Der Grosse Rat stimmt dem Projektierungskredit zu

| Mi, 14. Sep. 2016

REGION: Im Beisein einer Delegation aus dem Emmental genehmigte der Grosse Rat mit 112 zu 29 Stimmen bei 8 Enthaltungen den vom Regierungsrat beantragten Projektierungskredit in der Höhe von 11,9 Mio. Franken für die Verkehrssanierung Burgdorf – Oberburg – Hasle b. B. red

Am vergangenen Donnerstag fällte der Grosse Rat des Kantons Bern einen wegweisenden Entscheid: Nach intensiver Debatte stimmten die Parlamentarier/innen mit grosser Mehrheit dem vom Regierungsrat beantragten Projektierungskredit in der Höhe von 11,9 Millionen Franken für die Verkehrs­sanierung Burgdorf – Oberburg – Hasle b. B. zu. Der Rat folgte mit 112 zu 29 Stimmen bei 8 Enthaltungen der Empfehlung der vorberatenden Bau-, Energie-, Verkehrs- und Raumplanungskommission. Ein Rückweisungsantrag seitens der Kommissionsminderheit lehnten die Grossräte mit 102 zu 45 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab.

Umfahrung für Hasle und Oberburg, Optimierungen in Burgdorf
Das Projekt, das unter der Federführung der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin Barbara Egger (SP) ausgearbeitet wurde, basiert auf den im Mitwirkungsverfahren geäusserten Wünschen der lokalen Bevölkerung. Die gewählte Variante beinhaltet in einer ersten Etappe den Bau einer Umfahrungsstrasse für Oberburg und Hasle sowie die Optimierung des bestehenden Strassennetzes (Variante Null +) in Burgdorf und Lyssach-Schachen. Sollten sich diese Massnahmen als unzureichend für die Lösung des Verkehrsproblems herausstellen, wird in einem späteren Schritt die Umfahrung Burgdorf inklusive Lyssach-Schachen realisiert.

Gesamtkosten von 421 Millionen Franken
Die Kosten für die erste Etappe des Megaprojekts werden auf 421 Millionen Franken geschätzt. Die Finanzierung soll mit Geldern aus den zur Verfügung stehenden Mitteln für die Verkehrsinfrastrukturen des Kantons Bern, aus dem Fonds zur Deckung von Investitionsspitzen sowie mit Bundesmitteln aus dem Agglomerationsprogramm Burgdorf erfolgen. Gemäss Zeitplan wird das Parlament im Jahr 2021 über den Ausführungskredit abstimmen – mit Baubeginn ist frühes­tens 2022 zu rechnen.

Eine Delegation aus dem Emmental war vor Ort
Delegierte der Emmentaler Gemeinden – unter ihnen Rita Sampogna, Gemeinderatspräsidentin Oberburg, sowie Walter Scheidegger, Gemeindepräsident Hasle – verfolgten auf der Zuschauertribüne die Debatte im Grossen Rat, die bereits am Mittwochabend begonnen hatte und am Donnerstag fortgesetzt wurde. Es zeigte sich rasch, dass die Parlamentarier/innen den Handlungsbedarf erkannten. In Burgdorf, Oberburg und Hasle wird heute ein durchschnittlicher Werktagsverkehr von bis zu 20 000 Fahrzeugen gemessen – Tendenz steigend. Unter der enormen Verkehrsbelastung und den Staus leiden sowohl die Verkehrsteilnehmenden als auch die Wohnbevölkerung. In einem Votum wurde gar von einer zunehmenden Verslumung des Ortskerns von Oberburg gesprochen. Auch der öffentliche Verkehr, Velofahrer/innen und Fussgänger/innen leiden unter den Beeinträchtigungen entlang der Hauptachse. Als wichtiges Argument zugunsten des Projektierungskredits erwies sich der volkswirtschaftliche Nutzen für das Emmental durch eine gute Verkehrsanbindung.
Engagierte Plädoyers für die vom Regierungsrat vorgeschlagene Lösung hielten u. a. Peter Sommer (FDP, Wynigen), Elisabeth Zäch (SP, Burgdorf), Andrea Gschwend (SVP, Oberburg) und Hugo Kummer (SVP, Burgdorf). Die bürgerlichen Parteien stimmten dem Projektierungskredit geschlossen zu. Die SP-Fraktion zeigte sich gespalten. Einwände gegen die geplante Umfahrung waren auch aus den Reihen der Grünliberalen und der EVP zu hören. Die Grünen lehnten den Projektierungskredit ab. Kritiker monierten insbesondere, die Variante Null +, also die Optimierung der bestehenden Strasseninfrastruktur ohne Netzer­gänzung, biete eine bessere Lösung zu einem günstigeren Preis, ohne Beeinträchtigung des Kulturlandes. Ob die Gegner der Vorlage das Referendum ergreifen werden, ist noch unklar.

Stimmen von Gemeindepolitikern aus der Region zum Grossratsentscheid:

Walter Scheidegger, Gemeindepräsident Hasle b. B.
«Das deutliche Resultat erachte ich als positiv – insbesondere auch in Hinblick auf ein mögliches Referendum.
Die geplante Verkehrsentlastung bringt der Gemeinde Hasle grossen wirtschaftlichen Nutzen. Die drohende Abwanderung von Unternehmen wird gestoppt. Auf den Tourismus wird die Realisierung des Strassensanierungsprojekts einen positiven Effekt aus­üben. Für all diejenigen, welche auf das Auto angewiesen sind, verbessert sich die Lebensqualität. Im Vergleich zu Oberburg liegen in Hasle b. B. weniger Liegenschaften an der Hauptverkehrsachse; die Situation der Betroffenen wird sich mit der Umfahrung verbessern.»

