Teure Überraschung beim Umbauprojekt Schloss: Es fehlen weitere 2,3 Millionen Franken

  02.06.2017 Burgdorf, Kultur, Gesellschaft

Die Anfang letzter Woche von Stiftungsratspräsident Dr. Markus Meyer publizierte Medienmitteilung lautet prinzipiell optimistisch: «Der Stiftungsrat vom Schloss Burgdorf hat die Planungsarbeiten für die Umnutzung des Schlosses in Gang gebracht. Jetzt liegt das konkrete Umbauprojekt vor. Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 16,5 Millionen Franken. Das sind 2,3 Millionen mehr, als die Vorstudie errechnet hatte. Der Stiftungsrat ist zuversichtlich, dass er die Finanzierung sicherstellen kann. Er überprüft einerseits Anpassungen im Bauprojekt. Andererseits will er zusätzliche Gelder generieren.»

Voranschlag ohne Rückstellungen
Das dürfte nicht ohne weiteres zu bewerkstelligen sein, haben sich die Verantwortlichen für die Umbaufinanzierung schon bis heute Diverses einfallen lassen müssen. Aufgrund der ursprünglichen Zahlen haben sie mit lediglich 800 000 Franken für die bis jetzt noch nicht sichergestellten Mehrkosten gerechnet, die sich aufgrund fehlender Reserven im Voranschlag auf 2,3 Millionen Franken erhöht haben. Jetzt sind 3,1 Millionen Franken ungedeckt. Meyer erklärt die massive Kostensteigerung mit der speziellen Finanzierung der Umbaupläne für das Schloss Burgdorf. Der Kanton Bern hat das Schloss an die Stiftung Schloss Burgdorf abgetreten, bleibt aber weiter Eigentümer und zahlt in dieser Funk­tion 9 Millionen Franken an das Umbauprojekt. Die Stadt Burgdorf beteiligt sich mit 2 Millionen Franken. Die fehlenden Gelder sollen mit Spezialaktionen, bei Firmen, Gönnern usw. beschafft werden. Entsprechende Pläne sind seit Längerem in Arbeit. Für Meyer und den Stiftungsrat ist von Anfang an klar gewesen, dass im ursprünglichen Kostenvoranschlag für die Schlossumnutzung keine Millionen für Rückstellungen – wie bei «normalen» grossen Bauprojekten – aufgeführt werden konnten.
Beim Schloss Burgdorf handelt es sich um ein «wirklich altes Gemäuer» mit der Option auf Überraschungen. Laut Dr. Jürg Schweizers Werk «Kunstdenkmäler des Kantons Bern, die Stadt Burgdorf» schreibt er: «So klar die Belege für eine vor die hochmittelalterliche Festungsanlage zurückgehende Besetzung des topografisch einzigartig begünstigten Felsens sind – die Spuren reichen in die späte Bronzezeit zurück – so unklar sind ihre Dauer und Form. Die Grunddisposition der Wehranlage geht zweifellos vor die Zeit der zähringischen Hauptbauphase und mindes­tens ins 11. Jahrhundert zurück. Erste schriftliche Erwähnungen stammen von 1175 und 1201.»

Zwei Burgdorfer im Stiftungsrat
Im siebenköpfigen Stiftungsrat des Schlosses sind auch zwei Personen aus Burgdorf vertreten: die ehemalige Stadtpräsidentin Elisabeth Zäch, die sich seit vielen Jahren intensiv für eine sinnvolle Nutzung des Schlosses eingesetzt hat, und Architekt Ueli Arm als lokaler Fachmann.
Auf der Website der Stiftung Schloss Burgdorf wird seit der Stiftungsgründung am 17. Januar 2017 der Zweck wie folgt beschrieben: «Die Stiftung bezweckt, das Schloss Burgdorf als schützenswertes Kulturgut von nationaler Bedeutung für zukünftige Generationen zu erhalten und der kulturellen sowie anderweitigen Nutzung durch die Öffentlichkeit und Private zugänglich zu machen. Die Geschichte des Schlosses soll erlebbar sein. Gewinn und Kapital sind ausschliesslich zu diesem Zweck einzusetzen.» Dieser Text ist bereits vor dem Beginn der offiziellen Sammelaktion aufgeschaltet worden.
Gemäss Mitteilung von Stiftungspräsident Meyer basiert «die Umnutzung von Schloss Burgdorf in eine Jugendherberge mit attraktivem Museum, dem städtischen Trauungszimmer und einem öffentlichen Gastrobetrieb auf einer Wettbewerbseingabe aus dem Jahr 2012. Die Kosten wurden in der Folge auf 14,2 Millionen Franken geschätzt. Davon sind 13,4 Millionen Franken zugesichert».

Wunderschöne Grisaillemalereien
Nachdem fünf Jahre später das konkrete Umbauprojekt vorliegt, sind in der Zwischenzeit vorher unbekannte Fakten aufgetaucht. Kostenmässig weicht der Voranschlag heute rund 2,3 Millionen Franken von der Vorstudie ab. Eine knappe Million davon ist begründet mit neu aufgetauchten Altlasten wie Asbest, die es kostenaufwendig zu beseitigen gilt, zusätzlichen Grundleistungen für den Gastro- und Museumsbetrieb und mit Projektänderungen gegenüber der Vorstudie. Erfreulich ins Gewicht, aber negativ für die Renovierungskosten fallen die vor Kurzem entdeckten Grisaille-Wand- und -Deckenmalereien (diese Zeitung berichtete), denn bei den Vorbereitungsarbeiten für den effektiven Umbau des Schlosses in eine Jugendherberge sind bisher verloren geglaubte Wandmalereien von 1686 wieder aufgetaucht. Die Freude über den praktisch unversehrten Zustand der Malereien ist gross.
Die weiteren finanziellen Abweichungen vom ursprünglichen Kostenvoranschlag ergeben sich aus der weniger detaillierten Vorstudie zum konkreten Bauprojekt, weshalb der Stiftungsrat nun alle möglichen Einsparungesvorschläge genau prüfen wird.

Geld für Spenden bereitlegen
Die neue Finanzierungslücke von 3,1 Millionen Franken (bisher ungedeckt 800 000 Franken und zusätzlich 2 300 000 Franken) bedeutet laut Meyer für den Stiftungsrat eine Herausforderung, fehlten doch bisher lediglich 800 000 Franken. «Entschlossen und mit Zuversicht wird er sich dieser Aufgabe stellen und die Finanzierung sichern. Er überprüft einerseits das Bauprojekt und sucht nach verantwortbaren Einsparungen. Andererseits will er mit verschiedenen Aktivitäten zusätzliche Gelder generieren. Die Vorbereitungsarbeiten für ein entsprechendes Konzept sind bereits im Gang.» Das wissen vor allem die Burgdorfer, hat Elisabeth Zäch doch im Laufe der Amtszeit immer wieder erklärt, dass viele Ideen geprüft würden und sich in der Realisierungsphase befänden. Die Bevölkerung darf also gespannt sein, mit welchen Aktivitäten nach Sponsoren und Gönnern gesucht wird. Daneben wird der Stiftungsrat das Gespräch mit dem Kanton bezüglich der Asbest-Altlasten sowie der Denkmalpflege betreffend die Erhaltung der Grisaillemalereien suchen.
Ein nächster wichtiger Meilenstein ist Samstag, 16. September 2017. Dann wird Regierungsrätin Barbara Egger dem Stiftungsrat das Schloss Burgdorf in einem feierlichen Rahmen übergeben. Weitere Informationen dazu folgen zu gegebener Zeit.

Gerti Binz


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