Genehmigtes Budget 2026, Schulhaustoiletten und Badeplausch

  12.11.2025 Aktuell, Politik, Burgdorf

Stadtratspräsident Philipp Schärf begrüsste 37 Stadträte/-innen und zahlreiche Gäste an der Novembersitzung des Burgdorfer Stadtrats. Er sprach sein Bedauern über den Unfalltod des Präsidenten der EDU-Ortspartei Burgdorf, Christoph Lengacher, aus. Alle gedachten seiner während einer Schweigeminute.  
Schärf informierte über seine Tätigkeit als Stadtratspräsident. Stadtpräsident Stefan Berger sprach über eine eingegangene Petition, unterschrieben von 14 Personen. Diese wünschen eine öV-Verbindung auf den Gyrisberg. Der Gemeinderat (GR) wird die Petition bearbeiten und beantworten.

Ersatzwahl für die Sozialkommission und die Geschäftsprüfungskommission
Thomas Studer gab per 31. Dezember 2025 seine Demission aus der Sozialkommission bekannt. Der Stadtrat (SR) wählte Franca Maurer, Grüne, einstimmig als Nachfolgerin. Adrian Merz demissionierte per 3. November 2025 in der Geschäftsprüfungskommission. Als Nachfolgerin wurde Johanna Schlegel, Grüne, einstimmig gewählt.

Umgestaltung Thunstrasse ist abgeschlossen
Die Thunstrasse ist nicht nur eine wichtige Erschliessungsstrasse, sondern sie wird auch intensiv als Schulweg genutzt. Darum wurde der Fussgängerbereich baulich von der Fahrbahn abgetrennt, Werkleitungen wurden saniert oder ersetzt und der marode Strassenkörper wurde komplett neu gebaut. Die Kreditabrechnung für diese Sanierungsarbeiten mit Ausgaben von 1 091 497.65 Franken, Einnahmen von Landverkäufen von 72 000 Franken und Minderausgaben von 156 502.35 Franken (exkl. Landkäufe) wurde einstimmig genehmigt.

Stadt übernimmt Amortisationen auf dem Darlehen der Markthalle Burgdorf AG (MHAG)
Aufgrund von Beschlüssen des SR wurden die Abschreibungen der Jahre 2019–2025 übernommen und von den Darlehen, die 6 611 000 Franken betragen, abgezogen. Werden die Abschreibungen auch in Zukunft von der Stadt finanziert, ist keine Wertberichtigung notwendig. GR Theophil Bucher lobte die Auslastung der Markthalle, das gute Geschäftsmodell und die positiven Jahresabschlüsse. Darum stellte der GR den Antrag, die Abschreibungen ab 2026 jährlich bis zur Tilgung der Schuld zu übernehmen.
Die glp, SVP/EDU und Jonas Lauwiner stellten einen Änderungsantrag. Dieser will die Abschreibungen bis im Jahr 2030 übernehmen und die Situation danach wieder prüfen.
Der gesamte SR äusserte sich positiv über die Geschäftsführung der MHAG und die grosse Bedeutung dieser Event-Anlage. Doch eine zeitliche Begrenzung der Kostenübernahme bringe mehr Stabilität, argumentierte Ulrich von Känel (glp). Denn die finanzielle Verantwortung liege bei der Stadt. Jürg Grimm (FDP) rühmte die Vermarktung der Markthalle. Er appellierte an den SR, diese als notwendige Infrastruktur zu betrachten, wie eine Brücke oder einen Veloweg. Bei solchen Bauten frage auch niemand, wie rentabel sie seien und wann die Investitionen amortisiert würden. Yves Greisler (Die Mitte) und Christian Hedinger (Grüne) möchten, dass ortsansässige Vereine und einheimische Institutionen besseren Zugang zur Markthalle bekommen, denn diese erbringen mit den Steuern auch finanzielle Leistungen.
Der Wortlaut des GR unterlag mit 17 Stimmen dem Abänderungsantrag, der 19 Stimmen erhielt. Der Abänderungsantrag wurde mit 36 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Das bedeutet, dass der Businessplan 2025–2030 der MHAG zu Kenntnis genommen und die jährlichen Abschreibungen im Umfang von 265 750 Franken bis im Jahr 2030 übernommen werden.
In einer Interpellation fragte die grünliberale Partei den GR, welche Auswirkungen die Nicht-Übernahme der Abschreibungen der MHAG hätte. Möglicherweise haben die Antworten zu diesem Entscheid beigetragen.

