Die Drohnentechnologie verändert die Landwirtschaft
24.11.2025 Lyssach, Gesellschaft, Bildung / Schule, Foto, Region, LyssachDie Landwirtschaft befindet sich aufgrund der fortschreitenden technischen Entwicklung ebenso im Umbruch wie zahlreiche weitere Arbeitsbereiche. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz haben längst Einzug in den Bauernhöfen gehalten, mit dem Ziel, die Betriebe effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Insbesondere die Anwendungsmöglichkeiten von Drohnen weisen ein enormes Zukunftspotenzial auf. «In zehn Jahren werden Drohneneinsätze in den Schweizer Landwirtschaftsbetrieben zum Alltag gehören», zeigt sich denn auch der Bätterkinder Landwirt David Aebi überzeugt. Er rief im Jahr 2016 mit drei Mitstreitern das Unternehmen Agrarpiloten GmbH ins Leben und amtiert heute als Geschäftsführer des Dienstleistungsanbieters mit Hauptsitz an der Schachenstrasse 41 in Lyssach. Seit anfangs 2024 sind die Agrarpiloten ein Tochterunternehmen von Agroline.
Mit Drohnen den Maiszünsler bekämpfen
Den Fokus richteten die Agrarpiloten zunächst auf die Bekämpfung des Maiszünslers. Der Kleinschmetterling verursacht massive Schäden an Maisfeldern. Gemäss Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen vernichten die Raupen des Maiszünslers jährlich weltweit rund vier Prozent der Maisernte. Die Drohnen der Agrarpiloten überfliegen die Maisfelder in einem bestimmten Raster und werfen in regelmässigen Abständen mit höchster Präzision eine biologische Kugel mit Schlupfwespeneiern ab. Die Schlupfwespen, lateinisch Trichogramma brassicae, gehören zu den natürlichen Feinden des Zünslers. Sie paaren sich, parasitieren die Schädlings-Eier und töten diese ab. Deshalb ist es wichtig, die Kugeln zum Zeitpunkt der Eiablage des Maiszünslers abzuwerfen. Aus den parasitierten Eiern schlüpfen weitere Trichogramma-Larven. «Dieses System der Schädlingsbekämpfung ist altbekannt und wird seit über 40 Jahren angewendet», erläutert der 36-jährige David Aebi. «Der Einsatz von Drohnen bringt jedoch mehrere Vorteile mit sich. Das mühselige Ausbringen der Kugeln von Hand gehört der Vergangenheit an. Die Reduktion des Arbeitsaufwands in einer im landwirtschaftlichen Rhythmus besonders intensiven Phase und die damit einhergehende Zeitersparnis sind enorm. Mit Drohnen lassen sich problemlos auch grosse Flächen behandeln. Zudem wird die Gefahr von Schnittwunden im Gesicht wegen der hohen und scharfen Maisblätter gebannt.» Die Idee für die Geschäftsgründung entstand aus eigenem Leidensdruck. «Auf dem elterlichen Betrieb in Hellsau pflanzten wir selber Mais an und suchten nach Möglichkeiten, den Maiszünsler effektiv zu bekämpfen. Wir kauften eine Drohne und experimentierten damit – dies avancierte zur Geburtsstunde der Agrarpiloten», erinnert sich David Aebi, Meisterlandwirt und Agrotechniker HF. Die Drohne zur Maiszünsler-Bekämpfung wird vom Unternehmen aus der Region mittlerweile komplett selber hergestellt und stammt aus dem 3D-Drucker.
