Flexibler operieren dank Roboterassistenz

  23.09.2025 Gesellschaft, Gesellschaft, Region, Bildung, Burgdorf

Seit Anfang September kommt am Spital Emmental der Operationsroboter Dexter der Schweizer Firma Distalmotion zum Einsatz. Dieser unterstützt die Chirurginnen und Chirurgen bei laparoskopischen Eingriffen («Knopflochchirurgie»). «Mit dem Dexter-Roboter haben wir die Möglichkeit, unsere Patientinnen und Patienten noch schonender, präziser und sicherer zu behandeln. Gleichzeitig bleibt uns eine hohe Flexibilität im Operationssaal erhalten», erklärt Dr. med. Quang Ly, Leitender Arzt der Chirurgischen Kliniken am Spital Emmental. Er hat bereits vor der Einführung im Spital Emmental Erfahrungen im Umgang mit dem Dexter-­Roboter gesammelt.
Das Führungsduo Dr. med. Matthias Schneider und Dr. med. André Gehrz setzte sich unmittelbar nach dem Amtsantritt als Chefarzt beziehungsweise stellvertretender Chefarzt für die Einführung des robotischen Systems ein. Ihr Ziel war es, Patientinnen und Patienten im Emmental den Zugang zu modernster Operationstechnik zu ermöglichen und gleichzeitig die bereits etablierte hohe Qualität der Chirurgie zu sichern und weiter auszubauen. Das Robotik-Team des Spitals Emmental umfasst insgesamt fünf Chirurginnen und Chirurgen. Sie haben eine fundierte Ausbildung sowohl an Simulatoren als auch am IRCAD, dem renommierten europäischen Trainingszentrum in Strassburg, durchlaufen.

Flexible Kombination von Robotik und Laparoskopie
Der Dexter-Roboter zeichnet sich durch ein besonderes Konzept aus: Er erlaubt einen schnellen Wechsel zwischen klassischer Laparoskopie und roboter­assistiertem Vorgehen. Der Roboter kann bei Bedarf flexibel ein- oder mehrfach hinzugezogen werden, ohne dass der Ablauf der Operation unterbrochen wird. Gesteuert wird er von einer Konsole aus, die sich direkt im Operationssaal befindet. Von dort aus führt die Chirurgin oder der Chirurg die Instrumente, die über kleine Öffnungen in das Operationsgebiet eingebracht werden. Ein Bildschirm überträgt das Operationsgeschehen dabei live in 3D und 4K-Auflösung.
Wichtig ist, hervorzuheben: Der Roboter führt keine eigenen Bewegungen oder Operationsschritte durch. Er setzt ausschliesslich die Handbewegungen der Operateurin oder des Operateurs um – allerdings deutlich präziser und mit einem grösseren Bewegungsausmass als bei der klassischen Laparoskopie. Bei herkömmlichen Robotersystemen sitzen die Operateurinnen und Operateure in nicht steriler Umgebung an einer Konsole in einiger Distanz zur Patientin oder zum Patienten. Soll während des Eingriffs zur klassischen Laparoskopie gewechselt werden, müssen sie sich zunächst neu desinfizieren und sterile Kleidung anziehen, bevor sie wieder direkt am OP-Tisch arbeiten können.
«Dank der offenen, sterilen Konsole kann die Operateurin oder der Operateur jederzeit nah an der Patientin oder am Patienten bleiben und ohne zeitaufwendiges Umkleiden zwischen den Verfahren wechseln. Da sich die zwei Roboterarme zudem ganz einfach zur Seite schieben lassen, bin ich schnell direkt bei der Patientin oder beim Patienten. Das gewährleistet eine hohe Patientensicherheit», erklärt Matthias Schneider, Chefarzt und Departementsleiter, und fährt fort: «Bei Eingriffen wie Hernien- oder Gallenblasenoperationen können wir gezielt einzelne Schritte robotisch durchführen, bei komplexeren Operationen – beispielsweise am Dickdarm – ist der Nutzen noch grösser. Das macht uns im OP-Alltag sehr flexibel.»

Ergonomische Bedienung
Der Dexter-Roboter ist kleiner als andere Robotersysteme und lässt dem OP-Team mehr Platz. Er verfügt über zwei Roboterarme sowie eine 3D-Konsole und ermöglicht präzise, stabile Bewegungen. Auch an die Ergonomie haben die Entwickler gedacht. Da die Bedienkonsole höhenverstellbar ist, kann die Chirurgin / der Chirurg wahlweise im Sitzen oder Stehen arbeiten und so eine unbequeme, im Verlauf ermüdende Körperhaltung vermeiden, die sich bei einer herkömmlichen Laparoskopie oft ergibt. «Der Roboter ist nicht nur präziser und stabiler als die reine Handführung, sondern erlaubt uns auch, entspannter und ergonomischer zu arbeiten. Ich kann in der Haltung arbeiten, die für mich bequem ist – das wirkt sich positiv auf die Konzentration, die Genauigkeit und letztlich auf die Ergebnisse der Operationen aus», betont Dr. med. André Gehrz, stellvertretender Chefarzt. In einem ersten Schritt werden am Spital Emmental mit dem Dexter-Roboter vor allem Leistenbruch- und Gallenblasenoperationen durchgeführt. Weitere Eingriffe, etwa an Magen und Dickdarm, werden folgen.

Robotik aus dem Operationssaal nicht mehr wegzudenken
Nachdem vor knapp 35 Jahren die ersten laparoskopischen Instrumente eingeführt wurden und die minimal­invasive Chirurgie die Operationen grundlegend verändert hat, folgt nun der nächste Innovationsschritt. «Die Robotik ist aus den Operationssälen nicht mehr wegzudenken, sie erobert die chirurgische Welt in rasendem Tempo», sagt der Chefarzt. «Wir merken zudem, dass die Patientinnen und Patienten sich zunehmend nach roboterunterstützten Operationsverfahren erkundigen, und auch für den chirurgischen Nachwuchs ist die robotische Chirurgie heute ein zentrales Entscheidungskriterium bei der Wahl des Arbeitgebers.»

Text und Bild: zvg


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