Geschlechtsneutrale Toiletten, ja oder nein?
Die Grüne Partei und die SP forderten den GR auf, bei Neu- und Umbauten von Schulhäusern auch geschlechtsneutrale Toiletten zu planen. Sie sollen mit Kabinen voneinander getrennt sein und auf Pissoirs sei zu verzichten. Geschlechtsneutrale Toiletten seien eine ideale Lösung für Menschen ausserhalb des binären Spektrums. Damit zeige sich die Akzeptanz der Stadt gegenüber allen.
Die Frage nach geschlechtsneutralen WCs wurde mit den zuständigen Stellen in Bildungsdirektion und Volksschule diskutiert, so GR Beatrice Kuster Müller. Der GR holte auch Informationen bei Berner Schulen ein. Fazit ist, dass auf geschlechtsneutrale Toiletten in Schulhausneubauten und -umbauten zu verzichten sei. Dafür spreche neben den Abklärungen und Diskussionen unter anderem der aktuelle Planungsleitfaden der Volksschulkommission. Darum schlug der GR die Ablehnung des Auftrags vor.
Die Grünen und die SP verfassten daraufhin einen Abänderungsantrag. Sie möchten, dass aus Hygiene- und Sicherheitsgründen auf Pissoirs verzichtet wird. Kinder seien von zu Hause keine Pissoirs gewöhnt. In Schulhäusern darauf zu verzichten, sei eine Zwischenlösung für bessere Bedingungen.
Das Thema Pissoir setzte viele Emotionen frei. Es wurde über Hygiene, Wasserverbrauch, Privatsphäre und Gleichstellung aller Geschlechter diskutiert. Als Jonas Lauwiner verkündete, das Pissoir sei eine Innovation, und den Frauen vorwarf, sie wollten den Männern etwas wegnehmen, lief die Diskussion beinahe aus dem Ruder. Doch Beryll Veraguth (EVP) rettete die Situation mit sachlichen Argumenten. Es gehe nicht um Pissoirs in Restaurants, Bars oder öffentlichen Gebäuden, sondern um Toilettenanlagen für Kinder von 4 bis 16 Jahren. Pissoirs würden ein zusätzliches Risiko für Mobbing, sexuelle Übergriffe und Sextortion darstellen.
Auch bei diesem Thema waren zwei Abstimmungen nötig. Der Abänderungsantrag bekam 17 Stimmen, der Originalwortlaut 9 Stimmen. Die 11 Enthaltungen verdeutlichen, wie kontrovers dieses Thema ist. Der Abänderungsantrag wurde schlussendlich mit 19 Ja-, 14 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen angenommen.

Kostenloser Eintritt ins Freibad Burgdorf für Kinder
Der GR wurde von der SP-Fraktion beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Freibad die Eintrittspreise anzupassen und diese in geeigneter Form zu kommunizieren. Personen mit einer KulturLegi und Kinder bis 12 Jahre sollen kostenlos das Freibad besuchen können.
GR Kuster Müller führte hinsichtlich dieser Forderung Abklärungen durch. Gemäss Berechnungen sollen dem Freibad Mindereinnahmen von 11 430 Franken entstehen. Der GR lehnte den vorliegenden Auftrag im Originalwortlaut ab und schlug in geändertem Wortlaut vor, diese kostenlosen Eintritte für Kinder unter 12 Jahren und Personen mit einer KulturLegi probeweise für zwei Jahre zu bewilligen. Er beantragte die Annahme dieses Auftrags. Die SP erklärte sich einverstanden mit der Wortlautänderung.
Martin Hohl (Die Mitte) ist Co-Geschäftsführer der Hallenbad Burgdorf AG und Leiter der Technik im Freibad. Er befürchtet mit den Gratiseintritten eine starke Zunahme der Badegäste, was ein Problem für die Sicherheit bedeuten und Personalaufstockungen nach sich ziehen würde. Kuster Müller entgegnete, dass dafür keine zusätzlichen finanziellen Mittel vorgesehen seien.  
Fabian Käsermann (SP) erklärte, Diskussionen über das Operative gehörten nicht in den SR, politische Entscheide seien gefragt.
Der Auftrag wurde mit 21 Ja-, 13 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen angenommen.

