Nur lobende Worte am Jahrhundertfest
30.08.2016 Aktuell, Jegenstorf, Wirtschaft, Bildung, Region, Jugend, Gesellschaft, Bildung / SchuleVor hundert Jahren – am 9. April 1916 – wurde die Eisenbahnverbindung Solothurn-Bern eingeweiht. Dieses Jubiläum feierte der RBS (Regionalverkehr Bern-Solothurn) am Samstag, 27. August 2016, mit einem Jahrhundertfest in Solothurn, Jegenstorf und Bern. Am Vormittag fand der offizielle Festakt für geladene Gäste im Schloss-park Jegenstorf statt. Als Referenten gratulierten zum Jubiläum Bundesrätin Doris Leuthard, Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer und Roland Fürst, Landammann Kanton Solothurn. «Dr Sidi Abdel Assar vo El Hama», «Ds Nüünitram» respektive «Dr RBS» und «Ir Isebahn», Chansons von Mani Matter, vorgetragen vom Chor Cantissimo, Urtenen-Schönbühl, erklangen zu Festbeginn.
Geschichtlicher Rückblick
«E bessere Uftakt zu däm Jubiläum gits gar nid – mit öichne ryche Bezüg zu üsere Bahn», meinte VR-Präsident, Stadtpräsident von Solothurn und Nationalrat Kurt Fluri, an die Sänger gewandt. Fluri liess wissen, dass Bundesrat Ludwig Forrer im Jahr 1912 zwischen den beiden Kantonsregierungen Bern und Solothurn vermitteln musste. Seit der Einrichtung der Eisenbahnlinie der schweizerischen Zentralbahn im Jahr 1857 führte eine Bahnlinie von Olten über Herzogenbuchsee nach Solothurn, Biel und Bern, und die bernische Staatsbahn fuhr ab 1864 von Biel nach Bern. Zwischen Solothurn und Schönbühl verkehrte damals täglich eine Postkutsche, zwischen Derendingen und Biberist eine sogenannte Industriepferdebahn. Diese wurde später als Emmental-Bahn bis Burgdorf verlängert. 1876 nahm die Zentralbahn die sogenannte Gäu-Bahn in Betrieb: die Jürasüdfuss-Linie von Olten über Oensingen nach Neu-Solothurn (am heutigen Hauptbahnhof). Und die Emmental-Bahn fuhr von Solothurn über Biberist nach Burgdorf.
Grabenkrieg zwischen Bern und Solothurn
Verschiedene Bestrebungen für eine Bahnverbindung durchs Fraubrunnenamt blieben erfolglos. Es entwickelte sich ein Grabenkrieg zwischen den beiden Kantonen. Solothurn verlangte eine Normalspurbahn nach Schönbühl, um dort in die SBB-Linie einzumünden. Bern wollte die sogenannte Billigvariante mit einer Strassenbahn als Fortsetzung der Trambahn Bern-Zollikofen nach Utzenstorf. Erst mit dem Vorschlag von Bundesrat Forrer 1912 wurden die beiden Kantone einig und die Realisation einer Schmalspurbahn erfolgte – von Solothurn nach Zollikofen mit Fortsetzung über die Bern-Zollikofen-Bahn. Ebenfalls 1912 wurde die BZB (Bern-Zollikofen-Bahn) eröffnet. So entstand aus der Idee einer durchgehenden Normalspurbahn und dem Vorschlag einer Schmalspurbahn bis Utzenstorf der RBS.
Pionierhafte verkehrspolitische Entscheide
Im Mai 1974 trat der Plan 74 in Kraft, der unter anderem den integralen Taktfahrplan mit sich brachte. Dieser Plan 74 mit dem eigentlichen Start zur S-Bahn Bern führte zu einem markanten Anstieg der Fahrgastzahlen. Die Schaffung des ersten unterirdischen Bahnhofs im Jahr 1965 muss ebenfalls erwähnt werden. Heute wird dieser Bahnhof an Spitzentagen von 60 000 Personen benützt. Die Schaffung eines neuen RBS-Bahnhofs unterhalb der SBB-Geleise in Bern mit Ausgang im Hirschengraben steht im kommenden Jahr an. Die Eröffnung ist für 2025 vorgesehen.
Pionierarbeit auf 1000 Millimetern
«Auf Ihren 1000 Millimetern haben Sie Pionierarbeit geleistet», sagte Bundesrätin Doris Leuthard in Anspielung auf die Spurweite der Bahn. Sie anerkannte als Verkehrsministerin in ihrer Gratulationsansprache die Pionierleistungen dieser bestfrequentierten schweizerischen Regionalbahn. An ihre Lobesworte band sie auch Erwartungen wie die Einführung eines elektronischen Ticketings und des «Road Pricings». Denn es gelte, Engpässe zu beseitigen und Verkehrsspitzen zu brechen. Humorvoll knüpfte Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer an, indem sie vom Lehnstuhl als Geburtstagsgeschenk des Kantons an das 100-jährige Bestehen der Bahn erzählte. «Bei euch in der RBS darf sich aber niemand zurücklehnen.» Denn «flüssige Mobilität» bilde den Puls der Grossregion, die diesen ÖV mit integriertem Takt und bewundernswerter Pünktlichkeit überdurchschnittlich nutze.
«Schmalspurige» Berner
Für Schmunzeln sorgte Solothurns Landammann Roland Fürst mit seinem Wortspiel über die Auseinandersetzungen in der Gründungszeit. Damals hätten es die «schmalspurigen» Berner gegenüber den normal(spurig)denkenden Solothurnern geschafft, ihre Intention der 43 cm engeren Spurweite durchzusetzen. Der Kompromiss habe sich gelohnt. «Liebe Berner, ihr habt nicht Unrecht gehabt», wie die Unternehmensentwicklung beweise. «Schenkt uns ein Sprungbrett, keinen Lehnstuhl, denn wir haben noch viel vor», forderte RBS-Direktor Fabian Schmid als erst fünfter Amtsinhaber seit 1916 in seiner Rede. Er dankte für das Wohlwollen dem Unternehmen gegenüber und kündigte an, dass sich der RBS weiterhin als Fachstimme einmischen werde.
Im Schlosspark
Während am Vormittag 230 geladene Gäste den Festreden und dem Gesang von «Cantissimo» folgten, flanierten am Nachmittag Hunderte im und um den Park des Schlosses Jegenstorf. Teams aus den Gemeinden entlang der RBS-Linie von Bern bis Solothurn massen sich bei den Jahrhundertspielen im Busziehen, Schotterschätzen usw. Als Sieger ging Bätterkinden unter grossem Applaus vom Platz respektive aus dem Festzelt. Apropos Festzelt: Alt Bundesrat Adolf Ogi, CEO Swiss Olympic Roger Schnegg und die Behindertensportler Heinz Frei und Christoph Sommer berichteten am Nachmittag im Festzelt über die Olympiade 2016 in Brasilien und den Sport im Allgemeinen. Die Alphorngruppe Oberaargau, die Harmonie Bätterkinden, der Schülerchor mit Band von Fraubrunnen, Michelle Ryser, Gustav und weitere Acts liessen den Festtag gelungen ausklingen.
Barbara Schwarzwald