgelöst.
 

Text und Bild: Markus Hofer


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