Kirchbergs Pfarrer John Weber nach seinem ersten Amtsjahr - ein Fazit
06.08.2025 Kirchberg, Aktuell, Gesellschaft, Kirchberg, Region, FotoSeit dem 1. August 2024 komplettiert Pfarrer John Weber das fünfköpfige Pfarrteam der Kirchgemeinde Kirchberg. Ein Jahr ist der 49-jährige Seeländer nun also in der grossflächigen Kirchgemeinde im Amt. Er schätzt seine vielfältigen Aufgaben. Hier ein kleines Fazit:
Der Sprung ins kalte Wasser
An seine erste Amtshandlung für die Kirchgemeinde Kirchberg kann sich Pfarrer John Weber sehr gut erinnern. Und sie wird ihm wohl für immer im Gedächtnis haften bleiben. «Ich wurde gleich ins kalte Wasser geworfen», sagt er augenzwinkernd. Das bedarf einer Erklärung: Nach dem Arbeitsbeginn an einem Freitag hatte John Weber am darauffolgenden Sonntag gleich den Gottesdienst zu halten und dieser fand in der Badi Kirchberg statt. Nach der kurzen Vorbereitungszeit und dem eher aussergewöhnlichen Start mit einem speziellen Aussengottesdienst, gepaart mit der Anfangsnervosität, fühlte es sich wohl schon etwas wie ein Sprung ins kalte Wasser an. «Aber es erwies sich als schöner Einstieg», blickt John Weber gelassen zurück. Ein Gesamtpaket, das mit dem Gottesdienst, mit der darauffolgenden Woche in den Seniorenferien der Kirchgemeinde in Flims und mit dem weiteren Aussengottesdienst auf dem Lobärg in Ersigen ein mehr als volles Programm beinhaltete. «Ich lernte an meinem neuen Arbeitsplatz sofort sehr viele Menschen und Gepflogenheiten kennen. Die Leute haben mich auch sehr herzlich und wertschätzend willkommen geheissen», erklärt Weber. «Und nun schwimme ich einfach weiter und versuche, den Kopf über Wasser zu halten!», meint er lachend.
Ein Stellenwechsel geografisch bedingt
In der grossen und umfangreichen Kirchgemeinde Kirchberg, die sich von Kernenried bis Niederösch und über den Wydenhof bis nach Rüti bei Lyssach erstreckt, habe man nach einem Jahr noch längst nicht alles gesehen, fällt sein Fazit aus. Bis man die Leute wirklich kennenlernen und das nötige Vertrauen aufbauen könne, brauche es viel mehr Zeit. Allerdings habe er bewusst eine grosse Kirchgemeinde gesucht. In einem Pfarrteam und mit anderen Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen zu arbeiten, sei für ihn aktuell massgebend und wichtig. «Der Grundgedanke, nach 14 Jahren als Pfarrer in Huttwil weiterzuziehen, war aber vorwiegend geografisch bedingt.» John Webers Eltern wohnen im Seeland, seine Frau kommt aus dem Oberaargau. Er beabsichtigte, sich irgendwo in der Mitte, weiter in der Gegend nördlich von Bern, niederzulassen. Ganz Pfarrer, wollte er auch da «zu den Leuten». Mit seinem Schalk in den Augen verrät er: «Von Kirchberg kannte ich bis dahin nur die Autobahnausfahrt: ‹Chiuberg drab oder Chiuberg druf›.» Ganz selten sei auch mal ein Besuch im an der Autobahn liegenden schwedischen Möbelhaus angestanden. «Nicht wegen Möbel und Einrichtungen, vielmehr um Zimtschnecken zu kaufen», wie John Weber verschmitzt preisgibt. Auf den Geschmack gekommen sei er aber erst so richtig, als er in seine neue Kirchgemeinde gezogen sei. Mittlerweile gibt es sein Lieblingsgebäck in diversen Läden zu kaufen. In verschiedenen Geschmacksrichtungen. «Ich habe sogar schon selbst gebackene Zimtschnecken von Kirchgemeindemitgliedern erhalten. Das freut mich natürlich noch mehr!»
