Training und Verzicht führen zum Erfolg

  15.07.2020 Aktuell, Foto, Rüegsau, Hasle bei Burgdorf, Region, Sport

Am 26. Juni 2020 war die Überraschung perfekt: Der Triathlet Andrea Salvisberg positionierte sich nur zehn Sekunden hinter dem Favoriten Tadesse Abraham, der den Schweizer Rekord im Marathon hält, und holte sich so die Silbermedaille an der Schweizermeisterschaft über 10 000 Meter. «Es war auch für mich eine Riesenüberraschung», freut sich Andrea Salvisberg. «Eigentlich bin ich nur mit dem Ziel an die Schweizermeisterschaft gegangen, eine möglichst gute Zeit zu laufen. Es waren viele Athleten anwesend, welche Bestzeiten von unter 30 Minuten aufweisen konnten. Bei einer solchen Konkurrenz hätte ich wirklich nicht mit einem Podestplatz gerechnet.» Dabei ist Laufen neben Schwimmen und Radfahren nur eine von drei Sportarten,
für die der 31-Jährige täglich hart trainiert.

Der Schlüssel zum Erfolg
Wenn man richtig trainiert und gut vorbereitet sei, dann seien Wettkämpfe etwas vom Schönsten, das es gibt, berichtet der erfahrene Triathlet. «Der Sport macht manchmal so viel Spass, dass das Leiden gar nicht mehr so schlimm ist.» Doch bis es so weit ist, muss viel trainiert werden. Und wie der Rüegsauschacher erzählt, sind diese Trainings der härteste Aspekt des Profisports: «Die Übermüdung entsteht meistens im Training. Wenn man früh aufstehen muss und einige Stunden trainiert, merkt man schnell, wie erschöpft der Körper ist.» Andrea Salvisberg trainiert drei- bis viermal am Tag. Ganz schlimm sei vor allem der «Hungerast», wie Salvisberg berichtet. Das ist der Moment, in dem die Kohlenhydratreserven aus Muskeln und Leber erschöpft sind. Die daraus folgende Unterzuckerung führt zu einem rapiden Leistungsabfall, der «Hungerast» genannt wird. «In diesem Moment reicht auch die Energie von einem Riegel oder einer Banane nicht aus», weiss Andrea Salvisberg aus Erfahrung. Doch auch darauf sind die Profisportler vorbereitet, etwa mit Kohlenhydratgels, welche den Körper mit der nötigen Energie versorgen können.
Salvisberg wohnt und trainiert hauptsächlich in der Nähe von Zürich, in einem der nationalen Leistungszentren, oder während der Hauptsaison in
St. Moritz, wo er von seinem Trainer Brett Sutton unterstützt wird.
Die aktuelle Situation rund um das Coronavirus kommt dem Sportler dabei nicht ganz ungelegen. «Da keine Wettkämpfe stattfinden, konnte ich in letzter Zeit sehr viel trainieren. Ich habe noch nie so viel und so hart trainiert wie jetzt. Das ist sicherlich auch einer der Gründe, warum ich gerade derart grosse Fortschritte mache», weiss der 31-jährige Sportler.

Heimat Emmental
Auch wenn der Athlet nicht mehr in Hasle-Rüegsau wohnt, so verbindet ihn doch vieles mit seiner Emmentaler Heimat: «Zum Glück habe ich immer ein Zimmer im schönen Haus meiner Eltern. Auch ist das Emmental einer der schönsten Orte zum Trainieren.» So läuft er etwa auch gerne der Emme entlang, fährt mit dem Fahrrad in die Berge oder nutzt das Hallenbad in Burgdorf für seine Schwimmtrainings.
Andrea Salvisberg stammt aus einer richtigen Sportlerfamilie. Er und seine drei Brüder Lukas, Florin und Fabian haben früher Mutter Renata beim Sport begleitet und schnell haben die Eltern bemerkt, dass bei ihren Söhnen ein wahres Sporttalent vorhanden ist. Zeitweise waren alle vier Brüder Triathleten, mittlerweile sind nur noch Andrea und Florin aktiv. «Es war immer sehr motivierend, mit meinen Brüdern zu trainieren. Bei gemeinsamen Wettkämpfen hatte man so immer einen Verbündeten im Rennen», erinnert sich Andrea Salvisberg. Auch heute darf er sich über die Hilfe seiner Familie freuen: «Meine Mutter unterstützt mich in allen Bereichen, in denen sie kann.»

Verzicht, der sich lohnt
«Triathlon ist eine mega harte Sportart. Zum Teil sind die verschiedenen Disziplinen ein guter Ausgleich, aber es sind auch drei Sportarten, die man voll ausschöpfen muss», erzählt Salvisberg im Interview. «Da bleibt nicht viel Zeit für anderes, ich habe einen grossen Teil meines Privatlebens für den Sport geopfert.» Neben den drei Haupt­sportarten kommen noch weitere, nicht vernachlässigbare Faktoren hinzu, die trainiert und beachtet werden müssen. Entscheidend und «fast eine Disziplin für sich» sei etwa der nahtlose Wechsel zwischen den Sportarten. Und auch auf die Ernährung muss geachtet werden: «Meine Diät plane ich selbst, da ich weiss, was ich vertrage und was mir Probleme bereitet», erklärt Salvisberg. «So verzichte ich etwa auf Milchprodukte und bin stattdessen fast vollständig auf Soja umgestiegen.» Doch auch eine Belohnung gehört gelegentlich dazu: «Nach einem harten Training kann es schon sein, dass ich mir eine ‹Schoggimilch› gönne.» Und wenn er mal Freizeit hat, so geniesst Andrea Salvisberg diese mit seiner Freundin, geht gerne wandern oder will auch einfach mal nur «relaxen».
Dass sich die ganzen Mühen und Opfer lohnen, ist dem Triathleten an der Olympiade 2016 in Brasilien am deutlichsten bewusst geworden. «Die Olympiade war ein Wahnsinnserlebnis. Es ist unglaublich, was das für einen Eindruck hinterlässt. Da war mir klar: ‹Es hat sich alles gelohnt. Jeder Ausgang, den ich gestrichen habe, und jedes Mal, an dem ich zu Hause geblieben bin.›» An den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro belegte er den beachtlichen 16. Rang. So sind auch die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio (welche nun auf Sommer 2021 verschoben worden sind) ein fixes Ziel des Athleten. «Die Qualifikation läuft noch. Ich möchte das unbedingt wieder erleben!»
Dieses Jahr stehen Ende Augst noch die Triathlon-Europameisterschaften in Tartu (Estland) und einige Wochen später der Ironman 70.3 Switzerland (Halbironman) in Rapperswil-Jona auf dem Programm. Danach liegt der Fokus auf Tokio.

David Kocher


Aktuelles zu Andrea Salvisberg unter www.instagram.com/a_salvisberg.


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