Ulrich Niederhauser, Gemeinderat Ersigen
«Ich bin hocherfreut über den Beschluss des Grossen Rats. Der Entscheid ist für das Wachstum der Wirtschaftsregion Emmental von grösster Bedeutung und stärkt die Unternehmen in der Region, die auf gute Verkehrsanbindungen angewiesen sind. Betriebe und Firmen, die unter der gegenwärtigen Situation leiden, haben nun eine Zukunftsperspektive; eine effiziente Lösung ist in Sichtweite.

Als Mitglied des Gemeinderats von Ersigen war es für mich wichtig, Solidarität zu zeigen – deshalb reiste ich mit der Delegation der Emmentaler Gemeinden nach Bern. Die Umfahrungsstrasse Hasle und Oberburg und die Optimierungen in Burgdorf kommen dem ganzen Emmental zugute. Das überregional ausgerichtete Gewerbe in unserer Gemeinde wird in Zukunft ebenfalls von der Verkehrssanierung profitieren – genauso wie die Pendlerinnen und Pendler, die in Ersigen leben und in der Region Emmental arbeiten.»

Karin Jost, Gemeinderätin Koppigen
«Ich verfolgte die Debatte im Kantonsparlament mit grosser Spannung. Angesichts der kritischen Voten mehrerer Grossräte war ich nicht sicher, ob der Antrag des Regierungsrats eine Mehrheit finden würde – die Ablehnung des Projektierungskredits wäre eine Katastrophe gewesen. Umso zufriedener und glücklicher bin ich über den zukunftsweisenden Entscheid, der eine wichtige Weichenstellung für das gesamte Emmental und den ganzen Kanton Bern darstellt.

Die Gemeinde Koppigen liegt geografisch im Randgebiet des Verwaltungskreises Emmental. Dennoch bin ich überzeugt, dass auch bei uns langfristig viele Einwohnerinnen und Einwohner sowie Gewerbetreibende von der dringend nötigen Verkehrssanierung profitieren.»

Sonja Steinmann, Gemeinderätin Rüegsau
«Es hat mich ungemein gefreut, dass die Parlamentarierinnen und Parlamentarier dem Projektierungskredit so deutlich zustimmten. Es gibt keine bessere Alternative. Kritiker weisen insbesondere auf den Verlust des Kulturlandes durch den Bau der Umfahrungsstrasse hin. Das Emmental benötigt aber beides: sowohl intaktes Kulturland als auch die Umfahrung.   
Das Gemeindegebiet von Rüegsau ist nicht direkt vom Strassensanierungsprojekt betroffen. Dennoch wird sich dessen Realisierung positiv auf die hiesige Wirtschaft auswirken. Transport- und Lieferwege verbessern sich; die anvisierte Verkehrsentlastung ist ein Gewinn für Unternehmer und Arbeitnehmer.
Die Solidarität unter den Emmentaler Gemeinden habe ich als sehr positiv empfunden. Der gemeinsame Einsatz für eine nachhaltige Verkehrslösung hat gezeigt, dass die Region zusammensteht und wir gemeinsam viel erreichen können.»

Rita Sampogna, Gemeinderatspräsidentin Oberburg
«Die Debatte im Grossen Rat hilflos auf der Zuschauertribüne zu verfolgen, war für mich nicht ganz leicht. Gerne hätte ich jeweils zu den Argumenten der Kritiker des Projekts Stellung bezogen und sie auf die Probleme aufmerksam gemacht, mit denen sich die Gemeinde Oberburg tagtäglich konfrontiert sieht. Die vielen engagierten Voten für die Verkehrssanierung zeigten, dass das Lobbying der Region Emmental funktionierte. Grosser Dank gebührt den Gemeindedelegationen, die mit uns nach Bern gereist sind. Mit unserem gemeinsamen Erscheinen demonstrierten wir, wie wichtig der Entscheid für das ganze Emmental ist.

Mit dem deutlichen Ja haben wir eine erste wichtige Hürde genommen. Aus der Bevölkerung von Oberburg erhielt ich bereits viele positive Rückmeldungen zum Entscheid. Wir müssen allerdings realistisch bleiben; noch ist der Ausführungskredit nicht gesprochen – der Weg zur Umsetzung des Projekts wird hart und steinig sein.»

Markus Hofer

 

Geplante Massnahmen

Oberburg / Hasle b. B.:
Die Neubaustrecke umfährt den Ortskern von Oberburg in einem Tunnel, bevor sie beim Anschluss «Oberburg Süd» in die bestehende Kantonsstrasse übergeht und bis zum Dorfeingang von Hasle b. B. weiterführt. In Hasle verläuft die Neubaustrecke westlich der BLS-Bahnlinie Burgdorf – Thun, unterquert diese mit einem kurzen Tagbautunnel und mündet vor der Verzweigung Riffershüseren wieder in die bestehende Kantonsstrasse. Gleichzeitig soll das bestehende Strassennetz optimiert werden.

Burgdorf / Lyssach-Schachen:
Der Strassenverkehr wird während der Spitzenstunden gesteuert. Im Überlastfall legen Ampelanlagen die Rückstaus und deren Immissionen in bewirtschaftete Warteräume.

Um die Fahrplanstabilität des ÖV zu gewährleisten, sind an den Ampelanlagen Spuren für Bus und Velofahrer vorgesehen. Die Bahnübergänge Buchmatt und Spital werden durch Unterführungen ersetzt.

Markus Hofer

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