Aus der Kirchgemeinde hat John Weber schon vor seinem Amtsantritt die Familie Hug gekannt: Samuel, der Pfarrer der Metalchurch, der sein Büro wie er und zwei weitere Kollegen im alten Pfarrhaus in Kirchberg hat, sowie Sarah, die neu gewählte Kirchgemeinderätin. «Sie sind unsere Trauzeugen und haben mich und meine Frau Elisabeth im November des letzten Jahres an unserer Trauung begleitet», erzählt John Weber freudig. Ansonsten war ihm von Kirchberg und seiner Umgebung nicht allzu viel bekannt, obwohl die Gemeinde wie seine Heimat auch auf dem Land liegt und er in einem landwirtschaftlichen Umfeld aufgewachsen ist.
John Weber ist in Treiten, im «Grossen Moos» zwischen Bielersee und Murtensee, aufgewachsen. Im Seeland absolvierte er nach der Schulzeit in einem Treuhandbüro eine Lehre als kaufmännischer Angestellter und arbeitete später bei der Schweizerischen Gemüse-Union. Während seines Theo-logiestudiums arbeitete John Weber fünf Jahre bei der BLS in der Frequenzerhebung um Geld zu verdienen. Sein Vikariat leistete er in Steffisburg, danach zog es ihn für vierzehn Jahre an seine erste Pfarrstelle nach Huttwil. Dort hatte er seinen Arbeitsschwerpunkt in der Jugendarbeit und wohnte in einer grossen WG im Pfarrhaus. Dort lernte er auch seine heutige Ehepartnerin Elisabeth kennen.
Eine grosse Kirchgemeinde mit Potenzial
Die Angebote in seiner neuen Kirchgemeinde sind riesig. «Da sticht Kirchberg aus der Menge heraus», sagt Pfarrer John Weber, der erst kürzlich einen weiteren Gottesdienst «bei den Leuten» hielt. Am Schnittersonntag im Juli fand unter seiner Leitung im Zelt des Schwingklubs und des Schützenchörlis Kirchberg ein ökumenischer Gottesdienst statt. Am Märit betreute er mit einem Team auch einen Stand: die «Power-Bank». «Die heutige Situation der Kirche ist leider fast wie die eines Gletschers – sie schmilzt dramatisch dahin. Auch die Veränderungen im Leben der Menschen sind riesig. Es ist wichtig, dass wir als Kirche auf die Leute zugehen, zu den Leuten hin. Das ist aber nicht alleine verbunden mit einem Gottesdienst.» Weil in der Kirchgemeinde alle Generationen vertreten und präsent sind, sieht er trotz Veränderungen grosses Potenzial. «Der ‹Hoger› mag etwas weit weg scheinen, aber es wird hier oben sehr viel geboten. Insbesondere für Kinder und Jugendliche, aber auch für die ältere Generation.»
John Weber hat sich an diesem markanten Ort in Kirchberg, der weitherum als «Hoger» bekannt ist, schnell wohlgefühlt: «Alleine die Aussicht ist sehenswert.» Als Begegnungsort für die Gemeinschaft oder als Naherholungsgebiet und Rückzugsort bezeichnet er die Umgebung der Kirche, ebenso wie die Kirche selbst sowie die angrenzende, gepflegte Friedhofanlage. «Das alte Pfarrhaus und der Garten Eden gehören ebenfalls dazu und stehen allen Besuchenden offen und zwangslos zur Verfügung. Alle sind willkommen!»
Weiter ist John Weber sich sicher: «Das Argument ‹Kirche hat nichts für mich›, stimmt nicht. Es gibt weitere Angebote wie den Mittagstisch, Spielnachmittage, den ‹Hogermärit› und vieles mehr. Niederschwellige Angebote, die nichts damit zu tun haben sollen, was jemand glaubt oder ob jemand Gottesdienste besucht. Auch das bietet dieses vielseitige Netzwerk, die Gemeinschaft der Kirche.» Eines ist sicher: «Ich werde mit Freude in mein zweites Amtsjahr starten.»
Welche Erwartungen und Ideen hat John Weber für die Zukunft? «Die Generationen noch mehr miteinander zu verbinden, ist wichtig.» Er konnte im ersten Jahr schöne Kontakte knüpfen und schon viele Seniorinnen und Senioren kennenlernen. Darauf möchte er aufbauen. «Ich beabsichtige ein KUW-Projekt mit der 7. Klasse, bei dem ich beide Generationen miteinander verbinden kann, so haben alle etwas davon!» Das wäre sozusagen «ds Füfi und dr Zimetschnägg!»
Text und Bilder: Paul Hulliger