Lesung mit Hans Jürg Zingg
13.06.2024 AktuellZu einem heiteren, gefühlvollen Leseabend mit dem heimischen Autor Hans Jürg Zingg lud die Kulturgruppe Ezetera am 7. Juni 2024 ins Kirchgemeindehaus Rüegsauschachen ein. Hans Jürg Zingg, vielseitiger Sprach- und Wortkünstler, las aus seinem ersten Mundartroman «tüet nid z wüescht». Dieser sei «autobiografisch inspiriert und zu 50 Prozent erfunden», so der Autor, der in Thun aufgewachsen und seit mehr als 50 Jahren in Rüegsauschachen zu Hause ist.
«tüet nid z wüescht» ist die Geschichte einer «Gymerliebi vo synerzyt» zwischen einem Lehrersohn und einem Bergbauernmädchen in den 1960er-Jahren. Beide «gö z Bärn i Gymer». Zwei Welten treffen aufeinander: Nicht die gesellschaftlichen Unterschiede von Stadt und Land schaffen den grossen Spannungsbogen, sondern die verschiedensten Neigungen und Interessen der beiden Pro-tagonisten. Er interessiert sich für Jazz und lernt Griechisch, sie begeistert sich für Klassik und belegt Englisch. Sie ist ein ausgesprochenes Klaviertalent, er «stümperet» auf der Bratsche, die später von der Klarinette abgelöst wird. Unklar ist, ob sich der Autor in seinem Roman oder in den Umständen seiner Erzählung identifizieren lässt.
Hans Jürg Zingg charakterisiert seine Protagonisten lebensnah, er «zeichnet» Bilder einer heilen Welt, die durch Gefühle und Empfindungen ein wenig durcheinandergerät. Er versteht es, Gefühle zu verbalisieren, auch wenn sie nicht ausgesprochen werden. Seine Mundartlyrik umschreibt Begegnungen und Dialoge, die durchaus ins «Hier
und Heute» adaptierbar wären.
Hauchzart konfessionell eingebunden, mit tiefsinnigem Humor schildert der Autor das Auf und Ab zu Beginn der «Gymerliebi» zwischen Schül und Änni. Es ist ein Lesespass, der gleichzeitig ein geschichtlicher Rückblick ist. Der Roman beweist, dass grosse und kleine Gefühle erarbeitet, gehegt und gepflegt sein wollen.
Sylvia Mosimann