Weitere Anwendungsbereiche
Mittlerweile hat sich das Tätigkeitsfeld ausgeweitet und das Unternehmen ist stetig gewachsen. Seit dem Jahr 2019 befinden sich auch Spritz- und Streudrohnen im Einsatz. Ihre Anwendung eignet sich besonders für Pflanzenschutz und Düngung, für das Ausstreuen von Schneckenkörnern und Saatgut, für Treibhausschattierung und Feldinspektionen sowie auf schwer zugänglichem Gelände – bei steilen Rebbergen und Hügeln, bei rutschigen und nassen Bedingungen, bei hohen Pflanzenbeständen und generell auf Terrain, das für Traktoren nur schwer befahrbar ist. «Die Drohnen ermöglichen es, in Weizenfeldern bereits drei Wochen vor der Ernte eine neue Nachkultur einzusäen, die im Schatten der bestehenden Pflanzen heranwächst. Dies stellt natürlich einen grossen Mehrwert dar», so Aebi. «Zudem lassen sich mit Drohnen auch sogenannte Applikationskarten erstellen. Mittels Kameras und Sensoren werden Daten über die Bodenstruktur, über Nährstoffe und die Beschaffenheit der Landwirtschaftsfläche erhoben. Dies dient der Ressourcenoptimierung. Pflanzenschutz und Dünger können aufgrund dieser Informationen gezielt dort eingesetzt werden, wo es am meisten Sinn macht.» Ein weiterer zusätzlicher Geschäftsbereich, der in Zukunft auf viel Resonanz stossen könnte, stellt der Warentransport dar. Transportdrohnen können Lasten bis zu 100 Kilogramm befördern. «Wir sind an einem Projekt beteiligt, in dessen Rahmen Zäune zum Schutz vor Wölfen mittels Drohnen auf die Alpen transportiert werden. Transportdrohnen können künftig auch im Baubereich eingesetzt werden. Wird eine PV-Anlage auf einem Haus montiert, ist möglicherweise kein Kran mehr vonnöten. Die Panels können mittels Drohnen auf dem Dach abgeladen werden.» Die Agrarpiloten GmbH hat eine Partnerschaft mit dem renommierten chinesischen Drohnenhersteller DJI abgeschlossen. Gegenwärtig verfügt das Unternehmen über 14 Spritz- und Streudrohnen mit einer Spannweite von 3,64 Meter, acht Drohnen zur Bekämpfung des Maiszünslers sowie drei Vermessungsdrohnen für Spektralaufnahmen. Zusätzlich zum Hauptsitz in Lyssach wurden in der Schweiz in diesem Jahr fünf neue Standorte eröffnet und 2026 werden mindestens fünf weitere Standorte eingeweiht. Für das Unternehmen sind 26 Drohnenpiloten als Free-Lancer tätig. Diese benötigen einen Führerschein. Zusätzlich haben die Agrarpiloten einen eigenen Ausbildungsgang entwickelt, der absolviert werden muss und hohe Anforderungen stellt.
Die Bedeutung von Drohnen nimmt weiter zu
«Es geht nicht darum, die landwirtschaftliche Tätigkeit völlig auf den Kopf zu stellen. Drohnen bieten aber einen klaren Mehrwert und punktuelle Unterstützung für die Landwirte. Wichtig ist ein verantwortungsvoller Umgang mit der Technologie, aber auch Aufgeschlossenheit gegenüber dem Fortschritt. Die rechtlichen Grundlagen für Drohneneinsätze sind klar reglementiert. Unser Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren aktiv in den Gesetzgebungsprozess eingebracht und immer wieder Gespräche mit dem Bundesamt für Luftfahrt geführt», hält David Aebi im Gespräch mit der Zeitung
«D’REGION» fest. Er ist überzeugt, dass der Stellenwert von Drohnen künftig weiter zunehmen wird: «In Kombination mit Künstlicher Intelligenz wird das Optimierungspotenzial durch Drohnenflüge massiv zunehmen. Der Umbruch lässt sich meiner Einschätzung zufolge mit dem Sprung vom Zugpferd zum Traktor vergleichen. DJI setzt sich in China zum Ziel, dass künftig jeder Landwirtschaftsbetrieb über eine Drohne verfügt. Ich kann mir gut vorstellen, dass in der Schweiz dereinst mindestens in jedem Dorf eine Landwirtschaftsdrohne vorhanden sein wird.» Selbstverständlich fliegt bereits heute über dem Ackerbaubetrieb von David Aebi in Bätterkinden regelmässig eine Drohne.
Text: Markus Hofer
Bilder: zvg