Nationale Präventionskampagne gegen häusliche, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt     
Häusliche, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt führte im Jahr 2025 in der Schweiz zu 18 Morden an Frauen. Im Jahr 2024 gab es allein im Kanton Bern 1975 Straftaten im Bereich häusliche Gewalt. Die Gleichstellungsstrategie 2030 des Bundes startet im November 2025 eine nationale Präventionskampagne gegen häusliche, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt. Gemeinden werden aufgefordert, an dieser Kampagne mitzuwirken.
Die SP wollte vom GR wissen, ob die Stadt Burgdorf eine Mitwirkung in Betracht ziehe und welche konkreten Massnahmen sie für deren Publikation ergreife.
Dem GR ist die Kampagne bekannt. Kantone und Gemeinden – auch die Stadt Burgdorf – unterstützen die Erarbeitung solcher Kampagnen, dienen aber auch als Multiplikatoren/-innen. Details waren bis Ende September noch nicht bekannt. Weiter erklärte der GR, dass seit dem Inkrafttreten des aktuellen Polizeigesetzes alle Opferhilfestellen im Kanton Bern nach einer polizeilichen Intervention immer eine Opfermeldung durch die Polizei erhalten.
Die SP äusserte sich zufrieden mit der Antwort des GR.

Massnahmen zur Verhinderung von Diskriminierung
Die Grünen Burgdorf richteten diverse Fragen betreffend Diskriminierung an den GR. Es ist ihnen ein Anliegen, dass die Stadt mithilft, Diskriminierung zu verhindern, und diesbezüglich Verantwortung übernimmt.
Der GR erwähnte in seinen Erläuterungen die Grundlagen der Stadt, das kommunale Personalreglement und das kantonale Personalrecht. Zudem verpflichtet sich Burgdorf mit dem Leitbild Integration, dem ein umfassender inklusiver Ansatz zugrunde liegt: «Ziel ist es, allen Menschen, unabhängig von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter, Religion, Aufenthaltsstatus oder Weltanschauung, eine gleichberechtigte Teilhabe am sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Leben in Burgdorf zu ermöglichen» (Ausschnitt aus dem Leitbild).
Im Jahr 2025 wurden Pilotkurse zum Umgang mit Rassismus durchgeführt, die von Angestellten der Stadtverwaltung und Mitarbeitenden der Schulen freiwillig besucht werden konnten. Diskriminierung ist auch in der offenen Kinder- und Jugendarbeit (JuBU) ein Thema. Für deren Mitarbeitende gilt ein Verhaltenskodex.
Die Stadt Burgdorf setzt in verschiedenen Bereichen Massnahmen gegen Diskriminierung um. Es bestehen aber auch Lücken. Der GR wird die Entwicklung weiter im Auge behalten und wo nötig Massnahmen ergreifen. Die Grünen zeigten sich zufrieden mit der Antwort. Sie zählen darauf, dass man diese Lücken nicht vergisst.
Die nächste Stadtratssitzung findet am Montag, 8. Dezember 2025, bereits um 17.30 Uhr im Gemeindesaal am Kirchbühl 23 statt. Wie immer ist sie öffentlich. 

Helen Käser

 


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